"Die Hausaufgaben sind tot" - Debatte um ChatGPT auch in MV
Ob Essays, Vorträge oder Gedichtinterpretationen die Software "ChatGPT" liefert innerhalb von Sekunden menschenähnliche Texte. Das könnte die Arbeit an Universitäten und Schulen grundlegend verändern - auch in Mecklenburg-Vorpommern.
Denkleistung per Mausklick, das hat sich auch bei den Schülerinnen und Schülern des Schweriner Fridericianums herumgesprochen. Hilfsmittel für ihre Hausaufgaben hatten sie schon vorher, doch mit ChatGPT geht es deutlich schneller und einfacher als mit Wikipedia oder den Eltern. Das stellt die Lehrkräfte wie Elisabeth Mathias vor neue Herausforderungen: "Es ist natürlich so, dass man es sich mit den Hausaufgaben einfacher machen kann, es wird schwieriger, die zu bewerten. Man weiß dann nicht, welcher Denkprozess dahinter steckt." Auch Mario Steinke vom Philologenverband ist beeindruckt von der Software: "Bestimmte Hausaufgaben sind damit tot. Wenn es um Formulierungen geht, ist der Chatbot ungeschlagen."
ChatGPT nutzt auch falsche Informationen
Die Schulen müssen umdenken. Doch nachforschen, ob die Software verwendet wurde oder sie gar verbieten - das ist für den Schulleiter Uwe Dietsche keine Option: "Eine richtige Strategie gibt es noch nicht, aber wir wollen viel stärker wieder dazu übergehen, die schriftlichen Leistungen, wenn sie zu Hause erbracht worden sind, auch mündlich gegenzuchecken."
Das hält auch der Philologenverband für den richtigen Weg. Die Lehrkräfte sollten offen mit der Software umgehen, sie nutzen und auch erklären, welche Grenzen sie hat, sagt Mario Steinke: "Die Lehrerschaft und Schülerschaft müssen informiert werden, nämlich auch, dass dieser Chatbot Risiken birgt, dass er Falschinformationen verbreiten kann und dass seine Infos, die er liefert, nicht tiefgründig genug sind für das, was wir an der Schule häufig verlangen."
Oldenburg: "Eine eigene Meinung hat nur die natürliche Intelligenz"
Für einen offenen Umgang mit der Software wirbt auch Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke). Viele Lehrkräfte würden sich bereits über das Onlineportal "fobizz" weiterbilden und lernen, künstliche Intelligenzen im Unterricht zu nutzen. Um die Qualität der Bildung im Land sorgt sich Oldenburg wegen ChatGPT nicht: "Was diese KI nicht kann, ist verknüpfen, bewerten und interpretieren, aber es geht ja darum, dass man eine eigene Meinung hat, dass man das Wissen auch transferieren kann und das kann nur die natürliche Intelligenz und so müssen die Aufgaben dann auch gestrickt sein."
Die Lehrkräfte am Schweriner Fridericianum setzen deshalb jetzt verstärkt auf mündliche Leistungen und probieren ChatGPT auch gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern aus. Derweil arbeiten Entwickler schon an einer Kontroll-Software, die ChatGPT-Texte entlarven soll.