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Einigung im Haushaltsstreit: Gemischte Reaktionen im Norden

Stand: 13.12.2023 19:48 Uhr

Nach wochenlangem Ringen haben die Spitzen der Ampel-Regierung eine Einigung im Streit um den Bundeshaushalt 2024 erzielt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte Kürzungen und Einsparungen an, um das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen.

"Die machen wir nicht gerne, klar, sie sind aber nötig, damit wir mit dem Geld, was uns zur Verfügung steht, hinkommen", sagte Scholz am Mittwoch in Berlin. Es würden klimaschädliche Subventionen abgeschafft, Ausgaben einzelner Ressorts reduziert und Bundeszuschüsse verringert.

Scholz: Halten an drei zentralen Zielen fest

Der Kanzler betonte, die Bundesregierung halte an ihren drei zentralen Zielen fest. "Wir treiben den klimaneutralen Umbau unseres Landes kraftvoll voran. Wir stärken den sozialen Zusammenhalt. Und wir stehen eng an der Seite der Ukraine in ihrem Verteidigungskampf gegen Russland." Diese drei Ziele leiteten die Bundesregierung unverändert. "Klar ist aber, wir müssen mit deutlich weniger Geld auskommen, um diese Ziele zu erreichen."

Omid Nouripour, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. © dpa bildfunk Foto: Kay Nietfeld
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Ampel-Regierung will 2024 Schuldenbremse einhalten

Darüber hinaus teilte Scholz mit, dass die Ampel-Regierung die Schuldenbremse im Grundgesetz im kommenden Jahr wieder einhalten wolle. Demnach behält sich die Regierung aber vor, bei einer Verschlechterung der militärischen oder finanziellen Lage der Ukraine im Krieg gegen Russland notfalls nachträglich die Schuldenregeln auszusetzen.

Kürzungen beim Klima- und Transformationsfonds

Die Einigung der Ampel-Regierung beinhaltet ein Bündel von Maßnahmen. Dazu zählt, dass beim Klima- und Transformationsfonds laut Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im kommenden Jahr 12,7 Milliarden Euro gekürzt werden. Bis 2027 sollen Scholz zufolge 45 Milliarden Euro wegfallen. Damit bliebe aber "immer noch ein sehr hohes Gesamtvolumen" von insgesamt 160 Milliarden Euro in dem Fonds, betonte der Kanzler.

E-Auto-Kaufprämien sollen früher auslaufen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte zudem an, dass die Förderung für den Kauf von Elektro-Autos früher auslaufe als geplant. Einen konkreten Zeitpunkt nannte er nicht. Geplant war bisher, dass die Kaufprämien für E-Autos 2025 auslaufen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geben ein Pressestatement im Bundeskanzleramt. © Michael Kappeler/dpa
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ADAC: Höherer CO2-Preis schlägt auf Spritpreise durch

Die Ampel will außerdem den CO2-Preis beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien stärker anheben als bisher geplant. Diese Maßnahme schlägt nach Angaben des ADAC auch auf die Spritpreise durch. Der Liter Benzin werde sich dadurch um 1,4 Cent verteuern. Insgesamt erhöhe sich der Literpreis einschließlich der bereits beschlossenen Anhebung von 2023 auf 2024 um rund 4,3 Cent, berichtete der Verkehrsclub am Mittwoch. "Diesel-Fahrer müssen mit zusätzlichen 1,6 Cent gegenüber den ursprünglichen Planungen rechnen, so dass sich der Liter Diesel um rund 4,7 Cent gegenüber 2023 verteuern dürfte", sagte eine Sprecherin. Der CO2-Preis sollte zum 1. Januar 2024 von 30 auf 40 Euro je Tonne steigen. Jetzt soll er auf 45 Euro angehoben werden.

