Tarifrunde von VW und IG Metall: Standpunkte gehen weit auseinander
In Hannover hat die erste Tarifrunde zwischen Volkswagen und IG Metall begonnen. Dabei zeichnete sich zunächst keine Annäherung ab: Der Autobauer hat die Forderungen der Gewerkschaft zurückgewiesen.
Die Belegschaft müsse jetzt einen Beitrag leisten, sagte VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel nach den ersten Gesprächen am Mittwoch. "Statt Kostenbelastung brauchen wir Kostenentlastung." Der Verhandlungsführer der IG Metall, Thorsten Gröger, äußerte sich nach der ersten Tarifrunde enttäuscht. VW habe zwar die wirtschaftliche Situation geschildert, aber nicht überzeugt, so Gröger. Vor allem habe das Unternehmen nicht konkretisiert, welches Ziel VW mit der Kündigung der Beschäftigungssicherung verfolgt. Sollte VW an seinen Plänen festhalten, so werde dies "auf den erbitterten Widerstand der Belegschaften bei Volkswagen stoßen", kündigte Gröger an.
Rund 3.000 Beschäftigte protestieren in Hannover
Widerstand gab es schon am Mittwoch vor dem Schloss Herrenhausen in Hannover. Mit einem Pfeifkonzert hatten mehr als 3.000 Beschäftigte ihrem Unmut über die Sparpläne Luft gemacht. "Wir stehen erst am Anfang einer Auseinandersetzung mit dem Unternehmen, die sich gewaschen hat", sagte IG Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger. Niemandem liege das Wohl von VW mehr am Herzen als den Beschäftigen, betonte er. "Marktführerschaft wird man nur mit unseren Kolleginnen und Kollegen wieder erlangen, nicht gegen sie."
IG Metall fordert sieben Prozent mehr Lohn
Volkswagen hatte jüngst wegen zu geringer Gewinne betriebsbedingte Kündigungen und auch Werksschließungen in Deutschland nicht mehr ausgeschlossen. "Über Werksschließungen und Massenentlassungen ist mit uns nicht zu reden", hatte Gröger im Vorfeld gesagt. Die Forderung der Gewerkschaft ist klar: Volkswagen muss ein Zukunftskonzept vorlegen - ohne Massenentlassungen und ohne Werksschließungen. Stattdessen fordert die Gewerkschaft sieben Prozent mehr Lohn für die rund 120.000 Beschäftigten in den sechs großen westdeutschen Werken. Gröger forderte VW außerdem dazu auf, Bürokratie abzubauen und eine Modellpolitik zu schaffen, "die wieder begeistert."
VW-Konzernchef: "Werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen"
VW-Konzernchef Oliver Blume hatte im Vorfeld auf Zugeständnisse der Gewerkschaft gedrängt. "Ich erwarte dort schon deutliche Bewegung, um auf der Kostenseite voranzukommen", sagte er am Montag im ZDF. "Wir werden hier in Deutschland auch um jeden Arbeitsplatz kämpfen, das ist ganz klar. Aber dafür ist die Grundlage, dass wir auf der Kostenseite über alle Bereiche deutlich nach unten kommen." Ziel sei, sich bis Ende 2024 zu einigen. In den niedersächsischen Werken wirbt Volkswagen mit einem Flugblatt für die Sparbemühungen und fordert die Beschäftigten zu Zugeständnissen auf. "Wir müssen die Produktivität steigern. Wir müssen unsere Arbeitskosten senken", heißt es.
Regierungserklärung im Landtag zu Volkswagen
Auch im Niedersächsischen Landtag war die Krise bei Volkswagen am Mittwoch Thema. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte sich in seiner Regierungserklärung zur Zukunft des Autobauers. Darin schlug er neue Anreize zum Kauf von Elektroautos vor, um die Autoindustrie zu unterstützen - etwa eine Steuerermäßigung direkt beim Kauf. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Grant Hendrik Tonne bezeichnete Forderungen nach einem Ausstieg aus der E-Mobilität und angebliche Verbrennerverbote als rückwärtsgewandt. Es gehe nicht mehr um die Frage, ob sich E-Mobilität durchsetze, sondern wie schnell. "Solche Nebelkerzen und Debatten von vorgestern verunsichern Kunden und Mitarbeitende gleichermaßen, während der Anteil der verkauften E-Autos weltweit nach oben schießt", sagte Tonne.