Landtagswahlen in Hessen und Bayern: Ampel-Koalition in der Kritik
Die Landtagswahl-Ergebnisse in Bayern und Hessen haben bei Politikerinnen und Politikern in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Bei CDU und AfD ist die Freude über die Erfolge groß. Vielfach wird auch Kritik an der Ampel-Koalition in Berlin geübt. Die Stimmen aus Norddeutschland im Überblick.
Niedersachsens CDU-Landeschef Sebastian Lechner sprach nach den Unions-Erfolgen von einem guten Wahlabend. Auf NDR Info sagte er, die Erfolge der AfD in Hessen und Bayern seien auch Ausdruck des Protests gegen die Bundesregierung. Die Ampel in Berlin müsse darauf reagieren. SPD-Generalsekretärin Dörte Liebetruth bezeichnete das Abschneiden in Bayern und Hessen als "große Enttäuschung". Es sei nicht gelungen, "die Wählerinnen und Wähler von sozialdemokratischen Ideen für eine gute Zukunft zu überzeugen". Die Ergebnisse müssten ein Weckruf für die Ampel sein. Statt sich zu streiten, müsse sachorientiert gearbeitet werden.
Niedersachsens Grüne sprechen von stabilen Werten. In "aktuell schwierigen und aufgeheizten Zeiten" sei man in beiden Ländern "gut verankert", sagte die Landesvorsitzende Greta Garlichs. AfD-Fraktionschef Stefan Marzischewski-Drewes nannte die Rekordergebnisse einen "Mega-Erfolg". Nur die AfD stehe für eine wirkliche Politikwende - und das würden immer mehr Wähler erkennen. Die FDP in Niedersachsen will sich erst im Laufe des Tages äußern.
SH: CDU, SPD und FDP machen Ampel mitverantwortlich
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) wertete die Wahlergebnisse als schweren Schlag für die Bundesregierung. Der immense Vertrauensverlust in die Regierung führe zu einem Erstarken der AfD, sagte der CDU-Chef aus Schleswig-Holstein. Die SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli sprach von einem Warnschuss für die Bundesregierung. Man müsse mehr auf die Sorgen und Nöte der Bevölkerung hören, sagte sie auf NDR Info. Die Ampel müsse Streitigkeiten vermeiden und stattdessen ihre Politik besser nach außen tragen.
Auch der FDP-Landesvorsitzende Oliver Kumbartzky macht die Ampel verantwortlich für die Ergebnisse. Es sei völlig klar, dass die Performance in Berlin ein maßgeblicher Faktor für die herben Verluste seiner Partei war.
MV: Grüne zufrieden mit Abschneiden in Hessen
Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Chef Franz-Robert Liskow sagte, dort, wo die Union regiert, gehe es den Menschen deutlich besser. Die Verluste der Ampel-Parteien würden die zunehmende Frustration der Wähler über die Arbeit der Bundesregierung widerspiegeln. Die SPD machte für die Verluste drei Gründe aus: Zum einen den Amtsbonus der beiden Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und Boris Rhein (CDU). In schwierigen Zeiten wählten Menschen eher Beständigkeit, so der Tenor. Außerdem sieht man einen schwierigen Wahlkampf der SPD aus der Opposition heraus und drittens den Fakt, dass es der AfD gelungen sei, aus der Rolle der ostdeutschen Protestpartei herauszukommen.
Man sei jetzt auch im Westen eine starke Kraft, sagte der AfD-Landesvorsitzende Leif-Erik Holm. Die Ampel sei massiv abgestraft worden. Holm forderte von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Neuwahlen. Mecklenburg-Vorpommerns Grüne haben ihren Parteikollegen in Hessen zu ihrem Ergebnis bei der Landtagswahl gratuliert. "Grüne und CDU haben Hessen in herausfordernden Zeiten verlässlich, vernünftig und pragmatisch zusammen regiert. Die Bürger*innen haben an der Wahlurne deutlich gezeigt, dass sie mit der Regierungsarbeit zufrieden sind und sich eine Fortsetzung der Schwarz-Grünen-Koalition wünschen", sagte der Landesvorsitzende Ole Krüger.
