Koalition in SH setzt umstrittene Änderungen im Kommunalrecht durch
Der Landtag in Schleswig-Holstein hat gegen die heftige Kritik der Opposition mit einer schwarz-grünen Mehrheit das Kommunalrecht geändert. Die FDP kündigte eine Prüfung durch das Landesverfassungsgericht an.
Es geht vor allem um Einschnitte bei Bürgerbegehren und um eine Erhöhung der Mindestgröße von Fraktionen in Gemeindevertretungen und Kreistagen. Mit den Änderungen am Kommunalrecht sollen der schwarz-grünen Koalition zufolge Baugenehmigungen für Infrastrukturprojekte wie Schulen, Krankenhäuser, Wohnhäuser und Windräder beschleunigt und Kommunen mehr Planungssicherheit bekommen.
Konkret heißt das: Bürgerbegehren gegen Bauleitplanungen sind künftig ausgeschlossen, wenn sie von einer Kommunalvertretung mit Zweidrittelmehrheit beschlossen wurden. Und erst nach zwei Jahren ist es möglich, ein Begehren erneut zu starten. Bürgerbegehren gegen einen Beschluss einer Kommunalvertretung müssen hingegen innerhalb von drei Monaten eingereicht werden. Maßnahmen, die über dies noch hinausgegangen wären, hatte die schwarz-grüne Koalition nach massiver Kritik gestrichen.
SPD: Schwarz-Grün möchte die Bürgerbeteiligung zurückbauen
Die Opposition warf der Koalition in der Landtagsdebatte Demokratieabbau vor. Lars Harms vom SSW sagte: "Selten hat mich eine Anhörung irritierter zurückgelassen. CDU und Grüne haben sich dazu entschieden, demokratische Errungenschaften aufgrund von gefühlten Wahrheiten und Empfindungen einzuschränken." Vermutungen und Empfindungen seien für einen Gesetzentwurf, der die Rechte von Bürgern einschränkt, in keinster Weise ausreichend. Kai Dolgner von der SPD wies darauf hin, dass alle Umfragen deutliche Mehrheiten für den Ausbau der direkten Demokratie zeigen würden: "Und trotzdem möchte Schwarz-Grün hier als erstes Bundesland die Bürgerbeteiligung zurückbauen." Die SPD wolle gemeinsam mit Akteuren der Zivilgesellschaft in einer Volksinitiative dafür kämpfen, den heutigen Beschluss wieder aufzuheben, so Dolgner.
Bernd Buchholz (FDP) kündigte in der Debatte kurz vor der Abstimmung über das Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften an: "Wenn Sie das heute hier beschließen, dann werden wir alles dafür tun, in den Gesprächen mit dem SSW und auch mit der SPD dafür zu sorgen, dass wir das vom Landesverfassungsgericht überprüfen lassen." Schwarz-Grün habe keinen empirischen Nachweis für die Notwendigkeit der Änderungen geliefert.
Kleinere Fraktionen, weniger Mitbestimmung in Ausschüssen
Außerdem muss die Mindestgröße von Fraktionen in Gemeindevertretungen ab 31 Mitgliedern von zwei auf drei angehoben werden. Aus der zunächst geplanten Kann-Möglichkeit hatten CDU und Grüne eine Soll-Bestimmung gemacht. "Wir Grünen wären für eine Kann-Regelung gewesen", sagt Jan Kürschner, rechtspolitischer Sprecher der Grünen. Die Anhörung zu dem Thema habe jedoch gezeigt, dass die kommunalen Landesverbände, also diejenigen, die die betroffenen Gremien vertreten, sich eine feste Vorgabe durch das Land wünschen. Bernd Buchholz wies darauf hin, dass Kommunalvertreter, die wegen der Anhebung der Mindestgröße künftig keiner Fraktion angehören, nicht in Ausschüssen mitstimmen dürfen.
CDU: "Wir wollen wieder schneller werden"
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) sprach von einem ausgewogenen Gesetz. Von einer Abschaffung der Demokratie könne keine Rede sein: "Das Element der unmittelbaren Demokratie auf kommunaler Ebene bleibt nach wie vor ein wichtiger Baustein - als Ergänzung des unser Gemeinwesen prägenden Repräsentationsmodells."
"Wir wollen wieder schneller werden", sagte der CDU-Abgeordnete Thomas Jepsen. Nicht bewährte Regelungen würden durch die Änderungen am Kommunalrecht nun korrigiert. Vorwürfe der Opposition seien übertrieben und gingen an der Realität vorbei. "Bürgerentscheide wird es auch weiterhin geben", so Jepsen. Schwarz-Grün gehe einen Schritt in die richtige Richtung. Mit der neuen Mindestgröße für Fraktionen solle der zunehmenden Zersplitterung in Kommunalparlamenten begegnet werden.