Tote Fische an der Isebek am Eppendorfer Baum © NDR Foto: Karsten Sekund
Tote Fische an der Isebek am Eppendorfer Baum © NDR Foto: Karsten Sekund
Tote Fische an der Isebek am Eppendorfer Baum © NDR Foto: Karsten Sekund
AUDIO: Fischsterben in Norddeutschland - was tun? (10 Min)

Fischsterben im Norden auch Folge des Klimawandels

Stand: 12.07.2023 11:54 Uhr

Massenhaft tote Fische in norddeutschen Binnengewässern: In den vergangenen Wochen meldeten sich immer wieder Menschen bei den Behörden, weil sie tote Tiere in Seen und Flüssen gesehen hatten. Was sind die Gründe?

von Helene Buchholz

"Was wir erleben, sind im Grunde die Folgen des Klimawandels", sagt David Kappenberg von der Umweltbehörde in Hamburg. Lange Dürrephasen - verbunden mit vereinzelten, sehr starken Regengüssen - verschärften das Problem. Betroffen vom Fischsterben sind neben Hamburg auch Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.

Bei Hitze bindet Wasser weniger Sauerstoff

Porträt David Kappenberg © NDR Foto: Helene Buchholz
David Kappenberg von der Hamburger Umweltbehörde will Fischsterben durch mehr natürliche Uferbereiche eindämmen.

Fische sterben in erster Linie, wenn zu wenig Sauerstoff im Wasser ist. Warum der Sauerstoffgehalt im Wasser sinkt, kann viele Gründe haben: Wenn es zu heiß ist, kann das Wasser weniger Sauerstoff binden, und zum anderen sinkt durch die Verdunstung der Wasserspiegel. Es ist also weniger Wasser vorhanden. Bei Starkregen werden wiederum viele Äste, Blätter und anderes organisches Material in die Flüsse und Seen gespült, was beim Verrottungsprozess zusätzlich Sauerstoff verbraucht.

Notüberlauf der Abwässer spült weiteres organisches Material in die Gewässer

Ein weiteres Problem ist der Abwasserüberlauf: Denn bei sehr starkem Regen geraten auch die häuslichen Abwässer gemeinsam mit dem Regenwasser in die Kanäle und Flüsse. So gerät noch mehr organisches Material in die Gewässer und damit auch eine Menge Nährstoffe. Diese Nährstoffe werden dann durch Mikroorganismen zersetzt, was ebenfalls Sauerstoff verbraucht. Und dieser Sauerstoff fehlt dann letzlich den Fischen zum Atmen.

NABU: Fischsterben zeigt, dass ganzes System geschädigt ist

Es seien immer viele verschiedene Faktoren, die am Ende dazu führten, dass der Sauerstoffgehalt unter die für Fische tödliche Grenze von vier Milligramm pro Liter fällt, sagt Helmut Winkler vom NABU in Mecklenburg-Vorpommern. Daher sei es schwierig, bestimmte Gewässer zu benennen, die klar als erstes vom Fischsterben betroffen seien. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es rund 100 solcher Sauerstoffabsenkungen pro Jahr. Und wenn die Fische sterben, sei das meist damit verbunden, dass auch andere Organismen, wie Muscheln oder Krebse, in Mitleidenschaft gezogen würden. "Die Fische sind nur das äußere Bild", so Winkler. Im Prinzip zeige das Sterben der Fische, dass das ganze System stark geschädigt ist.

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Im innerstädtischen Hamburger Isebekkanal gibt es auf einer Länge von knapp zwei Kilometern eine Anlage, die Sauerstoff in den Kanal abgibt, wie in einem Aquarium. An sehr heißen Tagen hilft allerdings auch diese Anlage nicht mehr. Dann sterben auch hier die Fische. Diese technische Möglichkeit, Wasser mit Sauerstoff anzureichern, ist gleichzeitig energie- und personalintensiv - durch die Wartungsaufgaben.

Hamburger Umweltbehörde möchte Renaturierung der Uferbereiche

David Kappenberg von der Umweltbehörde in Hamburg plädiert für Maßnahmen der Gewässerrenaturierung. Das bedeutet, dass wieder annähernd natürliche Verhältnisse rund um die Gewässer geschaffen werden sollen: ein besserer Bewuchs am Rande von Flüssen, Seen und Kanälen. Denn dieser sorgt für Schatten und damit dafür, dass sich die Gewässer nicht so stark aufheizen. Bei Starkregen kann dort das Regenwasser zudem langsam versickern. Aber es gibt nicht die eine Maßnahme, so Kappenberg, die plötzlich ein Gewässer wieder komplett gesund oder resilient mache. Es sei die Summe der einzelnen, kleinen Teile.

Schleswig-Holstein: Flache Gewässer besonders bedroht

Porträt Sonja Sporn, NABU, vor einem Gewässer. © Carsten Pusch Foto: Carsten Pusch
Sonja Sporn vom NABU hat auch in Schleswig-Holstein schon Fischsterben beobachtet.

Besonders gefährdet sind derzeit stehende und flache Gewässer, ergänzt Sonja Sporn vom NABU Schleswig-Holstein. Bereits der Juni sei wärmer und sonniger als üblich gewesen und einige kleine Gewässer befanden sich schon an einem Kipppunkt; an einigen war sogar schon ein Fischsterben zu beobachten. Die Bäche, Flüsse und Seen der holsteinischen Seenplatte zeigten im Moment zwar auch einen auffällig niedrigen Wasserstand, aber bisher sei hier dieser Kipppunkt noch nicht erreicht worden.

Teils kritische Sauerstoffwerte in der Elbe

Aber selbst die Elbe hat an einigen Messstationen in diesem Jahr schon kritische Sauerstoffwerte gehabt, obwohl sie tief ist und mit höherer Geschwindigkeit fließt, also mehr Wasseraustausch stattfindet. Nur fallen hier die toten Tiere nicht auf: Sie werden direkt weggespült. Was uns in den kommenden Wochen und Monaten genau erwartet, das konnte keiner der Experten vorhersagen. Sicher ist nur, dass es in Zukunft immer wieder größere Fischsterben geben wird und dafür Lösungen gefunden werden müssen - wie die Renaturierung der Gewässer.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Aktuell | 12.07.2023 | 08:35 Uhr

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Umweltschutz

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