NDR Info - Redezeit

Hohe Fehlzeiten - Melden wir uns zu oft krank?

Donnerstag, 08. Februar 2024, 21:03 bis 22:00 Uhr, NDR Info

Hohe Fehlzeiten - Melden sich Deutsche zu schnell krank?

08.02.2024 | 21:03 Uhr

Darüber haben Hörerinnen und Hörer in der NDR Info Redezeit mit Experten diskutiert. Die komplette Sendung als Video-Mitschnitt.

Vier (Arbeits-) Wochen lang hat sich jeder Arbeitnehmer in Deutschland im Schnitt im vergangenen Jahr krank gemeldet - so lange wie nie zuvor. Das schlägt sich auch in der Wirtschaftsleistung nieder. Was sind die Ursachen? Melden wir uns zu schnell krank? Darum ging es in der NDR Info Redezeit.

Wirtschaftsverbände schlagen Alarm: 20 Tage waren Beschäftigte 2023 im Durchschnitt krankgeschrieben. Mehr als jemals zuvor. Auch die Krankenkassen bestätigen, dass sich Arbeitnehmer häufiger krank melden. Dabei sei auffällig, dass jüngere Menschen zwar insgesamt immer noch weniger Tage im Jahr krankgeschrieben seien als über 50-Jährige, aber es gebe bei ihnen offenbar den Trend, mehr auf die Gesundheit zu achten und auch Erkältungskrankheiten in Ruhe auszukurieren.

Krankenkassen melden weiter Rekordwerte

Laut Daten der Krankenkasse DAK-Gesundheit erreichte der Krankenstand der berufstätigen DAK-Versicherten in Deutschland 2023 einen Wert von 5,5 Prozent. Oder anders: An jedem Tag des Jahres waren 55 von 1.000 Beschäftigten krankgeschrieben. Das entspricht laut Krankenkasse dem Vorjahresniveau und damit nach wie vor einem Rekordwert.

Auch die Techniker Krankenkasse, die mit mehr als elf Millionen Versicherten die größte Krankenkasse hierzulande ist, meldete mit Blick auf den Krankenstand bereits im vergangenen Sommer ein Rekordhoch für das erste Halbjahr 2023. Demnach war jede bei der TK versicherte Erwerbsperson in diesem Zeitraum im Schnitt 9,5 Tage krankgeschrieben - minimal mehr als im ersten Halbjahr 2022. TK-Chef Jens Baas vermutet bei den Infektionskrankheiten "Pandemie-Nachholeffekte".

Erkältungen und psychische Erkrankungen häufigste Gründe

Am häufigsten melden sich Beschäftigte derzeit wegen Erkältungskrankheiten und psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Burnout krank.

Die höchsten Krankenstände verzeichnen Mitarbeitende in der Altenpflege und Kita-Erzieherinnen und Erzieher. Am wenigsten krank sind IT-Beschäftigte, die stärker als andere im Homeoffice tätig sind. Insgesamt tendierten Menschen im Homeoffice weniger als andere dazu, sich krank zu melden.

Eine Pflegefachkraft geht mit einer Bewohnerin durch das Seniorenheim "Mein Zuhause Nienburg". © picture alliance/dpa Foto: Sina Schuldt
AUDIO: Viele Fehltage wegen der Psyche in der Pflegebranche (1 Min)

Depressionen sind kein Tabuthema mehr

Arbeitsmarktforscher stellen überdies schon länger fest, dass die junge Generation sich stärker um die Gesundheit bemüht. Sie verlangt Arbeitsmodelle wie die Vier-Tage-Woche und flexiblere Arbeitszeiten und will eine bessere Balance zwischen Arbeit und Freizeit. Dazu gehört auch eine stärkere Sensibilität gegenüber der psychischen Gesundheit. Depressionen sind längst kein Tabuthema mehr für diese Generation.

Im internationalen Vergleich ist Deutschland für sein gut ausgestattetes Gesundheitssystem bekannt. Der schnelle Zugang zu Ärzten und die neu eingerichtete telefonische Krankschreibung sind offenbar weitere Gründe, warum Menschen sich hierzulande schneller krank melden als in einigen anderen Ländern.

NDR Info Moderator André Schünke begrüßte als Redezeit-Gäste:

Dr. Dominik Groll
Volkswirt am Forschungszentrum Konjunktur und Wachstum, Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel

Michael Gümbel
Geschäftsführer Beratungsstelle Arbeit und Gesundheit, Hamburg

Dr. Kristina Spöhrer
stellvertretende Vorsitzende Hausärzt*innenverband Niedersachsen

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