IFG-Debatte: Kritiker sehen Transparenz gefährdet - Amthor spricht von "Märchenstunde"
Die Unionsparteien drängen im Rahmen der Koalitionsverhandlungen in Berlin darauf, das Recht auf Informationsfreiheit in seiner jetzigen Form abzuschaffen. Die SPD hat dem noch nicht zugestimmt. Das geht aus einem Verhandlungspapier der Arbeitsgruppe zu "Bürokratieabbau" und "moderne Justiz" hervor- auf CDU-Seite geleitet von Philipp Amthor. Dieser dementiert.
Die Koalitionsverhandlungen sind noch lange nicht am Ende. Trotzdem: Immer mehr Details sickern durch und sorgen für Unruhe – auch eines aus der Arbeitsgruppe "Bürokratieabbau, Staatsmodernisierung, moderne Justiz". Für die CDU-Seite leitet diese Arbeitsgruppe der vorpommersche Abgeordnete Philipp Amthor. In einem internen Papier seiner Arbeitsgruppe heißt es im Abschnitt "Stärkung der repräsentativen Demokratie": "Das Informationsfreiheitsgesetz in der bisherigen Form wollen wir hingegen abschaffen." Der Satz steht in blauen Klammern. Das heißt: Es herrscht noch keine Einigkeit darüber. Nur die CDU ist dafür, die SPD dagegen. Trotzdem sorgt die Aussage seit ihrem Bekanntwerden für Unruhe.
Massive Kritik vom Journalistenverband
Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gibt es seit 2006. Es sichert jedem Bürger den Zugang zu Dokumenten aus Behörden. Auf Antrag müssen diese herausgegeben werden. Und das nutzten Bürger wie Journalisten seitdem intensiv: Laut dem Portal "Frag den Staat" wurden über die Plattform bislang 300.000 Anfragen gestellt und dutzende Skandale aufgedeckt, darunter Plagiatsaffären oder etwa die Interessenkonflikte um die Klimastiftung MV und Nord Stream 2. Dass das IFG abgeschwächt oder gar abgeschafft werden könnte, sorgt deshalb für massive Kritik.
"Wer die Transparenz einschränken möchte, hat offensichtlich etwas zu verbergen und gefährdet damit den Journalismus und die Demokratie zugunsten von Machterhalt und undurchsichtigen Machenschaften." Mika Beuster, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV)
Grüne sehen "gezielten Demokratieabbau"
Auch die bündnisgrüne Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern meldet sich zu Wort. Sie wirft der Union einen dreisten Angriff auf Bürgerrechte sowie gezielten Demokratieabbau vor. Und die Fraktionsvorsitzende Constanze Oehlrich kritisiert auch den CDU-Verhandler persönlich. "Es spricht Bände, dass ausgerechnet Philipp Amthor, dessen eigene undurchsichtige Machenschaften erst durch 'Frag den Staat' ans Licht kamen, nun die Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes vorantreibt", so Oehlrich. Sie bezieht sich damit auf eine Lobbyismus-Affäre rund um das IT-Unternehmen Augustus Intelligence, die 2020 öffentlich wurde. Damals war der CDU-Politiker ebenfalls durch eine IFG-Anfrage unter Druck geraten.
Amthor spricht von "Märchenstunde"
Amthor selbst weist den Vorwurf, er wolle durch eine Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes Transparenz einschränken vollständig und auch mit deutlichen Worten zurück: Die Vorwürfe gegen ihn persönlich seien "niveaulos", kontert Amthor. Es würden "Halbwahrheiten" aus internen Dokumenten verbreitet.
"Daraus jetzt hier irgendwie so eine Märchenstunde zu machen, dass irgendwelche Informationsrechte beschnitten werden sollen, das hat mit der Realität leider gar nichts zu tun." Philipp Amthor, CDU-Generalsekretär MV
Novellierung statt Abschaffung
Es gehe nicht darum, das Gesetz ersatzlos abzuschaffen, stattdessen sei lediglich über eine Novellierung gesprochen worden. Notwendig sei das, weil man eine "Imbalance" festgestellt habe: So würden etwa Auskunftsrechte der Presse regelmäßig zurückfallen hinter Auskunftsansprüchen der Bürger. Es gehe darum, diese unterschiedlichen Ansprüche in ein "anderes, besseres Verhältnis" zueinander zu setzen. Wie genau das konkret aussehen sollte, dazu sagt Amthor auf Nachfrage nichts Konkretes. Er betont stattdessen, dass es sich bei den Entwürfen der Arbeitsgruppen um interne Dokumente handle, die nicht für die Diskussion in der Öffentlichkeit bestimmt seien.
