Bürgergeld gestoppt: Reaktionen aus MV vorsichtig positiv
Der Bundesrat hat das Bürgergeld zumindest vorerst gestoppt. Die Länderkammer verweigerte der von der Ampel-Koalition geplanten Sozialreform die Zustimmung. Nun wird es einen Vermittlungsausschuss geben.
Schon vor der Abstimmung zeichnete sich ab, dass sich die CDU-regierten Länder enthalten würden. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) rief im Bundesrat dazu auf, eine zügige Kompromisslösung zu suchen. "Der Vermittlungsausschuss hat schon mehrfach bewiesen, dass er große Themen einigen kann", sagte sie. "Wenn es dieser Weg ist, dann ist es auch kein schlechter und schlimmer Weg." Allerdings solle der Ausschuss zügig beraten und nach Möglichkeit bereits kommende Woche eine Einigung finden, um die Einführung des Bürgergelds wie geplant zum Jahreswechsel zu ermöglichen.
Der CDU-Vorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern, Franz-Robert Liskow, findet die Ablehnung richtig. Er sieht im jetzigen geplanten Bürgergeld eine Abkehr vom Grundsatz "Fordern und Fördern" und das sei das völlig falsche Signal an die arbeitende Bevölkerung.
Sozialverband bleibt optimistisch
VdK-Präsidentin Verena Bentele wirft der CDU vor, parteipolitische Streitereien auf dem Rücken der Ärmsten auszutragen. Ähnlich sieht das auch der VdK-Landesverbandsvorsitzende Rainer Boldt. Er ist aber optimistisch, dass ein Kompromiss gefunden wird, weist aber darauf hin, dass auf keinen Fall beim Einbürgerungstitel gespart werden soll. Dabei handelt es sich um die Finanzmittel, die für eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt gedacht sind.
Enthaltung wirkt im Bundesrat wie ein Nein
Der Bundestag hatte das Bürgergeld am Donnerstag beschlossen. Das Gesetz kann nur mit Zustimmung des Bundesrates in Kraft treten. Dort ist die Ampel auch auf Stimmen der Unions-geführten Länder angewiesen. Da eine Mehrheit in der Länderkammer erforderlich ist, wirkt eine Enthaltung von Ländern bei der Abstimmung wie ein Nein. Die SPD pocht bereits auf ein schnelles Vermittlungsverfahren, um die nächste Bundesratssitzung Ende November zu erreichen. Die Bundesagentur für Arbeit hatte gewarnt, dass eine Auszahlung der Erhöhung zum Jahresbeginn nicht gewährleistet sei, wenn sie nicht bis Ende November Klarheit habe.
Union lehnt vor allem höheres "Schonvermögen" ab
Das Bürgergeld soll das 2005 eingeführte Arbeitslosengeld II (Hartz IV) ersetzen. Die Reform soll eine Vermittlung der Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt erleichtern, unter anderem durch mehr Qualifizierung und Weiterbildung. Auch die Möglichkeiten für Zuverdienste mit geringeren Abzügen beim Bürgergeld werden erweitert. Die Erhöhung der Zahlungen will die Union mittragen. Sie lehnt aber vor allem die geplante Erhöhung des sogenannten Schonvermögens ab. Diese finanziellen Reserven müssen Bedürftige nicht antasten, wenn sie Bürgergeld bekommen wollen.
Die Linkspartei und Sozialverbände kritisieren das Bürgergeld grundsätzlich als zu niedrig.
Die wichtigsten Punkte des vom Bundestag beschlossenen Bürgergelds im Überblick
- Erhöhung der Regelsätze: Der heutige Hartz-IV-Regelsatz von 449 Euro für Alleinstehende soll auf 502 Euro pro Monat angehoben werden. Für Erwachsene unter 25, die noch bei ihren Eltern leben, erhöht sich der Betrag auf 402 Euro, für Jugendliche zwischen 14 und 18 liegt er künftig bei 420 Euro, für Kinder von sechs bis 14 bei 348 Euro. Bei Kindern unter sechs Jahren sind es 318 Euro.
- Weniger Sanktionen: Betroffene sollen sich stärker um Weiterbildung und Arbeitssuche kümmern können und dabei von Behörden weniger unter Druck gesetzt werden. In einer sechsmonatigen "Vertrauenszeit" zu Beginn der Arbeitslosigkeit sollen Empfängern nur eingeschränkt Leistungskürzungen drohen, etwa, wenn sie mehrfach einen Termin beim Jobcenter verpassen.
- Berechtigte: Berechtigt sind erwerbstätige Personen ab 15 Jahren, Hilfebedürftige unter 15 und über 65 Jahren sowie Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht alleine decken können. Personen, deren Leistungen nach dem Arbeitslosengeld I auslaufen, haben ebenfalls Anrecht auf das Bürgergeld.
- Weiterbildung: Zusätzlich zum Bürgergeld soll es 150 Euro Weiterbildungsgeld pro Monat geben, wenn jemand einen Berufsabschluss nachholt oder 75 Euro zusätzlich, wenn andere Weiterbildungsmaßnahmen angenommen werden.
- "Schonvermögen": Für das erste Jahr, die sogenannte "Karenzzeit", müssen Bürgergeldempfänger ein Vermögen bis zu einer Höhe von 40.000 Euro nicht antasten, plus 15.000 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied. Die "Karenzzeit" betrifft auch Anlagen zur Altersvorsorge oder Eigenheime bis 140 und Eigentumswohnungen bis 130 Quadratmetern.
- Wohnung: Empfänger des Bürgergelds sollen im ersten Jahr nicht in eine kleinere Wohnung umziehen müssen.
- Zuverdienst: Von einem Verdienst zwischen 520 und 1.000 Euro sollen 30 Prozent (statt bisher 20 Prozent) behalten werden dürfen. Zudem sollen Schülerinnen und Schüler aus Bürgergeld-Familien ihre Einkommen aus Minijobs in voller Höhe (bis zu 520 Euro) behalten können.