Timo Hampel trägt ein T-Shirt von isociety. © isociety

Warum Timo Hampel auf einen "richtigen" Job hofft

Stand: 28.05.2024 05:00 Uhr

Zum zwölften Mal wird an diesem Dienstag der Diversity-Tag gefeiert. Er soll Bewusstsein für Vielfalt in der Arbeitswelt schaffen. Obwohl es für die berufliche Inklusion von Menschen mit Behinderung gesetzliche Grundlagen gibt, hapert es oft an der Umsetzung. Timo Hampel, der mit Trisomie 21 lebt, wünscht sich allen Herausforderungen zum Trotz einen Job auf dem "normalen" Arbeitsmarkt.

von Anina Pommerenke und Marc-Oliver Rehrmann

Team-Besprechung beim inklusiven Start-up Isociety in Hamburg. Die beiden Gründerinnen gehen mit Timo Hampel seine möglichen Aufgaben für die Woche durch. Der 27-jährige unterstützt die Öffentlichkeitsarbeit des Mode-Labels. Seine Herzensthemen sind Politik und Bildung. "Meine Aufgaben sind zum Beispiel Mediensachen und ein Blog. Da schreibe ich Texte über Inklusion", sagt Timo Hampel. "Ich lebe selbst Inklusion. Das Thema voranzubringen, ist mir sehr wichtig." So führte er beispielsweise zum Welt-Down-Syndrom-Tag 2024 ein Interview mit TV-Koch Tim Mälzer.

Timo Hampel hat einen sogenannten ausgelagerten Arbeitsplatz. Das heißt: Offiziell ist er bei einer Stiftung über einen Werkstatt-Vertrag angestellt. Somit verdient er 126 Euro im Monat. Langfristig will er aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen Job finden. "Mir ist einfach wichtig, mir ein Ziel zu setzen und das zu erreichen." Auch im Sport ist Timo Hampel mit Leidenschaft dabei. So holte er als Tennisspieler bei den Special Olympic World Games im Jahr 2023 die Silbermedaille für Deutschland.

Verena Bentele (DOSB-Vize-Präsidentin und Paralympics-Siegerin) bei einem Interview. © Imago/Panama Pictures Foto: Dwi Anoraganingrum
AUDIO: "Noch viel zu tun" für Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt (5 Min)

Ein T-Shirt selbst gestaltet

Das noch kleine Start-up Isociety möchte Menschen mit dem Down-Syndrom in der Gesellschaft sichtbarer machen. Folglich werden sie beim Aufbau des Labels in vielen Dingen miteinbezogen. So konnte Timo Hampel nach seinen eigenen Vorstellungen ein weißes T-Shirt gestalten: "All inclusive" steht in großen, schwarzen Buchstaben auf der Rückseite - in seiner eigenen Handschrift. Für 35 Euro wird das T-Shirt im Online-Shop von Isociety verkauft.

Timo Hampel steht zwischen den beiden Gründerinnen von Iscociety, Sarah und Edda Manteufel. © NDR Info Foto: Anina Pommerenke
Timo Hampel steht hier zwischen den beiden Gründerinnen von Iscociety, Sarah (links) und Edda Manteufel.
"Wir möchten den Blick auf die Stärken haben"

Die beiden Gründerinnen Sarah und Edda Manteufel sind Mutter und Tochter. Was ihnen wichtig ist: Timo soll sich bei seiner Arbeit auf das konzentrieren, was ihm Spaß macht und was er gut kann. Die beiden Frauen glauben, dass nur so mehr Teilhabe gelingt - auch auf dem Arbeitsmarkt. Sie kennen die Herausforderungen aus der eigenen Familie. Mutter Sarah hat noch zwei weitere Töchter, eine von ihnen wurde im Jahr 2013 mit dem Down-Syndrom geboren. Sie wünscht sich ein Umdenken in der Gesellschaft. "Leider haben wir in der Gesellschaft oft einen sehr Defizit-orientierten Blick - auch auf Menschen, die mit dem Down-Syndrom leben. Und deshalb möchten wir uns dafür einsetzen, dass wir einen Blick auf die Stärken haben - und eher die Chancen sehen."

Betriebe sollten mutiger sein

Grundsätzlich haben sich die Voraussetzungen für Menschen mit Behinderung verbessert, um eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. So sieht es der Geschäftsführer der Hamburger Arbeitsassistenz, Achim Ciolek. Seit rund 30 Jahren setzt sich der gemeinnützige Fachdienst für die berufliche Integration von Menschen mit  Lernschwierigkeiten ein. "Das Wichtigste ist, beide Seiten zu ermutigen, die berufliche Integration zu erproben", sagt Ciolek. "Damit meine ich sowohl Menschen mit Behinderung als auch Personal-Verantwortliche in den Betrieben. Beide Seiten sollten einen Versuch machen - mit entsprechender Unterstützung von uns".  

Die Hamburger Arbeitsassistenz führt zum Beispiel regelmäßig sogenannte Praktikum-Erprobungen durch, damit sich ein Betrieb und ein Mensch mit Behinderung kennen lernen können - und sich im besten Fall ein maßgeschneiderter Job findet.

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Zu wenige Firmen stellen Menschen mit Behinderung ein

Eine NDR Umfrage vom Dezember 2023 hat gezeigt, dass nur 40 Prozent der Unternehmen im Norden die Quote zur gesetzlichen Pflicht zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung erfüllt. Sie gilt für Unternehmen mit mindestens 20 Arbeitsplätzen - fünf Prozent der Stellen müssen dann mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden. Knapp ein Drittel der Firmen beschäftigen gar keine behinderten Mitarbeiter, 35 Prozent erfüllen die Quote nicht ausreichend. Sie müssen eine Ausgleichsabgabe zahlen, die je nach Größe des Unternehmens auch mehrere Tausend Euro betragen kann.  

Für Timo Hampel ist klar: Er will sich nicht aufhalten lassen. Für seine Zukunft hat er große Pläne. Er will unter anderem noch seinen Hauptschul-Abschluss machen. Sarah und Edda Manteufel hoffen, dass ihr Start-up eines Tages profitabel wird und sie Timo dann einen "richtigen" Job anbieten können.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 28.05.2024 | 06:42 Uhr

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Menschen mit Behinderung

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