Funde bei mutmaßlichem RAF-Mitglied Klette: Panzerfaust war Attrappe
Geld, Munition und Waffen: In der Wohnung der mutmaßlichen Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette fanden die Ermittler allerlei Beweismittel. Ein vertraulicher Vermerk des Bundeskriminalamtes gibt einen Einblick.
Im Treppenhaus soll es nach Urin gerochen haben. Und es lag wohl einiges an Müll herum. So notierten es die Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA) nach der Durchsuchung der Wohnung von Daniela Klette in Berlin-Kreuzberg. Mehr als 20 Jahre hat die Frau hier, in der Sebastianstraße, offenbar gewohnt. In einer kleinen 1,5 Zimmer Wohnung, knapp 40 Quadratmeter groß, im fünften Stock eines schlichten Wohnblocks.
Jahrelang hatten die Zielfahndernach ihr gesucht, bis sie am Nachmittag des 26. Februars endlich an ihrer Wohnung klingeln konnten - und eine Frau öffnete, die sich als "Claudia Bernardi" auswies, angeblich Italienerin. Die weitere Überprüfung ergab schließlich: Es handelte sich tatsächlich um das gesuchte ehemalige mutmaßliche RAF-Mitglied Daniela Klette, verschwunden seit den 1990er-Jahren. Das Ausweisdokument war schlicht gefälscht, wie die Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Verden inzwischen bestätigt.
Blaulichtanlage und Bargeld
Ein vertraulicher Vermerk des BKA für das Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA), den WDR und NDR einsehen konnten, gibt nun Einblick in die Details der Durchsuchung, die am 26. Februar mit Klettes Festnahme begann und mehrere Tage andauerte - immer wieder unterbrochen, weil Suchhunde oder Sprengstoffentschärfer hinzugerufen wurden.
Die Liste der Beweismittel ist lang. Demnach fanden die Ermittler dort unter anderem Funkgeräte, verschiedene Telefone sowie Handschellen und Sturmmasken und neben einer Blaulichtanlage auch ein orangefarbenes Warnlicht. Zusätzlich: größere Mengen Bargeld, teilweise gebündelt, teilweise verschweißt - etwa versteckt im Hohlraum eines Küchenschranks.
Panzerfaust war Attrappe
Besonders aber interessierte die Ermittler, was sie in einem halbhohen, dunkelfarbigen Vitrinenschrank fanden: das Vorder- und Hinterteil einer Panzerfaust, die sich schließlich als Attrappen herausstellten. Und einen sogenannten RPG-Sprengkopf - ein grün lackierter Sprengkopf für eine Panzerfaust aus sowjetischer Produktion, der in gebrauchsfähigem Zustand über Dutzende oder Hunderte Meter geschossen werden und großen Schaden anrichten kann. Bei einem Überfall auf einen Geldtransporter, der neben anderen Raubüberfällen Klette und ihren mutmaßlichen Komplizen zugeschrieben wird, sollen die drei ihre Opfer auch mit einer Panzerfaust bedroht haben.
Allerdings erwies sich auch der Sprengkopf zunächst als offenbar nicht zündfähig. Noch in der Wohnung stellten die Ermittler fest, dass die Geschossspitze bereits einmal gelöst und schließlich offenbar wieder eingeklebt worden war. Auch war das sogenannte Leitwerk offenbar entfernt und die Lackierung nachlackiert worden - nach genauerer Betrachtung brachten die Ermittler das Teil zu einem Sprengplatz in Berlin-Grunewald. Die Staatsanwaltschaft Verden bestätigte auf Anfrage den Fund der Panzerfaust. Weitere Nachfragen beantwortete die Staatsanwaltschaft vorerst nicht. Der Anwalt von Daniela Klette teilte auf Anfrage mit, dass seine Mandantin sich nicht äußern werde.
Kalaschnikow, Maschinenpistole, Revolver
Gefunden wurden weiterhin eine tschechische Maschinenpistole, ein Sturmgewehr AK-74 Kalaschnikow, eine Pistole P7 der Marke Heckler und Koch und ein Schreckschussrevolver PTB 216 zählten zu den weiteren Fundstücken in der Wohnung. Dazu jeweils offenbar passende Munition, teilweise verpackt in Tüten und Gefrierbeutel, dazu Magazine. Außerdem: eine optische Zielvorrichtung.
Die RAF löste sich 1998 auf
Seit Jahren schon ermittelt die Staatsanwaltschaft in Verden gegen Klette und ihre mutmaßlichen Komplizen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub wegen des Verdachts des schweren Raubes, versuchten Mordes und weiterer Straftaten im Zusammenhang mit Raubüberfällen auf Geldtransporter und Supermärkte in ganz Deutschland. Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe führt ebenfalls Ermittlungen gegen sie, unter anderem wegen versuchten Mordes.
So soll Klette an einem Anschlag auf die US-Botschaft in Bonn 1991 beteiligt gewesen sein und an dem letzten Anschlag der RAF, dem Sprengstoffanschlag auf das Gefängnis in Weiterstadt 1993. Seit den frühen 1970er-Jahren hatten klandestine Kleingruppen der RAF bundesweit Terroranschläge begangen, ehe die Gruppe 1998 ihre Auflösung bekannt gab. Dann war es lange ruhig um die "Rote Armee Fraktion". Bis Ende Februar dieses Jahres Daniela Klette schließlich festgenommen wurde und rund um ihre Wohnung in Berlin-Kreuzberg ein tagelanger Ausnahmezustand herrschte.
Lässt sich das Bargeld zuordnen?
Aktuell werden die in ihrer Wohnung gefundenen Waffen und Beweismittel auf Fingerabdrücke und DNA-Spuren untersucht - verbunden mit der Frage, ob sich das Bargeld möglicherweise einem der Überfälle zuordnen lässt, die die Staatsanwaltschaft dem mutmaßlichen ehemaligen RAF-Trio rund um Daniela Klette zuschreibt. Und ob eine der Waffen womöglich in früheren Zusammenhängen schon einmal aufgefallen ist.
Nach Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub fahndet die Staatsanwaltschaft weiterhin. Klette selbst sitzt seit ihrer Festnahme im niedersächsischen Vechta unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in Untersuchungshaft. Nach Medienberichten werde die 65-Jährige allerdings nicht mehr rund um die Uhr in ihrer Zelle wegen einer möglichen Suizidgefahr per Video überwacht.