Hamburg: "Großartiger Tag" für CDU - SPD enttäuscht
Hamburgs CDU-Chef Dennis Thering schickte nach einem "großartigen Tag für die Union" Glückwünsche nach Wiesbaden und München. Besonders freue es ihn, "dass uns die Menschen gerade in diesen schwierigen Zeiten zutrauen, die Probleme zu lösen und sie unseren klaren Kurs auch honoriert haben". Der SPD-Landesvorsitzende Nils Weiland nannte die Ergebnisse seiner Partei im NDR Hamburg Journal "schlecht und enttäuschend".
Der Grünen-Landesvorsitzende Leon Alam sprach von "für uns guten Ergebnissen" nach schwierigen Wahlkämpfen mit viel Gegenwind. Linken-Sprecher Thomas Iwan sieht für das schwache Abschneiden vor allem das Auftreten seiner Partei auf Bundesebene verantwortlich. AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann sagte, die sehr guten Ergebnisse bestätigten den klaren Kurs seiner Partei "im Bereich einer massiven Zuwanderungsbegrenzung" und seien eine Abstrafung der "völlig bürgerfernen Politik" der Ampel-Koalition. Die FDP-Landesvorsitzende Sonja Jacobsen sagte, dass die Liberalen ihre Regierungsarbeit überprüfen müssen.
CDU in Hessen und CSU in Bayern stärkste Kraft
Bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen waren CSU und CDU am Sonntag stärkste Kraft geworden - sie werden die Ministerpräsidenten stellen. In Bayern lag die CSU mit 37,0 Prozent klar vorne. Ministerpräsident Söder (CSU) möchte die Regierungskoalition mit den Freien Wählern fortsetzen. Erste Gespräche dazu sollen schnell stattfinden. Die AfD wurde drittstärkste Kraft, die FDP verpasste den Sprung in den Landtag deutlich.
In Hessen kam die CDU mit Ministerpräsident Rhein auf 34,6 Prozent. Das zweitbeste Ergebnis fuhr die AfD mit 18,4 Prozent ein. Möglich ist in Hessen die Fortsetzung der bisherigen schwarz-grünen Landesregierung oder ein Bündnis aus CDU und SPD. Die Linke wird im neuen Landtag nicht mehr vertreten sein.
Politikwissenschaftlerin: Ampel muss Sachthemen in den Mittelpunkt stellen
Die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele von der Hertie School of Governance sagte auf NDR Info, dass die geringe Wahlbeteiligung (Bayern: 73,3 Prozent/Hessen: 66,0 Prozent) auch damit zusammenhing, dass es keine große Wechselstimmung in beiden Ländern gegeben habe. Die guten Ergebnisse der AfD in Bayern und Hessen würden zeigen, dass "die Parteienlandschaft nach rechts gerückt" ist. "Die AfD ist nicht nur eine Partei des Ostens, sondern ist auch im Westen angekommen." Die Ampel müsse sich deshalb nun fragen, wie sie die zweite Hälfte ihrer Amtszeit gestalten möchte. Das "harte Miteinander" müsse aufhören, es müsse um Sachthemen gehen und Deutschland vorangebracht werden. Dabei seien Migration und innere Sicherheit zentrale Themen. "Mit einem einfachen 'Weiter so' wird diese Koalition keine weiter Wahl gewinnen", sagte Römmele.
Ob die Ergebnisse der Wahlen neuen Streit in der Ampel-Koalition entfachen werden, müsse man aus ihrer Sicht abwarten. Die FDP sollte sich nach dem Ausscheiden aus dem Landtag in Bayern aber fragen, ob ihre "dauerhafte Opposition in der Koalition letztendlich Früchte trägt".
Zur Zukunft von Nancy Faeser (SPD) nach ihrer Niederlage in Hessen sagte Römmele, sie glaube, dass Faeser weiter Bundesinnenministerin bleiben werde. "Sie hat keine großen Fehler im Wahlkampf gemacht und hatte Rückendeckung von Kanzler Olaf Scholz."