Mitgliederläden: Einkaufen als Gemeinschaft

Stand: 11.02.2023 06:00 Uhr

In Mitgliederläden bekommt man Bio-Produkte günstiger als im Bio-Discounter. Die Ladeninhaber haben mehr Planungssicherheit und die Produzenten vermarkten zu fairen Konditionen.

von Karen Jahn

Auf den ersten Blick wirkt der Naturkostladen Brennessel wie ein ganz normaler Bioladen der alten Schule. In ihrem Geschäft in Kiel-Pries nördlich des Nord-Ostsee-Kanals bietet Inhaberin Doris Langfeldt alles an, was die Kunden zum täglichen Leben brauchen: von frischem Obst und Gemüse über Brot und Käse bis zu Kosmetik, Haushaltswaren und Reinigungsmittel. Und doch ist "die Brennessel" ein etwas anderer Bioladen: Viele der Kunden sind hier Mitglieder. "Wir sind vor 30 Jahren als Mitgliederladen gestartet. Eine Zeitlang waren wir dann ein ganz normaler Bioladen. Aber weil es hier in Pries so wenig Studenten gibt, fahren wir mit dem Mitgliedermodell doch am besten. Das spricht viele Familien an", sagt Doris Langfeldt.

Ein fester Monatsbeitrag macht den Einkauf günstiger

Doris Langfeldt packt in ihrem Bioladen eine Kiste voll Grünkohl auf einen Tresen © NDR Foto: Karen Jahn
Gerade frisch vom Feld geliefert: Inhaberin Doris Langfeldt packt Grünkohl in die Gemüseauslage.

Das Prinzip ist einfach. Die Mitglieder zahlen monatlich einen Beitrag, für Erwachsene werden pro Person zurzeit 17 Euro, pro Kind vier Euro fällig. Dafür gibt es die Produkte günstiger als im normalen Einkauf. "Wir schlagen auf den Einkaufspreis nur die Mehrwertsteuer drauf. So spart man als Mitglied pro Einkauf etwa 30 Prozent", erklärt Langfeldt. Auch sie profitiert von dem Modell. Mit den Mitgliedsbeiträgen finanziert die Ladeninhaberin fixe Kosten wie Miete, Strom und die Gehälter ihrer Mitarbeiter, kann also besser planen. Einkaufen dürfen in der Brennessel auch Nicht-Mitglieder, die etwa die Hälfte von Doris Langfeldts Kundschaft ausmachen. "Die Nicht-Mitglieder zahlen den teureren normalen Preis", sagt sie. "Alle Produkte sind mit beiden Preisen ausgezeichnet."

Je größer der Einkauf, desto höher die Ersparnis

Dass sich der Einkauf als Mitglied lohnt, weiß auch Harald Stock. Er kommt zweimal die Woche aus dem nahegelegenen Strande in den Laden. "Schon ab einem Einkauf von 30 Euro in der Woche hat man die monatliche Gebühr wieder raus. Dann werden die Produkte günstiger als in einem normalen Bio-Discounter oder in der Bio-Ecke im Supermarkt", sagt er. Zudem schätzt der 67-Jährige die vielen regionalen Bio-Produkte in Demeter- oder Bioland-Qualität, die es in der Brennessel zu kaufen gibt. "Die sind besser für den ökologischen Fußabdruck, weil die Transportwege nicht so lang sind. Und ich unterstütze ja auch gerne die Bauern aus der Region", erklärt Stock.

Angebot so regional wie möglich

Harald Stock verpackt in einem Bioladen Karotten in eine Papiertüte © NDR Foto: Karen Jahn
Harald Stock ist ein überzeugtes Mitglied: er schätzt das regionale Bio-Angebot in der Brennessel.

Käse aus der Holsteinischen Schweiz und aus Nordfriesland, Gemüse aus Schleswig, Milchprodukte aus dem Herzogtum-Lauenburg, Fleisch und Eier aus der Nähe von Rendsburg, die Liste ließe sich lange weiterführen. "Wir versuchen, so viel wie möglich regional anzubieten", erklärt Langfeldt. "Das ist natürlich auch immer auch von der Jahreszeit abhängig. Im Winter gibt es zum Beispiel weniger Gemüseauswahl in Schleswig-Holstein." Neben den Direktvermarktern aus der Region, die Ihre Produkte zum Teil persönlich in Kiel-Pries anliefern, bekommt Langfeldt Ware von einem Bio-Großhändler aus der Nähe vom westfälischen Münster.

Auch regionale Produzenten profitieren

Einer der Lieferanten, die regelmäßig selbst den Laden in Kiel-Pries anfahren, ist Hans Dieter Greve aus Schülp bei Rendsburg. In sechster Generation bewirtschaftet er mit seiner Familie den Bioland-Hof Hasenkrug und setzt vornehmlich auf Direktvermarktung. Doris Langfeldt beliefert er bereits seit Mitte der 90er-Jahre unter anderem mit Eiern, Kartoffeln, Gemüse und Hühnerfleisch. "Die kleinen Bioläden sind unsere treuesten Kunden", sagt er. "Selbst in der aktuellen Krise merken wir keinen nennenswerten Einbruch." Anders sei das bei der Vermarktung über den Großhandel. "Seit Beginn des Ukrainekrieges haben wir dort bis zu 30 Prozent Umsatzeinbußen gespürt", bedauert er.

Leichter Umsatzrückgang im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit

Für Doris Langefeldt lief es mit ihrem Mitglieder-Ladenmodell bisher einigermaßen glimpflich. "Verglichen mit der Zeit von vor Corona haben wir einen Umsatzrückgang von etwa zwei Prozent", sagt sie. Neue Mitglieder sind also willkommen. Und: Wer möchte, kann auch erst mal einen Probemonat machen.

Alleine In Kiel gibt es übrigens bereits vier Mitgliederläden: den Naturkostladen Brennessel, Bissfest Kiel, Der Biohof und Widerhaken Naturkost.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 11.02.2023 | 19:30 Uhr

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