Großes Mausohr: Fledermaus des Jahres ist in MV stark gefährdet
Mehrere Naturschutzorganisationen haben das Große Mausohr zur Europäischen Fledermaus des Jahres ernannt. Sie wollen die streng geschützte Art bekannter machen und sich für den Erhalt ihrer Lebensräume einsetzen.
Die Sonne strahlt durch einen Kiefernwald mitten im Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide. Darin versteckt ist ein kleiner bewachsener Hügel zu sehen. Eine kleine Tür führt ins Erdreich. Naturparkleiter Ralf Koch öffnet diese und erzählt, dass es sich um einen Bunker aus NVA-Zeiten handelt.
Bunker als Winterquartier
Vor etwa drei Jahren wurde der Bunker zu einem Winterquartier für Fledermäuse umgebaut. Der Naturparkleiter geht einen Gang entlang und leuchtet mit seiner Taschenlampe in spezielle Steine, die an den Decken und Wänden befestigt sind. Etwa 30 Große Mausohren überwintern hier in den Spalten. An einem Stein schläft ein Tier kopfüber. "Die Ohren sind mausähnlich. Das Fell hat auch etwas von Mäusen. Und so ist man damals auf den Namen Großes Mausohr gekommen." In Mecklenburg-Vorpommern gibt es laut Koch etwa 25 dieser ehemaligen Bunker, die nun als Fledermausquartier dienen.
Optimale Klimabedingungen
Hier im Bunker in der Nossentiner/Schwinzer Heide sind die mikroklimatischen Verhältnisse für das Große Mausohr bestens. Die Luftfeuchte spielt dabei eine große Rolle. "Sie brauchen eine hohe Luftfeuchtigkeit und stabile Verhältnisse den ganzen Winter lang, damit sie beispielsweise nicht austrocknen." Die Tiere fahren im Winter ihre Körpertemperatur und Herzschlagfrequenz sehr stark runter, um kaum Energie verbrauchen zu müssen. "Die Herzfrequenz ist ursprünglich bei 60 bis 70 Schläge pro Minute. Und im Winterschlaf wird sie runterreguliert auf 10 bis 15 Schläge, erzählt der Fledermausfan. Das Große Mausohr hält zwischen Oktober und Anfang April Winterschlaf. Fressfeinde, wie etwa Marder, gelangen nicht in den Bunker und so sind die Tiere hier in Sicherheit.
Raschelräuber auf Nahrungssuche
Wenn es im Frühling wärmer wird, wachen die Fledermäuse auf und ziehen in ihre Zwischenquartiere. Das sind beispielsweise Kästen an Bäumen im Wald oder Nischen an Gebäuden. Das Große Mausohr ist deutschlandweit die einzige Fledermausart, die als sogenannter Rascheljäger auf Beutefang geht. "Sie fliegt in einem Meter Höhe durch den Wald, mit dem Kopf nach unten, und wenn Laufkäfer durch das Laub laufen, hört die Fledermaus dieses Raschelgeräusch und lässt sich dann auf den Laufkäfer fallen, um ihn zu fressen." Das fasziniert Ralf Koch sehr.
Zahlreiche Gefahren lauern
In der Roten Liste der gefährdeten Säugetiere Mecklenburg-Vorpommerns wird das Große Mausohr als stark gefährdet eingestuft. Die streng geschützte Art hat einige Herausforderungen zu meisten. Neue Straßen, etwa Autobahnzubringer, die stark befahren werden und durch Wälder führen, können zum Verhängnis werden. "Die Fledermäuse haben ihren traditionellen Weg, um Nahrung oder ihr Quartier zu finden." Schlimmstenfalls kollidieren die Tiere dann mit Fahrzeugen oder werden durch Lichter gestört. Auch große Dachböden, die als Wochenstube bevorzugt werden, können für die Tiere problematisch sein. "Die Dachböden sollten nicht beleuchtet werden. Und wenn zum Beispiel in der Kirche das Dach saniert wird, dann darf man natürlich keine säugetiertoxischen Holzschutzmittel einsetzen. In der Wochenstubenzeit darf auch kein Baugeschehen sein." Das sei so auch gesetzlich vorgeschrieben, betont Ralf Koch.
Wenige Wochenstuben in MV
Das Große Mausohr ist laut NABU eine typische Kirchenfledermaus und mit einer Flügelspanne von etwa 40 Zentimetern die größte heimische Fledermausart. Zwischen Ende Mai und Anfang Juni kommen die Weibchen in den Wochenstuben zusammen und bringen ihren Nachwuchs zur Welt. In Mecklenburg-Vorpommern sind drei Wochenstuben bekannt, erzählt Ralf Koch stolz. "Etwa 500 bis 600 Tiere sind es in einem alten Gebäude in Burg Stargard, um die 100 Weibchen in der Marienkirche von Waren an der Müritz und um die 100 Weibchen in der Marienkirche in Parchim." Der Fledermausexperte geht von etwa gleich vielen männlichen Tieren aus, die in Mecklenburg-Vorpommern leben. Und so verweist Ralf Koch darauf, dass es hierzulande insgesamt weniger als 2.000 Graue Mausohren gibt.
Erfolge in Parchim
Nun wartet Ralf Koch gespannt auf die Monate Mai und Juni. Während der Wochenstubenzeit zählen er und andere engagierte Fledermausschützer, wie viele Tiere ausfliegen. "Und das ist dann immer die schönste Zeit, wenn man sieht, wenn die Jungtiere dann auch das Quartier verlassen und die Population gestärkt wird. In Parchim zum Beispiel entwickelt sich der Bestand langsam aber stetig." Und so hofft Ralf Koch, dass auch in diesem Jahr möglichst viele Große Mausohren geboren werden.
