Wie eine Rentnerin ihr Haus fürs Klima umrüstet
Solaranlage, Wärmepumpe oder Wallbox - viele Menschen haben zuletzt bei sich zu Hause in klimaschonende Technologien investiert. Für den Podcast "Mission Klima - Lösungen für die Krise" schaut NDR Info genau hin: Wie lässt sich ein möglichst großer Unterschied fürs Klima erzielen?
Am Haus von Gisela Kopp in Schwerin hat sich in letzter Zeit einiges getan: Auf dem Dach ist seit September eine Solaranlage zu sehen, am Carport hängt zudem eine Wallbox für E-Autos. "Ich wollte einfach für mich etwas Gutes - und auch für die Umwelt. Und da muss man schon mal ein bisschen tiefer in die Tasche greifen", erzählt die Rentnerin. Die 72-Jährige hat für die Solaranlage etwas mehr als 20.000 Euro ausgegeben. "Man muss sich ja auch überlegen: Was bringt das Geld auf dem Konto? Da kann man es lieber für etwas Vernünftiges einsetzen."
Voraussichtlich wird es zwölf Jahre dauern, bis sich die Investitionen bezahlt gemacht haben. Aber diese Langzeit-Perspektive hat Gisela Kopp nicht von ihrem Engagement abgehalten. Die Frage nach den Kosten sei für sie nicht entscheidend gewesen. Im Vordergrund steht der Einsatz für den Umweltschutz, der ihr seit Langem am Herzen liegt.
Im Jahr 2007 in ein kleineres Haus gezogen
Gisela Kopps Haus ist nicht besonders groß: drei Zimmer, Flur, Bad, Hauswirtschaftsraum und Küche - alles ebenerdig. Das Haus liegt in einer kleinen Siedlung am Stadtrand von Schwerin, wo noch etliche weitere solcher Einfamilienhäuser stehen - und auch Reihenhäuser. Gisela Kopp ist dort 2007 eingezogen. Sie hat vorher in einem deutlich größeren Haus gelebt. Mit einem riesigen Garten von 2.000 Quadratmetern. Aber nach dem Tod ihres Mannes war ihr das mit der Gartenarbeit irgendwann zu viel.
Eine Wallbox, aber noch kein E-Auto
Bei der Planung der Solaranlage hat ihr Tochter Kerstin Kopp geholfen. Sie kennt sich sehr gut mit dem Thema Energiewende aus. Auch weil sie ihren Master in Nachhaltigkeit an der Universität Lüneburg gemacht hat. Derzeit arbeitet sie bei der Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern im Marketing. Kerstin Kopp hat ihre Mutter schon im Jahr 2021 überzeugt, eine Wallbox zu installieren - also eine Ladestation für E-Autos. "Meine Mutter hat eine ziemlich teure Wallbox angeschafft, für knapp 2.000 Euro, glaube ich", erzählt die Tochter. "Uns war aber wichtig, dass die Wallbox mit der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach korrespondieren kann."
Für die Wallbox gab es damals vom Staat 900 Euro dazu. Auf diese Förderung wollten die beiden nicht verzichten. Dabei hatten beide damals gar kein E-Auto. "Meine Tochter hatte aber schon im Hinterkopf, sich ein E-Auto zu bestellen", erzählt Gisela Kopp.
Keine öffentlichen Ladesäulen in der Umgebung
In der Tat hat die Tochter inzwischen ein E-Auto geordert. Sie will das Fahrzeug dann bequem mit dem Solarstrom vom Dach der Mutter laden. Für sie ist das eine ausgesprochen praktische Lösung. "Bei meiner Arbeitsstelle gibt es zwar auch eine Ladesäule, aber da darf ich nicht laden, weil das nur für Dienstfahrzeuge gedacht ist", erklärt Kerstin Kopp. "Und da, wo ich wohne, wird wohl in den nächsten zehn Jahren noch keine Ladesäule stehen." Sie wohnt etwa acht Kilometer von ihrer Mutter entfernt - zur Miete. Sie kann sich eine eigene Wallbox also nur schwer installieren.
Für sonnenarme Zeiten ist ein Speicher da
Auf beiden Seiten des Hausdaches sind Photovoltaik-Elemente angebracht - und zwar in Ost-West-Ausrichtung, um vormittags und nachmittags jeweils möglichst viel Sonne mitzunehmen. Im Hauswirtschaftsraum befindet sich ein Heimspeicher für den Solarstrom, damit Gisela Kopp den Strom auch nutzen kann, wenn die Sonne nicht scheint - beispielsweise spätabends. Ihr Verbrauch liegt bei sechs bis acht Kilowattstunden pro Tag, der Speicher kommt auf zehn Kilowattstunden.
