Opfer sagt in Klette-Prozess aus: "Habe in Mündungsloch geguckt"
Im Prozess gegen die mutmaßliche RAF-Terroristin Daniela Klette hat am Dienstag ein erstes Opfer eines Überfalls als Zeuge ausgesagt. Auf den Fahrer eines Geldtransporters wurde 2015 geschossen.
Der heute 63 Jahre alte Mann schilderte den Überfall am Dienstag vor dem Oberlandesgericht Celle ruhig. Drei Maskierte hätten ihn im Juni vor rund zehn Jahren in Stuhr-Brinkum bei Bremen bedroht. "Ich habe nur gebetet, dass die Scheiben die Kugeln abhalten", sagte der Fahrer im Prozess. "Ich habe wirklich direkt in ein Mündungsloch geguckt." Der 63-Jährige, der im Verfahren Nebenkläger ist, hatte Todesangst, wie er auf Nachfrage vor Gericht aussagte. Die Tat habe sein Leben verändert.
Klette-Prozess: Opfer nach Überfall traumatisiert
Die Täter hatten laut Anklage mit einem Gewehr auf die gepanzerte Scheibe des Fahrzeugs geschossen. Eine Kugel durchschlug die Scheibe und blieb in der Rückenlehne des Fahrersitzes stecken. Die Staatsanwaltschaft wertet den Vorfall als versuchten Mord. "Mein Mandant war im Anschluss an die Tat sehr traumatisiert", erklärte Rechtsanwalt Steffen Hörning noch vor Prozessbeginn. "Er hat lang gebraucht, um Schritt für Schritt wieder in das normale Leben zurückzufinden." Wie Hörning am Dienstag vor Gericht sagte, war der 63-Jährige nach dem Überfall monatelang arbeitsunfähig, wurde in einer Klinik und in der Reha behandelt. Die angeklagte Daniela Klette hörte dem Zeugen am Dienstag aufmerksam zu und sah ihn direkt an.
Schwere Vorwürfe gegen Daniela Klette vor Gericht
Der erste Prozesstag am Oberlandesgericht Celle hatte erhebliches Aufsehen erregt: Daniela Klette verlas persönlich eine Erklärung und ihre Verteidiger kritisierten den gesamten Prozess als politisch motiviert. Am Mittwoch geht der Prozess gegen die mutmaßliche RAF-Terroristin weiter. Die heute 66-Jährige war mehr als 30 Jahre untergetaucht und wurde im Februar 2024 festgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr versuchten Mord, unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor.
Klette, Staub und Garweg sollen Millionen erbeutet haben
Gemeinsam mit ihren mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg soll sie insgesamt 13 Überfälle auf Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein verübt haben - den Ermittlungen zufolge bewaffnet. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hat das Trio in Kauf genommen, Menschen bei den Überfällen tödlich zu verletzen. Insgesamt sollen die drei früheren RAF-Mitglieder 2,7 Millionen Euro erbeutet haben. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Gruppe damit ihr Leben im Untergrund finanziert hat.
