Geburtshilfe: Kliniken in SH erwarten auch 2025 Millionenverluste

Stand: 07.03.2025 05:00 Uhr

Mehr als die Hälfte der Kliniken beurteilt die wirtschaftliche Situation ihrer Geburtshilfe als "mittelmäßig" oder "schlecht". Viele können ihre Kosten nicht decken und erwarten auch für 2025 ein Defizit in Millionenhöhe.

von Naïs Baier

Die Finanzierung der Geburtshilfe ist laut der Kliniken eine besondere Herausforderung und nur über Rücklagen oder mithilfe von Querfinanzierung aus anderen Fachabteilungen möglich. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von NDR Schleswig-Holstein. Um ihrem Versorgungsauftrag gerecht werden zu können, erhalten Krankenhäuser in öffentlicher Hand auch finanzielle Unterstützung von ihrem jeweiligen Träger. Beim Westküstenklinikum ist das zum Beispiel der Kreis Dithmarschen. Auch das Ende 2022 erlassene Krankenhauspflegeentlastungsgesetz hilft den Geburtskliniken. "Speziell für die Sicherstellung der Geburtshilfe erhalten wir von den Krankenkassen einen Zuschlag von mehr als 200.000 Euro im Jahr. Ohne die finanzielle Zuwendung wäre das Defizit in dem Bereich erheblich", so ein Sprecher des Westküstenklinikums.

Hohe Kosten, wenig Vergütung

Ein Grund für die hohen Ausgaben in der Geburtshilfe: Die sogenannten "Vorhaltekosten", also dass die Kreißsäle rund um die Uhr besetzt sind, immer genügend Hebammen, Gynäkologen, Anästhesisten und gegebenenfalls Kinderärzte da sind - auch wenn gerade keine Geburt stattfindet. Hinzu kommen laut einem Sprecher der Schön Klinik Rendsburg "steigende Personalkosten, inflationsbedingte Sachkostensteigerungen und fehlende Refinanzierung über das DRG-System." DRG steht für "Diagnosis Related Groups". Seit 2010 rechnen alle Krankenhäuser in Deutschland nach diesem System ab, bei dem aus Diagnose, dem Schweregrad der Erkrankung und Leistungen wie Operationen oder Medikamenten eine Fallpauschale errechnet wird. Laut Kliniken eine schwer übertragbare Rechnung bei Geburten, die ja per se keine "Krankheit" sind.

Geburten lohnen sich nicht

Im DRG-System werden Geburten dennoch genauso behandelt: Jeder Eingriff bringt Geld, die Fallpauschale für einen Kaiserschnitt ist deutlich höher als für eine vaginale Geburt und je länger es dauert, desto weniger wird verdient. Als Geschäft ist Geburtshilfe also nicht rentabel. Die Folge: Bundesweit schließen immer mehr Kliniken ihre Geburtsstation. Auch in Schleswig-Holstein hat sich die Anzahl der Geburtskliniken in den vergangenen 18 Jahren fast halbiert.

Dennoch hohe Qualität der Geburtshilfe

Trotz aller Schwierigkeiten bei der Finanzierung, die Qualität der Geburtshilfe sei sehr hoch, so die teilnehmenden Kliniken der NDR-Umfrage. Der Großteil gab beispielsweise an, in den wesentlichen Phasen der Geburt eine Eins-zu-Eins-Betreuung durch Hebammen gewährleisten zu können und Wert auf individuelle Begleitung der Geburten zu legen. Auch die angegebene Kaiserschnitt-Rate der Kliniken in Schleswig-Holstein liegt größtenteils im bundesweiten Durchschnitt von 33 Prozent.

Wer wurde gefragt?

Ein Rechercheteam von NDR Schleswig-Holstein hat Ende Januar alle 15 Geburtskliniken in Schleswig-Holstein angeschrieben. Darunter sind sechs Kliniken in kommunaler Hand beziehungsweise das UKSH in Kiel und Lübeck mit öffentlicher Trägerschaft. Die anderen Kliniken werden von privaten oder gemeinnützigen Trägern finanziert, das Krankenhaus Geesthacht befindet sich wegen des Insolvenzverfahrens im vergangenen Jahr derzeit noch in einem Treuhandverhältnis.

Weitere Informationen
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Nachrichten für Schleswig-Holstein | 07.03.2025 | 19:30 Uhr

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