Tote Fische am Südstrandufer von Eckernförde. © NDR Foto: Janis Röhlig
Tote Fische am Südstrandufer von Eckernförde. © NDR Foto: Janis Röhlig
Tote Fische am Südstrandufer von Eckernförde. © NDR Foto: Janis Röhlig
AUDIO: Fischen in Nord- und Ostsee geht es schlecht (1 Min)

Tag des Fischs: Schlechter Zustand von Nord- und Ostsee setzt Fischen zu

Stand: 22.08.2023 05:00 Uhr

Die Lebensbedingungen von Fischen in der Nord- und Ostsee sind nach Angaben der Naturschutzorganisation WWF schlecht. Nicht nur Überfischung setzt den Tieren zu. Auch der Klimawandel bedroht ihren Lebensraum.

Die vergangenen fünf Jahre sind laut WWF-Fischereiexpertin Karoline Schacht die historisch schlechtesten Jahre für den Ostseehering gewesen. Auch der Dorschbestand sei in der westlichen Ostsee in den vergangenen Jahren kollabiert. Der World Wide Fund For Nature (WWF) fordert deshalb am heutigen Tag des Fisches bessere Maßnahmen im Umgang mit der Fischerei. "Wenn wir weiterhin lokalen Wildfisch essen wollen, müssen wir seine Lebensbedingungen dringend verbessern", mahnt Schacht. Dann könne auch wieder mehr Fisch aus der Nord- und Ostsee verzehrt werden. Aktuell wird nach WWF-Angaben etwa 80 Prozent der in Deutschland beliebtesten Fische und Meeresfrüchte importiert.

Geringere Fangzahlen, mehr Umsatz

Offenbar wirkt sich der geringe Fischbestand in den deutschen Meeren auch auf die Fangmengen aus. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) teilte am Montag in ihrer Statistik über die deutsche Hochsee- und Küstenfischerei mit, dass Deutsche Fischer im vergangenen Jahr 150.249 Tonnen Fisch an Land brachten - acht Prozent weniger als im Vorjahr. In den Fischereihäfen von Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen kamen demnach 21.487 Tonnen Fisch an. Das waren 40 Prozent weniger als im Vorjahr. Mit dem Rest von knapp 130.000 Tonnen steuerten deutsche Fischer ausländische Häfen an: die Niederlande, Dänemark und Marokko zum Beispiel. "Bei den Gründen für den Rückgang der Anlandemengen spielen gekürzte Fangquoten und Fangtage sowie jährliche Schwankungen durch Umwelteinflüsse eine maßgebliche Rolle", so die BLE. Interessant: Trotz der sinkenden Fangzahlen gab es mehr Umsatz: Unter dem Strich bekam die deutsche Fischerei fast 190 Millionen Euro in die Kassen und damit knapp 16 Prozent mehr als im Jahr davor.

Fischkonsum geht zurück - Überfischung bleibt ein Problem

Auch der WWF verweist auf die Auswirkungen der Klimakrise und die Überfischung. Die Nord- und Ostsee seien in ihrem aktuellen Zustand kein guter Lebensraum, heißt es. "Gesunde Fischbestände gibt es nur in gesunden Meeren, das ist untrennbar miteinander verbunden", sagte Karoline Schacht. Aktuell verschärfe sich jedoch die globale Klima- und die Biodiversitätskrise.

Fischer im Land sehen das Problem woanders

Die Fischer im Land sehen das Problem an anderen Stellen. Ulrich Elsner, Geschäftsführer der Küstenfischer-Genossenschaft Nord, sagte in einem Interview mit NDR Schleswig-Holstein: "Ich denke nur, dass die Fischerei nicht alleiniger Verursacher ist. Was uns belastet oder was uns sehr bedrückt, ist die starke Nährstoffbelastung, die Gefahr durch die Munitionsrückstände, wo der Bund als Verantwortlicher noch gar nichts gemacht hat." Die Fischerei habe fast keinen Einfluss mehr auf die Fischbestände, so Elsner weiter.

Reform gegen Überfischung von 2013 gescheitert

Alle zehn Jahren reformieren die EU-Staaten die Fischereipolitik. Laut der Mitteilung der Kommission "Nachhaltige Fischerei in der EU" sind aktuell weniger Bestände als in den vorherigen Jahren überfischt. Doch im Jahr 2022 lagen trotzdem mehr als ein Drittel der Quoten-Entscheidungen zum Teil deutlich über den Empfehlungen. Ende letzten Jahres beschloss der EU-Fischereirat Fangquoten für die Ostseebestände 2023.

WWF fordert Schutzgebiete und bessere Kontrollen

Der WWF fordert, dass sich die Entscheidungen zu Fischfangquoten an den wissenschaftlichen Empfehlungen orientieren. Außerdem brauche es geeignete großflächige und langfristige Schutzgebiete ohne wirtschaftliche Nutzung, in denen sich die gesamte Meeresumwelt erholen könne. Des Weiteren will der WWF strengere Kontrollen der Fischerei.

Weitere Informationen
Tote Fische an der Isebek am Eppendorfer Baum © NDR Foto: Karsten Sekund

Fischsterben im Norden auch Folge des Klimawandels

Massenhaft tote Fische haben in Norddeutschland vielerorts für Schlagzeilen gesorgt. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. mehr

Fangfahrt eines Krabbenkutters auf der Nordsee vor Büsum im Kreis Dithmarschen. © picture alliance | imageBROKER Foto: Oliver Ring

Klimawandel und Fangquoten bereiten SHs Fischern Sorgen

Auf dem Fischereitag in Rendsburg sprachen die Fischer über ihre Sorgen. Es geht um EU-Verbote und mangelnde Perspektiven. mehr

Verschiedene Fische werden in der Auslage eines Fischgeschäfts zum Kauf angeboten. © picture

Bilanz für 2022: In Deutschland wird weniger Fisch gegessen

Deutlich gestiegene Preise haben für einen Rückgang beim Fischkonsum gesorgt. Als beliebtester Fisch hat der Alaska-Seelachs den Lachs abgelöst. mehr

Eine Bombe schlummert auf dem Meeresboden. © PIZ Marine Foto: PIZ Marine

"Munition im Meer gefährdet die Biodiversität"

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden etwa 1,6 Millionen Tonnen Munition im deutschen Teil von Nord- und Ostsee versenkt. Welche Auswirkungen das haben kann, erklärt Prof. Dr. Edmund Maser im Interview. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 22.08.2023 | 08:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Meer und Küste

Umweltschutz

Fischerei

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Die Fassade der Batteriefabrik Northvolt. © picture alliance Foto: Britta Pedersen

Drohende Insolvenz: Northvolt startet Sanierung in den USA

Der schwedische Batteriehersteller will mit dem Chapter-11-Verfahren neue Finanzmittel einwerben. mehr

Videos

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?