Rostock: Rutscht die Warnow-Brücke durchs Haushaltsloch?
Im Bundeshaushalt klafft eine Milliardenlücke. Das wäre Grund genug zur Sorge, ob die versprochenen Fördermillionen für die Fußgängerbrücke über die Warnow vom Bund auch wie versprochen fließen. Noch allerdings scheint in Rostock die Devise zu gelten: Augen zu und durch.
Auch Städte und Gemeinden bundesweit werden aktuell nicht müde darauf zu pochen, dass der Bund trotz knapper Kassen seine zu besseren Zeiten gemachten Zusagen einhält. Die Fördermillionen sollen trotz allem in die Regionen fließen, damit Projekte, mit denen fest gerechnet wird, auch umgesetzt werden können. "Sparen ja, aber bitte nicht bei uns", könnte da als Leitspruch gelten.
Augen zu und durch
In Rostock dagegen scheint Gelassenheit verordnet. Die Planungen für die Fußgängerbrücke über die Warnow gehen, wenn auch massiv verzögert, weiter, so die Versicherung. Ein ohnehin ambitioniertes Projekt aus dem Erbe des BUGA-Desasters, das ohne Fördermillionen nicht realisiert werden kann.
Doch Sorgen scheint sich keiner zu machen: Von möglichen Einsparungen seitens des Bundes sei nichts bekannt. Die Stadt gehe davon aus, dass die Haushaltssituation des Bundes keinen Einfluss habe, heißt es in einer Stellungnahme. Und auch das Schweriner Finanzministerium antwortet fast gleichlautend: Man gehe davon aus, dass der Bund seinen Verpflichtungen, die auf Basis von Verwaltungsvereinbarungen mit den Ländern eingegangen wurden, einhält. Und nicht zuletzt kommt Rückendeckung aus Berlin: Der erlassene Zuwendungsbescheid für die Warnow-Brücke in Millionenhöhe gelte unverändert, antwortete das Bundesverkehrsministerium.
Doch hört man auf der sogenannten Arbeitsebene in den Verwaltungen etwas genauer hin und liest das Kleingedruckte, könnte man den Eindruck gewinnen, dass da der Wunsch Vater des Gedankens ist.
Investitionen in den Reinfall?
Die Brücke wird aktuell mit Baukosten in Höhe von 53 Millionen Euro kalkuliert. Das sind fast 40 Millionen mehr als noch vor fünf Jahren angenommen worden war. Knapp 36 Millionen Euro sollen vom Bund als Fördermittel kommen. Das Geld für die Planungen, rund sechs Millionen Euro, ist da inklusive. Doch der Bund stellt Bedingungen: Die Brücke muss Ende 2026 fertig und abgerechnet sein. Und genau daran glaubt kein Mensch mehr in Rostock. Aber die Stadt scheint in Schockstarre gefallen zu sein. Mit dem Geldgeber in Berlin hat offensichtlich noch keiner gesprochen.
Jedenfalls aus dem Berliner Verkehrsministerium heißt es: "Es liegen weder ein Aufstockungsantrag noch ein Antrag auf Verlängerung der Projektlaufzeit durch die Hansestadt Rostock vor." Demnach sollte Rostock weniger Angst vor dem Rotstrich haben, sondern vielmehr davor, dass die Bundesregierung die Fördermittel einbehält. Und das mit der Begründung: "Thema verfehlt". Wer an die BUGA-Absage denkt, kommt nicht umhin zu sagen: schon wieder. Um die mehr als 2,1 Millionen Euro aus dem Steuersäckel, die für bisherige Planungen an der Brücke schon ausgegeben wurden, wäre es schade, gerade weil das Geld im Moment so knapp ist.
Planen oder Hinhalten
Still ruht der See. So scheint es jedenfalls. Noch im Spätsommer waren die Planungen offiziell unterbrochen worden. Die bisherigen Berechnungen bei der Statik der Brücke waren offensichtlich falsch. Ein neues Gutachten musste her. Als sogenanntes Anprallschutzgutachten beauftragt, lässt die "finale" Fertigstellung auf sich warten, teilt die Stadtverwaltung mit. Und: "Mit Vorlage erfolgt zunächst eine interne Prüfung zu den definierten Werten und unmittelbar danach eine Befassung durch das Planungsbüro. Eine Einsichtnahme ist vorerst nicht möglich." Das geht seit Monaten so.
Die Planungen stocken also immer noch. Erst wenn alles auf dem Tisch liegt, kann das Planfeststellungsverfahren beginnen - also der Prozess der Baugenehmigung unter Beteiligung der Öffentlichkeit. Nicht pessimistisch die Annahme, dass dann noch einmal ein Jahr vergehen wird. Sollte dann doch irgendwann einmal ein Go für den Bau der Brücke gegeben werden, dann muss man wohl von mehr als drei Jahren hausgemachter Verzögerung ausgehen.
Transparenz geht anders
Doch nicht nur das. Alle konkreten Fragen zum Stand der Vorbereitungen beim Brückenbau werden seit Monaten nicht beantwortet. Auch die Bürgerschaft wurde seit dem Sommer nicht mehr darüber informiert, wie es bei den Planungen für die millionenschweren BUGA-Nachfolgeprojekte, Warnow Brücke, Warnow Quartier, Archäologisches Landesmuseum, Sanierung Stadthafen u.a., aussieht.
Vielleicht geht in Rostock gar nicht die Sorge um, dass die Millionen aus Berlin gestrichen werden könnten. Nicht auszuschließen ist, sagen Beobachter, dass sich in der Verwaltung vielmehr längst die Angst breit gemacht hat, dass die Stadt trotz des Fördergeldes vom Bund zum Scheitern verurteilt sein könnte. Wenn das so ist, dann wären die zuletzt verkündeten Sparszenarien der Ampelkoalition aus Rostocker Sicht keine Drohkulisse, sondern eher ein Hoffnungsschimmer.