Aktionswoche: "Gewalt kommt nicht in die Tüte"
Anlässlich des Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen gibt es in dieser Woche zahlreiche Aktionen im ganzen Land. Eine davon ist die Kampagne "Gewalt kommt nicht in die Tüte".
Am Montag in zahlreichen Bäckereien im Land Tüten mit der Aufschrift "Gewalt kommt nicht in die Tüte" verteilt. Anlass dafür war der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, bei dem es die gesamte Woche über landesweit Aktionen gibt, um auf häusliche Gewalt aufmerksam zu machen. Knapp 400.000 Aktionstüten sollen verteilt werden. Darauf steht auch die Rufnummer des Hilfetelefons: 11 60 16. Hier bekommen Opfer häuslicher Gewalt Hilfe. Ebenfalls am Montag sind die sogenannten "Orange Days" gestartet - eine Aktion der Vereinten Nationen (UN) gegen die weltweite Gewalt an Frauen. Anlässlich der Aktionstage werden öffentliche Gebäude in orangefarbenen Licht angeleuchtet.
Aktion soll Aufmerksamkeit schaffen
Verteilt werden sollen die Brötchentüten landesweit in 40 Bäckereien und an 400 weiteren Orten wie Wochenmärkten, Fußgängerzonen und Schulen. Laut der Arbeitsgemeinschaft Autonomer Frauenhäuser in Schleswig-Holstein sind solche Aktionen wichtig, um Menschen zum Nachdenken anzuregen. Untersuchungen zufolge ist jede vierte Frau in ihrem Leben von häuslicher Gewalt betroffen und jährlich fliehen rund 45.000 Frauen mit ihren Kindern in Frauenhäuser.
Ministerin Touré fordert größeres Engagement
Eröffnet wurde die Aktionswoche von Schirmherrin und Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) im Berufsbildungszentrum in Mölln (Kreis Herzogtum Lauenburg). Die Ministerin forderte mehr gesellschaftliches Engagement: "Es braucht uns alle, um Gewalt gegen Frauen zu beenden", sagte sie. Gleichzeitig forderte Touré, dass auch die Ursachen männlicher Gewalt in den Fokus rücken. Die Fachhochschule Kiel leitet dazu das Projekt "Netzwerk Omäga - Für eine Gesellschaft ohne Männergewalt", das Jungen und Männer stärker in den Blick nehmen soll. Das Sozialministerium fördert das Projekt mit rund 19.000 Euro.
Nicht wir Frauen müssen uns dafür schämen, wenn Männer sich uns gegenüber übergriffig verhalten. Sondern Männer müssen endlich anfangen, sich dafür zu schämen, wenn sie gewalttätig sind. Aminata Touré (Grüne)
Orange Days: Weitere Aktionen und Veranstaltungen in ganz SH
In Lübeck zog am Montagnachmittag eine Demonstration vom Holstentor durch die Innenstadt. Außerdem wurden Wahrzeichen und Gebäude orangefarben angeleuchtet. Auch im Kreis Herzogtum Lauenburg gab es mehrere Veranstaltungen, zum Beispiel eine Demonstration vor dem Burgtheater in Ratzeburg.
Kundgebungen an der Westküste
In Heide (Kreis Dithmarschen) wurde am Montagnachmittag der Heider Brunnen am Südermarkt mit orangefarbenen Stoff verhüllt. Nahe der Eisbahn gab es außerdem eine Kundgebung, bei der unter anderem die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Dithmarschen, Bentje Ott, sprechen wollte. "Bei der Kundgebung ist mir besonders wichtig, dass wir zusammen stehen und ein Zeichen setzen. Der aktuelle Fall in Schackendorf zeigt: Schutzmaßnahmen reichen nicht aus," sagte Ott vorab.
Am 2. Dezember ist zudem eine Lesung der Anwältin Asha Hedayati in der Alten Druckerei von Boyens Medien in Heide geplant. Sie wurde in Teheran geboren und ist heute Anwältin für Familienrecht.
Kreis Schleswig-Flensburg: Zwei Wochen Protest gegen Gewalt an Frauen
Mit den "Orange Days" starten auch im Norden Schleswig-Holsteins Protestaktionen - zum Beispiel die des Vereins "Zonta" gegen Gewalt an Frauen. Höhepunkte sind die Orange Walks: Demonstrationen möglichst in orangefarbener Kleidung sind am Freitag in Kappeln sowie am 7. Dezember in Schleswig (beide Kreis Schleswig-Flensburg) geplant. In Schleswig findet an diesem Tag auch ein Modemarkt statt, dessen Erlös Selbstbehauptungskursen für Mädchen und Frauen zugute kommt. In Kropp (Kreis Schleswig-Flensburg) ist zudem am 2. Dezember eine Mahnwache mit Kerzen geplant.
Südholstein: Plätze in Frauenhäusern reichen nicht
Seit Jahren nimmt Gewalt gegen Frauen zu. Alleine in diesem Jahr sind bereits vier Frauen in Schleswig-Holstein durch ihre Partner oder Ex-Partner getötet worden. Astrid Otto vom Autonomen Frauenhaus in Wedel (Kreis Pinneberg) fordert auch deswegen vor allem mehr Geld für Hilfsangebote: "Was wir erleben ist, dass sich Frauen schneller an Hilfsangebote richten. Wir wollen gern, dass die Zahlen sinken, aber dafür braucht es eben auch Plätze und die Ausstattung." Das Geld, Personal und die Plätze reichen hinten und vorne nicht, heißt es von den autonomen Frauenhäusern in Schleswig-Holstein.
Kiel: Protestmarsch in der Landeshauptstadt
Seit 2018 zählt der Landesverband Frauenberatung in Kiel, Neumünster und den Kreisen Plön und Rendsburg-Eckernförde 17 Tötungsdelikte von Partnerschaftsgewalt. Durch eine Gesetzesänderung in Schleswig-Holstein greift seit Anfang des Jahres das sogenannte Hochrisikomanagement. Kern ist dabei eine bessere Zusammenarbeit und ein besserer Austausch einzelner Stellen und Behörden wie Frauenberatungsstellen, Polizei, Justiz und Jugendämter. Damit sollen Frauen und ihre Angehörigen vor gewaltbereiten Ex-Partnern oder Partnern geschützt werden, sagt Stephanie Röstel von der Initiativgruppe Frauenhaus Kiel. Am Montagnachmittag ist ein Protestmarsch in Kiel geplant.