BSW in MV: Erster Streit schon vor der Gründung
Kurz vor der Gründung des BSW-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern kündigt sich erster parteiinterner Streit an. Bei der Besetzung der Führungspositionen stehen Kampfkandidaturen an.
Er gilt beim Bündnis Sahra Wagenknecht als Nummer eins gesetzt: der Staatssekretär im Justizministerium, Friedrich Straetmanns. Der 63-jährige hat immerhin den Segen der Parteiführung in Berlin. Allerdings gibt es bei Mitgliedern im Land Bedenken. Grund ist offenbar Straetmanns westdeutsche Herkunft. Er stammt aus Bielefeld. Der Chef der BSW-Fraktion in der Rostocker Bürgerschaft, Thoralf Herzer, kündigte auf seiner Internetseite an, er werde gegen den "geschätzten Herrn Straetmanns" kandidieren.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Der gebürtige Rostocker Herzer schrieb, er wolle, "dass unser Bundesland auch durch jemanden von UNS vertreten wird". Der 55-jährige meinte, er habe bereits Warnungen bekommen, er sei "verbrannt", wenn das Vorhaben erfolglos bleibe. "Aber ich werde auch aufgefordert, nicht klein beizugeben." Aus der ganzen Republik erhalte er positive Nachrichten von BSW-Mitgliedern und Unterstützern, "denen unsere Sache wirklich so am Herzen liegt, wie mir", so Herzer.
Die bis zu 50 BSW-Mitglieder treffen sich am Sonnabend in Parchim zum Gründungsparteitag. Der soll in weiten Teilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Der Landesvorstand will sich erst nach seiner Wahl vor den Medien äußern. Ein Ablaufplan oder eine Tagesordnung liegt öffentlich noch nicht vor. Nach dem Gründungsparteitag steht die Wahl der Landesliste für die Bundestagswahl an - auch dort gilt Straetmanns als Anwärter für einen Spitzenplatz.
Straetmanns drohte mit rechtlichen Schritten
Straetmanns war nach seinem überraschenden Wechsel von der Linken in das neue BSW Ende August im Ministerium weitgehend kaltgestellt worden. Ministerin Jacqueline Bernhardt (Die Linke) verdonnerte den Abtrünnigen und plötzlichen politischen Gegner zu nachrangigen Aufgaben. Von der Funktion des Amtschefs im Ministerium wurde er entbunden. Allerdings drohte Straetmanns mit rechtlichen Schritten. Beamte haben einen Anspruch auf "amtsangemessene Beschäftigung" - sie dürfen nicht ohne Grund mit Aufgaben betraut werden, die unterhalb ihrer Qualifikation liegen.
Deshalb vollzog Bernhardt am vergangenen Dienstag eine Kehrtwende: Straetmanns ist wieder im Geschäft und im Ministerium mit den Aufgaben des Amtschefs betraut. Offenbar hatte ausgerechnet die Justizministerin Angst vor einer rechtlichen Schlappe. Für Bernhardt bleibt der Fall Straetmanns heikel. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) weigert sich, den BSW-Staatssekretär zu entlassen. Die Regierungschefin will damit eine Debatte über das hohe Ruhegehalt Straetmanns vermeiden, dem fast 75 Prozent seiner Bezüge zustehen würden - aktuell bekommt er etwa 12.000 Euro monatlich.
Möglich: Erste Rot-Rote Koalition Deutschlands
Die CDU-Fraktion spottet bereits: Schwesig habe Bernhardt "am ausgestreckten Arm verhungern lassen". Bisher jedenfalls sei es üblich gewesen, dass jeder Koalitionspartner eigenständig über sein Führungspersonal in den Ministerien entscheide. Diesen Grundsatz hat Schwesig nach Ansicht der Union ausgehebelt. Jetzt stelle sich aber die Frage, "ob die volle Wiedereinsetzung des Staatssekretärs bedeutet, dass das BSW nunmehr offiziell Teil der rot-roten Koalition ist". Es wäre dann Deutschlands erste rot-rot-rote Koalition, so der Abgeordnete Sebastian Ehlers.