Rekord-Inflation in 2022: Vielen wird das Geld knapp
Steigende Energiepreise, teurere Lebensmittel, höhere Mieten: Das Gespenst der Inflation ist im vergangenen Jahr mit Wucht nach Deutschland zurückgekehrt. Im Jahresschnitt betrug der Bundeswert 7,9 Prozent - in Mecklenburg-Vorpommern war die Teuerungsrate sogar noch höher.
Das Jahr 2022 hat den Menschen in Deutschland den stärksten Preisschock seit Beginn der Bundesrepublik gebracht. Die Verbraucherpreise stiegen im Jahresschnitt um 7,9 Prozent. Zum Vergleich: 2021 hatten die Verbraucherpreise um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugelegt. In den Jahren davor war die Quote teils sogar deutlich darunter. "Die historisch hohe Jahresteuerungsrate wurde vor allem von den extremen Preisanstiegen für Energieprodukte und Nahrungsmittel seit Beginn des Kriegs in der Ukraine getrieben", erklärte die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand, am Dienstag.
Teuerungsrate kletterte im Oktober in MV auf 10,9 Prozent
Im Bundesvergleich war die Teuerungsrate insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern zum Ende des vergangenen Jahres in lange nicht gekannte Höhen hochgeschnellt. 10,9 Prozent betrug der Wert im Nordosten im Oktober - eine so hohe Quote gab es in keinem anderen Nord-Bundesland. Danach ging die Teuerung leicht zurück auf 10,6 Prozent im November. Die Daten für den Dezember liegen den Statistikern noch nicht vor.
Das Geld wird knapp - vor allem bei Menschen mit niedrigem Einkommen
Teuerungstreiber waren insbesondere die explodierenden Energiepreise. So zahlten die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern im Herbst 2022 für Heizöl nahezu das Doppelte wie im Jahr zuvor (+99,9 Prozent). Die Preise für Gas (+72,1) sowie Kohle oder Pellets (+73,4) zogen ebenfalls kräftig an. Die Folgen beginnen allmählich sichtbar zu werden. Das Geld wird bei einigen knapp. Vor allem Menschen mit geringem verfügbaren Einkommen haben zusehends Probleme, Rechnungen und Mieten zu zahlen. So meldete der Schweriner Energieversorger Wemag jüngst, dass man von neun Prozent Zahlungsausfällen bei den Stromrechnungen ausgeht.
Bei einigen Lebensmitteln könnte es weiter nach oben gehen
Aber auch für Nahrungsmittel mussten die Menschen im Nordosten tiefer in die Tasche greifen. Besonders große Preissprünge gab es im Herbst laut dem Statistischen Landesamt bei Butter (+64,9 Prozent), Weizenmehl (+42,7), Vollmilch (+34,8), Rindfleisch (+25) und Gemüse (+21,9 Prozent). Bei einigen Lebensmitteln ist die Spitze offenbar noch nicht erreicht. So meldete das Statistikportal Destatis etwa, das Zucker im September nur 1,6 Prozent teurer als im Vorjahresmonat war, im Oktober die Teuerung aber auf über 42 Prozent in die Höhe schnellte und im Dezember den bisherigen Spitzenwert von 63 Prozent erreichte. Ähnliche Entwicklungen beobachteten die Statistiker bei Weizenmehl, Kartoffeln und Käse.
Volkswirte rechnen im Jahr 2023 mit rund 6 Prozent Inflation
Für etwas Entlastung sorgten im Jahresverlauf zeitweise staatliche Maßnahmen wie das auf drei Monate befristete Neun-Euro-Ticket im Sommer und die einmalige Übernahme der Abschlagszahlung für Gas- und Fernwärmekunden im Dezember. Dadurch schwächte sich die Teuerung zum Jahresende ab - auf hohem Niveau. Einen deutlichen Rückgang der Inflation im laufenden Jahr erwarten Volkswirte nicht. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung sieht den Höhepunkt der Inflation zwar überschritten, viele Volkswirte erwarten im Jahresschnitt 2023 aber immer noch eine Teuerungsrate von mehr als 6 Prozent.
EZB: "Müssen eine längere Strecke gehen"
Zunächst dürfte die Teuerung nach dem Wegfall der Einmalentlastung im Dezember wieder an Tempo gewinnen. Von März an könnte die Gas- und Strompreisbremse die Inflation dann erneut dämpfen. Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich mit Zinserhöhungen gegen die Rekordinflation im Euro-Raum. Sie sieht noch nicht das Ende der Fahnenstange bei ihren Eingriffen erreicht, wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde erklärte: "Wir müssen eine längere Strecke gehen."