Offenbar auch Maßnahmen in Luftverkehr und Landwirtschaft

Darüber hinaus streben die Spitzen der Ampel-Koalition nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Kerosinsteuer für innerdeutsche Flüge an. Zudem sollen Steuervergünstigungen für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft gestrichen werden, der sogenannte Agrardiesel. Das ist Teil der Einigung über den Bundeshaushalt 2024. Bisher ist im gewerblichen Luftverkehr eingesetztes Kerosin von der Energiesteuer befreit. Betriebe der Land- und Forstwirtschaft können sich einen Teil der für ihren Kraftstoffverbrauch gezahlten Energiesteuer auf Antrag zurückerstatten lassen.

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Niedersachsen: Weil fordert Klarheit bei offenen Fragen

Auch nach der Haushaltseinigung sieht Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) weiterhin viele offene Fragen. Man könne noch nicht äußern, was genau in wichtigen Bereichen geschehen werde, sagte der Politiker am Mittwoch in Hannover. "Das betrifft zum Beispiel die angekündigten Kürzungen in den Ressorts. Da sind vor allen Dingen Umwelt, Arbeit und Verkehr genannt worden." Weil forderte Klarheit. "Es ist positiv formuliert aber gut, dass wir jetzt überhaupt erst mal Vorschläge haben werden, über die man reden kann, allemal besser, als wenn man ein großes Problem im Raum stehen hatte und alle mit großen Fragezeichen drumrum gestanden haben", sagte der Ministerpräsident. Weil betonte, der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft in Niedersachsen soll - so scheine es - wie geplant umgesetzt werden.

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Auswirkungen auf Automobilbranche befürchtet

Politiker aus Niedersachsen befürchten zudem Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Automobilbranche im Bundesland. Mit Blick auf die Situation bei Volkswagen sagte Weil, es gebe bereits eine Nachfragedelle bei E-Autos. "Wenn jetzt eine noch bestehende Förderung beendet wird, sehr kurzfristig womöglich, wird das nicht dazu beitragen, dass diese Delle sich so schnell auflösen kann", sagte der Ministerpräsident. Dass die Ampel Steuervergünstigungen für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft streichen will, den sogenannten Agrardiesel, sorgte insbesondere bei den beiden Oppositionsfraktionen im niedersächsischen Landtag CDU und AfD für deutliche Kritik.

CDU-Fraktionsvorsitzender Sebastian Lechner sagte, die Ampel habe das ganze Land in ein Chaos geführt. "Und der Reparaturbetrieb richtet gerade in Niedersachsen großen Schaden an. Steuer- und Abgabenerhöhungen treffen die privaten Haushalte und Unternehmen in einer schweren Wirtschaftskrise."

Schleswig-Holstein: Heinold sieht Klärungsbedarf

Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sieht nach der Haushaltseinigung der Bundesregierung noch Klärungsbedarf. Es sei gut, dass die Bundesregierung die Hürde genommen habe, sagte Heinold am Mittwoch in Kiel. "Es hat gedauert, aber jetzt hat es geklappt." Die Landesregierung müsse sich nun im Detail anschauen, was die einzelnen Maßnahmen für Schleswig-Holstein bedeuten.

Günther: Subventionsabbau und steigende Umweltabgaben "praktikabler Weg"

Ministerpräsident Daniel Günther sagte, es sei ein Schritt in die richtige Richtung, dass auch weiterhin Zukunftsinvestitionen getätigt werden könnten. "Der Abbau von Subventionen und die Anhebung von Umweltabgaben, wie etwa die stärkere Anhebung des CO2-Preises auf den bereits von der Großen Koalition beschlossenen Pfad mit der einhergehenden Lenkungswirkung scheint zunächst ein praktikabler Weg", fügte der CDU-Politiker hinzu.

