Blackout in der Landwirtschaft - wie kann man sich wappnen?
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe warnt vor längeren und großflächigen Stromausfällen im Winter. Die Bundesnetzagentur beruhigt. Was hieße ein Blackout für Nutztierhalter?
Viele Landwirte im Norden gehen offensichtlich auf Nummer sicher und schaffen Notstrom-Aggregate an. Ein richtiger Schritt und längst überfällig, sagt Tierärztin Isabel Zylka. Sie gibt gemeinsam mit der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo) eine Handlungsempfehlung zur Vorbereitung nutztierhaltender Betriebe auf einen Blackout heraus.
Warum sollten sich Nutztierhalterinnen und Nutztierhalter auf einen längeren, großflächigen Stromausfall vorbereiten?
Dr. Isabel Zylka: Ein Blackout hätte so verheerende Folgen, dass es im Prinzip egal ist, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist. Es gibt die Wahrscheinlichkeit und deshalb sollten Landwirtinnen und Landwirte auf jeden Fall Vorsorge treffen.
Als Folge eines lang anhaltenden großflächigen Stromausfalls können auch Teile der Infrastruktur ausfallen. Wie sähe so ein Szenario aus?
Zylka: Fällt der Strom aus, fällt irgendwann auch die Wasserversorgung aus. Ebenso die Telekommunikation. Und ohne Telekommunikation bricht auch alles andere zusammen, zum Beispiel die Kraftstoffversorgung. Tankstellen können nicht mehr beliefert werden und so selbst keinen Kraftstoff mehr abgeben. So breiten sich die Probleme aus und werden immer größer.
Was passiert, wenn der Strom wieder da ist?
Zylka: Dann kann es Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern, bis die einzelnen Infrastrukturen wieder vollständig funktionieren.
Welche Folgen hätte allein ein drei Tage andauernder Stromausfall für die Landwirtschaft - etwa in Niedersachsen?
Zylka: Erst einmal würden in den Ställen die Lüftungsanlagen ausfallen. Das könnte bei Haltern von Schweinen oder Geflügel kritisch für Tiere werden - allerdings vor allem im Sommer, wenn die Außentemperaturen hoch sind. Jetzt im Winter bliebe etwas mehr Zeit, bis die Lüftungsanlagen wieder durch Notstrom angefahren werden müssen. Allerdings müssen Nutztierhalter auch ausreichend Kraftstoff für die Notstrom-Aggregate lagern.
Wie würde es weitergehen?
Zylka: Auch Wasser und Futter fehlen irgendwann. Und somit würde ein länger andauernder Strom- und Infrastrukturausfall im allerschlechtesten Fall zum Tod vieler Tiere führen. Das hätte viele Kadaver zur Folge, und die wiederum brächten auch ein gewisses Seuchenrisiko für Menschen mit sich. Deswegen müssten wir uns dann fragen: Wie kommen diese Kadaver jetzt weg?
Wenn die Folgen so drastisch wären - im von vielen als unwahrscheinlich eingeschätzten Fall eines Blackouts - was sollten Nutztierhalter dann tun, um solch einem Szenario vorzubeugen?
Zylka: Die Landwirte sollten sich etwa fragen, für wie lange sie ihre Betriebe mit Notstrom versorgen könnten. Und zudem müssen Notstrom-Aggregate auch hin und wieder getestet werden. In der aktuellen Situation ist es einfach wichtig, die Aufmerksamkeit für diese Fragen zu schärfen und sich Gedanken zu machen. Es muss wahrscheinlich gar nicht sehr viel angeschafft werden, aber es müssen Konzepte und Notfallpläne im Vorhinein erarbeitet werden. Dann habe ich diese Konzepte im Notfall zur Verfügung und stelle nicht erst in einer Notsituation fest, was auf meinem Hof fehlt.
Das Interview führte Peter Becker