EU-Fangquoten: Weiter Einschränkungen in der westlichen Ostsee
Die EU hat die Fangquoten für 2025 festgelegt. Dorsch- und Heringsfänge in der westlichen Ostsee bleiben stark eingeschränkt, aber die kleine Küstenfischerei darf weiterhin Hering in begrenztem Umfang fangen. Bundesminister Özdemir betont, dass diese Ausnahme die Bestände nicht gefährde.
Deutschland hat sich erfolgreich für Ausnahmen für die kleinen Küstenfischer eingesetzt. Auch im kommenden Jahr dürfen sie in der westlichen Ostsee Hering fangen, unter anderem mit Stellnetzen und Reusen. Die Fangquote wurde nicht wie von der EU-Kommission vorgeschlagen weiter gekürzt, sondern bleibt bei insgesamt 788 Tonnen.
Leichte Erholung für den Hering, Sprottenbestand entwickelt sich negativ
Wissenschaftler, darunter Christopher Zimmermann, Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock, hatten schon im Vorfeld der Entscheidung auf eine leichte Erholung der Heringsbestände hingewiesen. Er nahm die Entscheidung, dass die kleine Küstenfischerei weiterhin in begrenztem Umfang Hering fangen darf, mit Erleichterung auf. "Diese Fangmenge hat nach unserer Kenntnis keinen Einfluss mehr auf die weitere Entwicklung des Heringsbestandes", sagte Zimmermann bei NDR MV Live. Als deutlich zu hoch bewertet er die Fangmengenbegrenzung für die Sprotte. Der Schwarmfisch wird vor allen Dingen in der östlichen Ostsee gefangen. Für Sprotte wird die Fangmenge um 30 Prozent gesenkt, während die Quoten für Scholle unverändert bleiben.
Dorschbestand weiter kritisch
Auch der Zustand der Dorschbestände ist weiterhin kritisch. Daher bleibt die gezielte Fischerei auf Dorsch untersagt, Fischer dürfen ihn nur als Beifang nutzen. Die zulässige Beifangmenge wird allerdings um 22 Prozent auf 266 Tonnen reduziert. Angler dürfen den Fisch schon seit Anfang des Jahres gar nicht mehr entnehmen. Für die kleinen Küstenfischer in Mecklenburg-Vorpommern bleibe Lage "absolut prekär", so Zimmermann. "Die Küstenfischerei befindet sich bei uns in der größten Krise seit der Wiedervereinigung - und der Erhalt der Fangmöglichkeiten für Hering ändert daran natürlich erstmal nichts. Nur wenn er weggefallen wäre, wäre die Situation noch viel schlimmer gewesen." Den schlechten Zustand der Fischbestände führen die Wissenschaftler des Thünen-Instituts auf den schlechten Zustand der Ostsee zurück. Umweltbedingungen würden verhindern, dass die Bestände sich erholen würden, selbst wenn die Fangquoten in der westlichen Ostsee optimal eingestellt seien, erläutert Zimmermann. "Es sind die Umweltbedingungen, an die wir ran müssen. Wir müssen die Überdüngung in der Ostsee bekämpfen, wir müssen den Klimawandel bekämpfen und dann sehr, sehr viel Geduld haben."
Özdemir will Berufsbild des Fischers diversifizieren
"Um die Talsohle zu überwinden, müssen sich die Dorsch- und Heringsbestände in der Ostsee erholen", teilte Bundesminister Cem Özdemir (Grüne) zu den Beschlüssen mit. Der Quotenbeschluss sei "entscheidend, um den Druck von den Fischbeständen zu nehmen". Özdemir hob hervor, dass die wirtschaftliche Grundlage der Küstenfischer erhalten bleiben müsse, wobei nachhaltige Nutzung und Schutz der Meeresressourcen Hand in Hand gehen sollten. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft setzt sich neben dem Wiederaufbau der Bestände auch für einen sozialverträglichen Strukturwandelein. Maßnahmen zur Diversifizierung des Berufsbildes werden unter anderem durch das Windenergie-auf-See-Gesetz finanziert.
WWF: "Es kommt auf jeden einzelnen Dorsch an"
Umweltverbände sehen die neuen EU-Fangquoten kritisch. Der World Wide Fund For Nature (WWF) bemängelt, dass nach jahrzehntelanger gestatteter Überfischung die erneute Kürzung des Dorschbeifangs ein letztes, verzweifeltes Mittel zur Bestandsrettung sei, weil auch Klimakrise und Umweltfaktoren das Ökosystem verändern würden. "Es kommt mittlerweile auf jeden einzelnen Dorsch an", erklärte der WWF und fordert, anstatt einzelne Arten zu bewirtschaften, das Ökosystem als Ganzes in den Blick zu nehmen. Greenpeace mahnt angesichts der stark eingebrochenen Dorschbestände: "Jegliche Fischerei gefährdet ihr langfristiges Überleben".
EU-Vorschlag sorgte in der Vergangenheit für Besorgnis
Der EU-Vorschlag, der der kleineren Küstenfischerei das gezielte Heringsfischen untersagen würde, hatte bei Fischern schon vor dem Beschluss Besorgnis ausgelöst. Michael Schütt von der Fischereigenossenschaft Peenemündung in Freest warnte, dass dies das Ende für viele Berufsfischer bedeuten könnte. "Vor vier Jahren gab es in Freest noch 28 Betriebe, heute sind es nur noch zwölf." Umweltschützer hatten lange vor einem Kollaps der Fischbestände gewarnt. Mecklenburg-Vorpommerns Fischereiminister Till Backhaus (SPD) begrüßt die Entscheidung, dass die kleine Küstenfischerei weiterhin eine Sonderausnahme erhält. Das sei insbesondere für die in Vorpommern beheimateten Betriebe überlebenswichtig, so Backhaus. Die Kürzung der Beifangmenge beim Dorsch bedauere er. Gerade der Dorsch sei immer ein wichtiger Magnet für die Freizeitfischerei und den Tourismus an der Ostsee gewesen.