Wild, natürlich, ursprünglich - 30 Jahre Nationalparks
Die Vorpommersche Boddenlandschaft, Jasmund auf Rügen und die Müritz sind drei der 16 Nationalparks in Deutschland. In diesem Jahr jährt sich ihr Bestehen zum 30. Mal: Am 12. September 1990 wurde mit dem letzten Tagesordnungspunkt der Sitzung des letzten Ministerrates der DDR Naturschutzgeschichte geschrieben. Per Gesetz wies der Ministerrat viele Großschutzgebiete aus, darunter fünf Nationalparks - drei davon in Mecklenburg-Vorpommern: der Müritz-Nationalpark, der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft und der Nationalpark Jasmund. "30 Jahre - ein guter Anfang" ist das Motto des Jubiläumsjahres.
Altlasten und unnatürliche Baumarten entfernt
Der Wandel ist das zentrale Thema des Jubiläumsjahres, sowohl in der Natur als auch in der Beziehung des Menschen zu den Schutzgebieten. Waren die ehemaligen Sperrgebiete der DDR-Armee zu Beginn noch von Bunkern, Plattenwegen und Wachtürmen geprägt, so sind diese baulichen Altlasten nach 30 Jahren fast restlos entfernt. Aus den Wäldern in der Vorpommerschen Boddenlandschaft und auf Jasmund sind weitestgehend die Baumarten entfernt worden, die da natürlich nicht hingehören. Der Wald wird nicht mehr bewirtschaftet. Dort entwickelt sich die Natur ungestört vom Menschen, der nur noch Beobachter ist. Damit ist das Nationalparkziel auf dem Festlandsgebiet auf Rügen und auf dem Festland erreicht, sagt Amtsleiter Gernot Haffner.
Auch auf dem Wasser: Nutzungsfreie Fläche
Anders sieht es auf dem Wasser aus: "Der Nationalpark ist ein Gewässernationalpark! 83 Prozent der Wasserflächen des Boddens und der Ostseeküste sind Nationalparkfläche. Und auch da gilt, was am Land gilt: nutzungsfreie Fläche, also keine stoffliche Entnahme, Angelei, Fischerei." Mehr als 50 Prozent der Fläche müssen laut Bundesnaturschutzgesetz frei von jeglicher Nutzung sein. Das ist das Ziel. Entscheidungen, wie das gelingen kann, werden nur im Konsens fallen, betont der Amtsleiter: "Für uns ist jetzt maßgeblich und das muss der erste Schritt sein, dass wir an unseren Kernzonen arbeiten. Unser Minister hat sich auch des Themas angenommen. Er sagt aber ganz klar, dort wird datenbasiert entschieden. Der muss wissen, was das für die Fischerei bedeutet. Die Küstenfischerei ist in einer schwierigen Lage. Die will er auf gar keinen Fall weiter schwächen und da müssen wir eben einschätzen können, welche Maßnahmen welche Auswirkungen haben und dann kann man erst Entscheidung treffen."
Ersatzhafen Prerow spätestens 2022 in Betrieb
Der Nothafen Darßer Ort liegt mitten in der Kernzone des Nationalparks. Die Planungen für den Ersatzhafen Prerow sind abgeschlossen und liegen inzwischen beim Infrastrukturministerium, sagt Umweltminister Till Backhaus: "Wir sind da im Plan. Wir haben ein bisschen Verzug gehabt, weil es ja doch noch die Frage gab, wie ist das mit dem Grundstück. Wird das inkommunalisiert oder wie ist damit umzugehen? Aber insgesamt sind wir im Wesentlichen im Plan und unser Ziel ist es, 2021 zu bauen und in Betrieb zu nehmen, aber spätestens 2022 in Betrieb zu gehen."
Kontroverse: Abstieg am Königsstuhl
Auch die Planungen für den vom Abbruch gefährdeten Königsweg zum Königsstuhl gehen voran. Unterschiedliche Signale kommen hingegen zum Thema Abstieg am Königsstuhl. Der war 2016 nach einem Hangrutsch gesperrt worden und die Treppe sollte vor allem aus Sicherheitsgründen nicht wieder in Stand gesetzt werden. Doch Vorpommern-Rügens Landrat Stefan Kerth hatte im Dezember angedeutet, dass da doch noch Bewegung im Thema ist. Das Risiko für Besucher in dem Bereich am Stand sei einfach zu hoch, hält Ingolf Stodian vom Nationalpark Jasmund dagegen: "Der Königsstuhl ist in sich geschrumpft, hat einige Überhänge, die jederzeit abbrechen können. Ganze Baumgruppen hängen dort in der Luft. Der Strand ist nur noch ganz, ganz schmal. Nicht mehr 50 oder 80 Meter. Der ist nur noch 5, 10, 12 Meter. Und wer sich dort befindet, wenn dort ein Abbruch passiert, und der wird passieren, der hat keine Chance." Wer soll die Verantwortung dafür tragen, ist die grundlegende Frage. Ob die abschließend im Jubiläumsjahr der Nationalparke geklärt werden kann, ist offen.
Was zeichnet einen Nationalpark aus?
Den Titel Nationalpark dürfen nur großflächige Gebiete mit besonders wertvoller, ursprünglicher Naturlandschaft führen. Zudem sollen sie frei von wirtschaftlicher Nutzung sein und kaum vom Menschen beeinflusst. In Deutschland gibt es zurzeit 16 Nationalparks, sieben davon in Norddeutschland: Harz, Jasmund, Müritz, Hamburgisches, Niedersächsisches und Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und die Vorpommersche Boddenlandschaft. Der älteste deutsche Nationalpark ist der Bayerische Wald, der seit 1970 besteht, der jüngste der Hunsrück-Hochwald.
Besonderer Schutz der Kernzone
Nationalparks werden in zwei Zonen unterteilt. Zur Kernzone (Schutzzone I) zählt beim Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft der Darßer Ort, die Hohe Düne, die Werder-Inseln und der Gellen, die Landzunge am südlichen Ende der Insel Hiddensee. Sie dürfen in keiner Weise wirtschaftlich oder in anderer Art genutzt werden. Die Natur soll hier frei walten können, der Mensch darf nicht eingreifen. Sandverschiebungen an der Küste lassen die Kernzone pro Jahr etwa um die Größe eines Fußballfeldes wachsen. Die Kernzone darf nur auf ausgewiesenen Wegen betreten werden. Dagegen können sich Besucher in den übrigen Teilen des Nationalparks frei bewegen. Durch spezielle Pflege und Nutzung, etwa der Beweidung mit Schafen, soll diese Zone II in ihrer bestehenden Form erhalten werden.