7.500 Euro Fixkosten im Monat: Eine Hebamme macht Kassensturz
Die Hebamme Lena Giesecke hat in Twedt im Kreis Schleswig-Flensburg ein Geburtshaus eröffnet. Sie berichtet, warum zwischen Einnahmen und Ausgaben oft nicht viel übrig bleibt - und warum das ein Problem ist.
Während auf den Feldern rund um das frisch renovierte Haus der Frühling sein erstes Grün zeigt, sitzt sie drinnen am Schreibtisch. Hebamme Lena Giesecke sortiert ihre Unterlagen, für jede "ihrer Mütter", die sie betreut, hat sie einen Ordner. Die 39-Jährige arbeitet freiberuflich und betreut Schwangere im Kreis Schleswig-Flensburg, unter anderem auch Frauen, die sich eine Hausgeburt wünschen. Ihr eigentliches "Baby" aber ist das Geburtshaus, also das Haus, mit dem sie hier in der Gemeinde Twedt für Familien einen alternativen Geburtsort geschaffen hat. Nach etlichen Monaten Renovierung ist es nun fertig. Jeden Tag kann hier das erste Baby geboren werden. Doch der Weg hierher war für Giesecke kein einfacher.
"Ich bin dauerhaft in Rufbereitschaft"
Neben den Herausforderungen, die die Realisierung des Geburtshauses betrafen - Lena Giesecke bekam keine öffentlichen Gelder, war auf zwei Bankkredite und eine Crowdfunding-Kampagne angewiesen - musste sie weiterhin arbeiten. Arbeiten, das bedeutet für die Wahl-Kappelnerin auch, ständig verfügbar zu sein. "Ich bin dauerhaft in Rufbereitschaft, außer ich bin im Urlaub oder krank. Auch das werden Hebammen manchmal. Nebenbei mache ich natürlich meine ganzen Termine, meine Wochenbettbetreuung, die Sprechstunde für die Schwangeren", erzählt sie.
"Selbst wenn ich den ganzen Tag gearbeitet habe, klingelt oft nachts das Telefon, und dann werde ich trotzdem losfahren - und ich weiß nicht, wann ich wieder nach Hause komme." Lena Giesecke, Hebamme
Zu viel Verantwortung für zu wenig Geld

Das Problem in ihren Augen: Für die Verantwortung, die sie und alle anderen Hebammen trügen - es ginge schließlich um nichts Geringeres als die Geburt eines Kindes - gäbe es keine adäquate Vergütung. Lena Giesecke berichtet: "Die Geburt ist pauschalisiert, das heißt, wir bekommen so circa 650 Euro für die Geburt und Begleitung. Das beinhaltet acht Stunden vor der Geburt die Betreuung und bis zu drei Stunden nach der Geburt. Das kann man sich dann ausrechnen. Da bleibt dann für den Stundensatz nicht mehr ganz so viel übrig." Sie führt aus, dass sie ungefähr auf einen Stundenlohn von 40 Euro brutto komme - von dem dann aber ihre Fixkosten noch abgezogen würden. "Ich finde, für die Verantwortung, die wir da tragen, in diesem Moment ist das ganz ehrlich zu wenig", sagt sie.
Rund 7.500 Euro Fixkosten im Monat
Lena Giesecke zählt die Kosten auf, die monatlich auf sie zukommen. Unter anderem seien das 1.200 Euro im Monat für die gesetzliche Krankenversicherung. Dazu käme die gesetzliche Rentenversicherung, von der freiberufliche Hebammen im Gegensatz zur überwiegenden Mehrzahl der Selbständigen nicht befreit seien. Bei Lena Giesecke sind das 650 Euro im Monat. Darüber hinaus zahlt sie für ihre Berufshaftpflichtversicherung 14.000 Euro im Jahr. Schlussendlich habe sie rund 7.500 Euro Fixkosten im Monat, erzählt sie. Als Gehalt zahle sie sich am Ende rund 2.000 Euro aus.
Hebammenverband SH: Die Bedingungen müssen sich ändern
Für Anke Bertram, Vorsitzende des Hebammenverbandes Schleswig-Holstein, ist schon länger klar, dass es da von politischer Seite ein Signal geben müsse. "Aus wirtschaftlicher Sicht ist es in den letzten Jahren wirklich ganz schlimm geworden, sodass viele Kolleginnen auch tatsächlich den Job aufgeben", sagt sie. "Gerade die freiberuflichen Hebammen fahren seit 2017 gehaltstechnisch Nullrunden." Zwar würden aktuell Gebührenverhandlungen laufen, doch würden sich diese hinziehen, sagt Bertram und erinnert daran, dass Hebammen auch in der Corona-Zeit nicht beachtet worden wären. "Wir haben keine Bonuszahlungen bekommen, nichts, keine Unterstützung bei der Schutzausrüstung, gar nichts." Es brauche finanzielle Anreize, um Hebammen zumindest "monetäre Anerkennung" zu zollen, fordert sie.
Die Unterstützung ihrer Familie: Ihr Ein und Alles
Lena Giesecke lächelt: "Ich denke, dass das jeder klar ist, die Hebamme wird, dass das nicht ein Job ist oder ein Beruf, in dem man im Luxus schwelgen kann. Ich glaube, das ist einfach bei vielen eine Berufung. Also wirklich ein Gefühl, was da entsteht, um Frauen in ganz besonderen Momenten zu unterstützen." Sie wiederum erfährt große Unterstützung von ihrer Familie. "Ich habe einen ganz lieben Mann an meiner Seite und zwei kleine Kinder, die das von Beginn an so mittragen. Die Kids sind da reingeboren in dieses Leben. Und die kennen es nicht anders, dass Mama jederzeit gegebenenfalls weg muss, egal, wo wir uns gerade befinden." Lena Giesecke wird deutlich: "Ich glaube, wir haben jetzt, nach den vielen Jahren, einen guten Weg für uns als Familie gefunden. Aber es ist nicht immer leicht und auch nicht immer leicht gewesen in der Vergangenheit."
