Rot-rot rettet Tourismusverband MV mit 300.000 Euro
Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Blank setzt auf eine Sonder-Arbeitsgruppe, um die Landesförderung des Tourismusverbandes neu zu ordnen. Wann diese "Strukturkommission" tagt, ist offen. Klar ist, die Rettung des Verbandes hat zunächst 300.000 Euro gekostet.
Er hat an diesem Dienstag seinen letzten Tag an der Spitze des Tourismusverbandes: Geschäftsführer Tobias Woitendorf verlässt die Spitzenorganisation der Branche - nach 18 Jahren im Verband. Offiziell erfolgt die Trennung im "Einvernehmen", aber alle Beteiligten wissen, dass diese Formulierung nur einen Zoff hinter den Kulissen verdeckt. Für viele ist der 49-jährige Rostocker wahlweise ein Bauernopfer oder Sündenbock in einem Stück, das die Opposition ein Schmierentheater oder Farce nennt. Die Fachpresse schüttelt weiter erstaunt den Kopf über das "Polit-Trauerspiel in MV". Im Zentrum steht die Frage: Warum hat das Land den Verband an den Rand der Insolvenz gedrängt und warum musste Woitendorf gehen, um diesen vor der Pleite zu bewahren?
Blank lobt den "Tobias"
Wirtschaftsminister Wolfgang Blank (parteilos) lobte "Tobias" am vergangenen Freitag im Landtag "als das Gesicht" des Tourismus, er habe das Team geformt. "Danke", sagte Blank. Trotzdem musste Woitendorf gehen. Vor allem Wirtschafts-Staatssekretär Jochen Schulte (SPD) brachte ihn in öffentlichen Äußerungen in Verbindung mit einem angeblichen Fördermittel-Betrug. Es ging um Unregelmäßigkeiten in den Abrechnungen. Der Verdacht: Der Verband hatte Rücklagen und Gewinne angehäuft, um Finanzierungsengpässe bei Projekten zu vermeiden.
Bisher keine stichfesten Beweise
Die internen Prüfungen der Rostocker Wirtschaftsprüfer "Hardt und Ketelsen" sind nicht abgeschlossen, die eingeschaltete Staatsanwaltschaft Schwerin hat bisher keine Ermittlungen aufgenommen. Dennoch hat sich Woitendorf dem Druck des Ministeriums gebeugt. Er galt zuletzt als Anlass für den ministeriell verfügten Zahlungsstopp. Denn das Blank-Ressort stellte fest, dass der Verband wegen des Betrugsverdachts nicht mehr als "zuverlässig" galt. Nach wochenlangen Verhandlungen willigte die Verbandsspitze um die Präsidentin Birgit Hesse (SPD, gleichzeitig Landtagspräsidentin) ein, Woitendorfs Weggang zu befördern. Sein Abtritt verschafft dem Verband jetzt die dringend nötigen 300.000 Euro aus der Landeskasse. Mit der Summe können vor allem die Gehälter der 45 Mitarbeiter bezahlt werden.
Hesse bleibt Verbandspräsidentin
Ebenso wie Blank schickte auch Hesse dem geschassten Geschäftsführer ein Lob hinterher. "Das Land verliert einen bundesweit und auch international angesehenen Fachmann." Eigene Konsequenzen schloss Hesse bisher aus. Die Landtagspräsidentin, die ihr Tourismus-Ehrenamt auch für Werbereisen nach New York nutzte, meinte ebenso wie Minister Blank, jetzt müsse nach vorn geblickt werden. Die Opposition im Landtag forderte dagegen eine kritische Rückschau. Zu klären sei, warum das Ministerium den Verband mit seiner Strafanzeige wegen angeblichen Fördermittel-Missbrauchs in eine Schieflage gebracht hat. Das Ministerium sei doch die Aufsichtsbehörde gewesen, da hätten die Abrechnungen vorliegen müssen, da habe man doch Bescheid gewusst, so die Grünen-Abgeordnete Jutta Wegner.
Opposition bohrt nach
Ähnlich fragte CDU-Fraktionschef Daniel Peters: "Warum diese Art und Weise mit Einschaltung der Staatsanwaltschaft, mit dem Schassen des Geschäftsführers, mit dem klaren Ziel des Abwickelns des Tourismusverbandes. Das ist keine Wertschätzung." CDU, Grüne und FDP wollen zur Aufklärung eigens einen Unterausschuss im Wirtschaftsausschuss gründen lassen, auch die AfD hatte den ins Spiel gebracht. Die SPD-Fraktion meinte, der Wirtschaftsausschuss sei dafür der richtige Ort. Sie verweist auf eine Expertenanhörung am 8. Mai im Landtag.
Wer wird Tourismusbeauftragter?
Bis dahin dürften die Dinge weiter in der Schwebe bleiben. Offen ist auch, ob der Posten des Tourismusbeauftragten des Landes wieder besetzt wird. Das Ministerium wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern. Auch dieses Amt gibt Woitendorf ab, er sollte die Tourismuspolitik koordinieren. Die Stelle hatten SPD und Linke in ihrem Koalitionsvertrag vorgesehen. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte Woitendorf bei seiner Ernennung 2022 noch in höchsten Tönen gelobt. Er genieße "hohes Ansehen auch in der Landespolitik", sagte sie damals. In die aktuellen Vorgänge war ihre Staatskanzlei zwar eingebunden, Schwesig hat sich dazu aber bisher nicht geäußert. Sie war mit den Koalitionsgesprächen in Berlin beschäftigt.