Ökonom Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) meint, dass sich die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt für die Wirtschaft und für Verbraucherinnen und Verbraucher wohl nur wenig bemerkbar machen werden. Ein Konjunktur-Killer sind die Pläne seiner Meinung nach nicht, eher ein Dämpfer. Die CO2-Steuer wäre laut Kooths zum Jahreswechsel ohnehin gestiegen. Besonders begrüßt Kooths, dass die Förderung von E-Autos früher enden soll. Ähnlich wie bei der Solar-Förderung profitieren davon nach seinen Angaben nur einige wenige wohlhabende Menschen. Insgesamt erwartet Kooths 2024 trotz der angekündigten Maßnahmen einen kleinen Schub für die Wirtschaft.

MV: Meyer rechnet mit leicht steigenden Strompreisen

Die Spitzen der Ampel-Koalition wollen auch einen geplanten milliardenschweren Zuschuss zu den Netzentgelten streichen. Diese sind ein Bestandteil des Strompreises. "Es ist verständlich, dass aufgrund der neuen Haushaltslage im Bund Einsparungen geschehen müssen", teilte Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) am Mittwoch mit. "Die getroffene Entscheidung bedeutet jedoch, dass die Strompreise ab dem 1. Januar 2024 trotz der derzeit gesunkenen Strompreise wieder leicht ansteigen werden." Nach Aussage von Wirtschaftsminister Meyer würde 50Hertz, der für Mecklenburg-Vorpommern zuständige Übertragungsnetzbetreiber, die Netzentgelte ohne Entlastung durch den Bundeszuschuss auf die Strompreise aufschlagen. "Gleichzeitig fällt die Strompreisbremse weg. Diese Entwicklungen verstärken die soziale und wirtschaftliche Schieflage, denn wir müssen mit Kostensteigerungen für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen rechnen", konstatierte Meyer.

Kritik am Etatkompromiss kam von der CDU im Landtag. Der Abgeordnete Thomas Diener bezeichnete eine höhere Besteuerung von Agrardiesel als "weiteren Sargnagel für die deutsche Landwirtschaft und den ländlichen Raum". Und die AfD-Abgeordnete Petra Federau kritisierte: "Die Leidtragenden sind die Bürger, welche jetzt mit noch mehr Steuern belegt werden", erklärte sie.

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Hamburg: Kritik von der CDU, Lob von der SPD

Die CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft warf der Bundesregierung vor, ihren vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterten Haushalt auf Kosten der Bürger zu sanieren. Statt zu sparen, würden nach den Plänen der Berliner Ampel nun vor allem mehr Einnahmen generiert, sagte Fraktionschef Dennis Thering am Mittwoch in Hamburg. "Insbesondere die drastische Steigerung der CO2-Abgabe wird alle Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen beim Tanken und Heizen deutlich stärker als bisher geplant belasten. Stattdessen hätte die Ampel beim ungerechten Bürgergeld und der viel zu bürokratischen Kindergrundsicherung Hand anlegen müssen", sagte er.

Hamburgs SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf lobte hingegen die Einigung zum Bundeshaushalt 2024. "Es ist gut, dass der Bundeskanzler Führungsstärke bewiesen hat", erklärte er am Mittwoch. "Dass es angesichts der angespannten Haushaltslage Einsparungen geben muss, ist leider unumgänglich." Keine Bundesregierung nehme gerne Einsparungen in Milliardenhöhe vor, "insbesondere wenn sie sich in so hohem Maße dem gesellschaftlichen Fortschritt verschrieben hat wie diese Koalition", sagte er.

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Milliardenlücke muss geschlossen werden

Durch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts musste im Etat 2024 eine zweistellige Milliardenlücke geschlossen werden. Finanzminister Lindner hatte diese im Vorfeld der Einigung auf 17 Milliarden Euro beziffert. Das Bundesverfassungsgericht hatte Mitte November entschieden, dass 60 Milliarden Euro an ungenutzten Krediten für den Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht in den Klima- und Transformationsfonds verschoben werden durften. Damit fehlten der Ampel-Regierung Milliarden für die kommenden Jahre, um zentrale Projekte der Energiewende zu finanzieren.

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