Lübecker Marien-Krankenhaus: Widerstand gegen Übernahme
Das UKSH will das Lübecker Marien-Krankenhaus übernehmen - doch es regt sich aus verschiedenen Gründen Widerstand. Vor allem der geplante Umzug auf den UKSH-Campus birgt Stoff für Diskussionen.
Wer in diesen Tagen die Homepage des Marien-Krankenhauses Lübeck (MKH) aufruft, dem fällt zuerst ein Extrabanner ins Auge: "Liebe Patientinnen und Patienten, wir sind weiter mit unseren medizinischen und pflegerischen Leistungen für Sie da. Ihr Marien-Krankenhaus Lübeck." Diese kurze Mitteilung wirkt trotzig: Wir sind da, wollen bleiben, obwohl wir bald hier weg sollen.
Umzugspläne lösen starken Widerstand aus
Bereits seit vier Jahren versucht das Erzbistum Hamburg, die katholische Klinik zu verkaufen. Im letzten Herbst wurde das Krankenhaus dann aber aus dem Verkaufspaket von vier Kliniken herausgelöst und wenig später dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) zur Übernahme angeboten. Zunächst soll das Krankenhaus, in dem pro Jahr rund 1.400 Babys zur Welt kommen, mit seiner Geburtsstation in ein saniertes Gebäude auf den Campus Lübeck ziehen, später in einen eigens errichteten Neubau.
Seit Mitte Januar sind die Pläne nun öffentlich. Was folgte, waren starker Widerstand und lautstarke Proteste mit Mahnwache, Demonstration und einer Online-Petition, die bereits weit über 40.000 Menschen unterschrieben haben.
135 Jahre Tradition auf der Altstadtinsel
Das altehrwürdige Marien-Krankenhaus gibt es seit 1888 - inmitten der Altstadtinsel, umgeben von historischen Gebäuden, unweit des Doms auf der sogenannten Parade gelegen. Sieben Nonnen der Schwestern der Heiligen Elisabeth kümmerten sich einst um Patientinnen und Patienten, 1965 wuchs die Klinik durch zahlreich Um- und Anbauten auf 140 Betten an. Vor sechs Jahren erst wurde die neue moderne Entbindungsstation festlich gesegnet. Heute arbeiten 200 Beschäftigte und 40 Belegärzte in sieben medizinischen Fachrichtungen an der Klinik.
Emotionale Bindung zu einer Institution
In erster Linie ist das Marien-Krankenhaus jedoch eine Geburtsklinik, ein Ort mit hoher emotionaler Intensität, mit emotionalen Bindungen, mit emotionalen Erinnerungen. Der erste Schrei, das Durchtrennen der Nabelschnur, das erste Lächeln, Babybilder, Fußabdrücke, der Beginn eines neuen Lebens - fast jeder zweite Lübecker Mensch ist hier zur Welt gekommen. Das macht das Marien-Krankenhaus zu einer Institution.
Finanzielle Schieflage seit Jahren
Doch die Klinik macht seit Jahren Verluste, das Defizit für das laufende Jahr wird von der Kaufmännischen Direktorin Marlies Scharp auf eine Million Euro geschätzt, mehr als doppelt so hoch wie noch im letzten Jahr. Dazu werden Kostensteigerungen von bis zu zehn Prozent für Energie, Arzneimittel und Personal erwartet. Auf Anfrage zur Lage der Kliniken in Schleswig-Holstein bewertet die MKH-Leitung die Gesamtsituation als "schlecht", nur durch Kredite, Rücklagen und Zuschüsse könne der Betrieb noch aufrechterhalten werden.
Dazu kommt noch eine Unsicherheit: Obwohl die medizinische Versorgung und Standards im Marien-Krankenhaus hoch sind, muss die Klinik um ihre Zukunft bangen. Sie ist als Level-4-Krankenhaus eingestuft, also als Einrichtung für Schwangere und Neugeborenen ohne zu erwartende Komplikationen - nach der geplanten Krankenhausreform des Bundes soll es diese Level-4-Häuser künftig nicht mehr geben.
Auch die Entbindungsstation des UKSH hat einen exzellenten Ruf, bietet als Level-1-Klinik aber die höchste Versorgungsstufe von Früh- und Neugeborenen. Genau 1906 Babys kamen am Campus Lübeck im Jahr 2022 zur Welt.
Personallage ist angespannt
Ein weiteres Problem: Die Personallage im Marien-Krankenhaus ist angespannt, da zahlreiche Belegärzte aus Altergründen ihre Tätigkeit beendet haben oder zeitnah beenden werden. Daher hat der Vorstandsvorsitzende des UKSH, Prof. Jens Scholz, bereits in einem offenen Brief angeboten, dass Ärzte vom Campus Lübeck auf der Parade aushelfen könnten - allerdings nicht auf unbestimmte Zeit. Der Umzug auf den Campus sei für diesen Sommer geplant.
Zahlreiche Gesprächsrunden folgen
Dennoch beteiligen sich Vertreter des UKSH und des Erzbistums Hamburg auch weiter an Gesprächen zu möglichen Alternativlösungen. Nach einem ersten Treffen auf Initiative von Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) tagt nun am Dienstagabend der Sozialausschuss der Lübecker Bürgerschaft. Teilnehmen wird auch Alexander Becker, der Verwaltungsdirektor des Erzbistums Hamburg.
Das Bistum ist Gesellschafter des Marien-Krankenhauses, will bei einer Übernahme durch das UKSH auch weiterhin zehn Prozent der Anteile behalten. Becker warb vor der Sitzung noch einmal für die von ihm favorisierte Übernahme durch das UKSH. "In den vergangenen vier Jahren hat sich in den Verkaufsprozessen kein Bieter gefunden, der ein seriöses Interesse daran hat, das Marien-Krankenhaus in Lübeck zu übernehmen und weiterzuführen", sagte Becker. "Deshalb ist die gute und richtige Lösung der Weg zum UKSH. Sollten sich weitere Optionen ergeben, sind wir gesprächsbereit und sind weiterhin an Lösungen und konstruktiven Gesprächen interessiert."