Wie ein perfekter Tag aussieht
Per App auf dem Handy können Gisela und Kerstin Kopp sehen, wie viel Strom die Anlage auf dem Dach gerade bringt. "Neulich habe ich meiner Mutter eine SMS geschickt mit dem Text 'Der perfekte Tag'. Da hatte sie bei ihrem Verbrauch 97 Prozent aus Sonnenstrom - und nur drei Prozent aus dem Netz. Also, das war schon super!" Die Werte schwanken mitunter stark. In den Herbst-Monaten kamen im Durchschnitt rund 80 Prozent ihres Stroms vom Dach. Aber es gibt auch Tage, wo es nur 14 Prozent sind - vor allem jetzt im Winter.
Gisela Kopp richtet ihren Stromverbrauch inzwischen nach dem Wetter aus. "Als die Sonne so fleißig schien im Herbst, da habe ich geplant, wann ich was mache - als Rentner kann man sich das ja erlauben. Ich koche dann tagsüber - auch schon für nächsten Tag meistens. Und ich wasche Wäsche oder stelle den Geschirrspüler an, wenn die Sonne scheint."
Solaranlagen liegen im Trend
Gisela Kopp ist nur eine von vielen Hausbesitzern, die sich für eine Solaranlage entschieden haben. Nach mauen Jahren mit wenig Zubau sind deutschlandweit im Laufe des Jahres 2022 mehrere Hunderttausend neue Anlagen hinzugekommen. Und insgesamt deckt die Photovoltaik - übers ganze Jahr gesehen - mehr als zehn Prozent des Strombedarfs in Deutschland. Der größte Anteil kommt von Privathäusern.
"Jedes Dach wird gebraucht"
Um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, muss das Tempo bei der Installation neuer Anlagen aber noch rasant steigen. Die Leistung aller Anlagen soll sich bis 2030 mehr als verdreifachen - und bis 2040 mehr als versechsfachen. "Und da können Sie sich denken: Jedes Dach wird gebraucht", sagt Jutta Hanson von der Technischen Universität Darmstadt im NDR Info Podcast "Mission Klima - Lösungen für die Krise". "Wir müssen aber auch an Photovoltaik an Fassaden denken. Wir brauchen dieses Potenzial, um beim Klimaschutz das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Abkommen zu erreichen."
Strom lieber verbrauchen als einzuspeisen
Deshalb wünscht sich Hanson, dass viele dem Beispiel von Gisela Kopp aus Schwerin folgen. Weil jede Kilowattstunde Solarstrom zähle. Eine Photovoltaik-Anlage auf dem eigenen Dach lohnt sich, wenn man möglichst viel Strom selbst verbraucht. Denn die Vergütung für den Strom, der ins öffentliche Netz eingespeist wird, fällt vergleichsweise gering aus. Immerhin: Seit dem 1. Januar 2023 wird die Einspeisung etwas besser vergütet.
Kommt bald eine Wärmepumpe hinzu?
Gisela Kopp überlegt nun, ob sie sich - als nächsten Schritt für den Klimaschutz - eine Wärmepumpe zum Heizen anschafft. Auch für diese Anlage könnten sie gut den Strom vom Dach nutzen. Allerdings hat sie noch Angst davor, in ihrem Zuhause zu frieren. "Ich habe die Befürchtung, dass es mit einer Wärmepumpe vielleicht nicht warm genug wird bei mir im Wohnzimmer. Ich bin so eine Frostbeule."
Deshalb will die Rentnerin zunächst eine Energieberatung machen. Die Kosten für die Wärmepumpe, den Einbau und dafür, dass Heizkörper vergrößert und versetzt werden, lägen bei ihr etwa bei 12.000 bis 15.000 Euro. Hinzu kämen noch die Kosten für eine Sanierung, die für eine bessere Dämmung von Wänden und Decken notwendig wäre.
Auf der anderen Seite könnte sie dank des günstigen Stroms aus ihrer eigenen Anlage sehr günstig Warmwasser bekommen - zumindest in den sonnenreichen Monaten von Frühling bis Herbst. Und im Sommer können moderne Wärmepumpen auch zum Kühlen benutzt werden. So sagt die Schwerinerin: "Ich lass mich ja gerne überzeugen. Und deshalb wird das mit der Wärmepumpe wahrscheinlich auch bei mir zu Hause kommen."