Außenstelle Natur: Insektenparadies auf dem Firmengelände
Weltweit gibt es immer weniger Insekten. Wenn Unternehmen nun ihre freien Flächen in naturnahe Gärten umgestalten, kann das einen wertvollen Beitrag leisten.
Die Roten Listen des Bundesamts für Naturschutz und auch wissenschaftliche Langzeitstudien zeigen, dass das sogenannte Insektensterben schon seit Jahrzehnten im Gang ist. Das betrifft sowohl die Zahl der einzelnen Tiere als auch die Artenvielfalt. Gründe dafür sind zum Beispiel Monokulturen in der Landwirtschaft und der Einsatz von Insektengiften, aber auch der Trend zu vermeintlich pflegeleichten Gärten und Außenanlagen mit ausgedehnten Schotter- oder Rasenflächen. Dort finden die Tiere keine Nahrung und auch keinen Lebensraum. In der Region Hannover bekommen Unternehmen, die ihr Firmengelände naturnah und insektenfreundlich gestalten wollen, Unterstützung vom Projekt "Außenstelle Natur".
Unternehmen erhalten Zuschuss für Naturschutz
Das Umweltzentrum Hannover hat das Projekt ins Leben gerufen. Gefördert wird es vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums und durch die Region Hannover. Interessierte Unternehmen bekommen eine kostenlose Beratung. Bei einem Rundgang über das Firmengelände wird ein Bericht mit Ideen für eine insektenfreundliche Umgestaltung erarbeitet. Werde diese umgesetzt, bekommt das Unternehmen einen Zuschuss in Höhe von 1.000 Euro für den Kauf von Saatgut und Pflanzen. Die restlichen Kosten muss die Firma selbst tragen. Die Umgestaltung wird von Naturgärtnern begleitet und unterstützt. Im Rahmen des Projekts sollen über einen Zeitraum von fünf Jahren insgesamt 42 Firmengelände naturnah und insektenfreundlich umgestaltet werden.
Naturnaher Gartenbau am Vorbild der Natur
Eines der ersten Unternehmen in der Region Hannover, das das Angebot von "Außenstelle Natur" in Anspruch genommen hat, ist die Tischlerei Biesel in Wedemark. Dort ist im vergangenen Jahr schon einiges geschehen. Jetzt im Frühling gehen die Arbeiten an den Außenflächen weiter. Vor Ort ist Naturgärtnerin Rosemarie Gemba. Neben dem modernen, grauen Firmengebäude verteilt sie mit einer Harke eine dünne Schicht Kompost auf dem Schotter. Hier ist absichtlich kein Mutterboden aufgeschüttet worden, stattdessen sollen Pflanzen gesät werden, die mit den Gegebenheiten klarkommen: "Das ist trockener, nährstoffarmer Boden. Die Pflanzen sind genau darauf ausgerichtet und kommen mit wenig Wasser aus. Naturnaher Gartenbau ist immer am Vorbild der Natur interessiert."
Schwerpunkt: Heimische Pflanzen
Der Schotterstreifen hat Richtung Zaun eine Abbruchkante - auch das ist so gewollt. Die offene Fläche soll bodennistenden Wildbienen Raum bieten. Neben Rosemarie Gemba und dem Team des Umweltzentrums Hannover sind auch Mitarbeiter*innen der Tischlerei im Garten-Einsatz. Mehrere Azubis jäten Unkraut und invasive Pflanzen wie etwa die Goldrute, die heimische Arten verdrängen. Heimische Insekten seien nämlich auf heimische Pflanzen angewiesen, weil sie sich gemeinsam entwickelt haben, erklärt Rosemarie Gemba: "Von fremdländischen Pflanzen oder Zuchtsorten, die verändert worden sind, können sich unsere Tiere entweder nicht oder nur wenig ernähren."
Nahrungsangebot sorgt für Artenvielfalt
Besonders der Nachwuchs von Insekten brauche ganz bestimmte Pflanzen, sagt die Initiatorin des Projekts "Außenstelle Natur", Noreen Hiery vom Umweltzentrum Hannover: "Das ist so ein Schlüssel-Schloss-Prinzip. Wenn ich bestimmte Blumen oder Pflanzen nicht habe, fehlen auch die Insekten. Die Raupen des Schmetterlings Admiral zum Beispiel fressen tatsächlich nur Brennnesseln. Wenn die im Garten fehlen, habe ich auch den Schmetterling nicht." Der Fokus liege auf Pflanzen, die die Insekten brauchen, um sich fortpflanzen zu können. Das Nahrungsangebot und der Unterschlupf sind wichtige Aspekte. Deshalb sind auf dem Gelände unter anderem eine Natursteinmauer und ein Steinhaufen angelegt worden. In deren Zwischenräumen können sich Insekten und Amphibien verkriechen, erklärt Firmenchef Michael Biesel: "Die Eidechsen lieben die Wärme im Sommer. Zwischen den Steinen haben sie einen schönen warmen Rückzugsort."
Außenbereiche mit Bedacht umgestaltet
Michael Biesel hat den Umzug seiner Tischlerei in einen größeren, ökologischen Neubau damit verbunden, den Außenbereich insektenfreundlich zu planen. Ein Wall an der Grundstücksgrenze ist mit heimischen Gehölzen bepflanzt, hinter dem Gebäude gibt es einen kleinen Tümpel und die Parkplätze vor der Halle sind mit Rasengittersteinen gepflastert. In den Löchern können robuste Pflanzen wachsen und außerdem kann durch sie Regenwasser versickern. Tischlerei-Chef Michael Biesel ist überzeugt, dass es sich lohnt: "Im letzten Jahr haben wir schon sehr viele Schmetterlinge, Insekten, sogar seltene Hornissensorten gesehen. Zudem haben wir viele Vögel. Es ist einfach schön diese Entwicklung zu sehen." Durch das Projekt könne man mit relativ geringem Aufwand und auf kleiner Fläche viel erreichen und einen Beitrag gegen das Insektensterben leisten.