Die Deutsche Bahn hat viele Baustellen: Ob Taktverdichtung, Personalmangel, marode Bahnhöfe oder zu wenig Züge im Regionalverkehr. Auch bei Starkregen und ähnlichen Wetterextremen gibt es schnell Schwierigkeiten auf der Schiene. Zudem habe die Fußball-EM zuletzt gezeigt, dass die Bahn an ihre Grenzen gekommen sei, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) auf NDR Info. "Wir haben eine Infrastruktur, die in die Jahre gekommen ist und die nicht ausreichend widerstandsfähig ist." Die Generalsanierung sei das "mutigste und größte Sanierungskonzept in der Geschichte der Deutschen Bahn", so Wissing.
Notwendige Baumaßnahmen wurden bislang auf mehrere Monate und Jahre verteilt. Das führte zu immer neuen Einschränkungen auf der gleichen Strecke. Bei Kundinnen und Kunden sorgte das für Unverständnis. Es könne nicht so weitergehen, dass defekte Dinge immer nur geflickt oder ersetzt würden, erklärte Verkehrsminister Wissing. "Wir müssen die Infrastruktur einmal runderneuern auf den Hauptkorridoren, weil sie schlicht und einfach bröselt und marode ist."
Einige Strecken wurden viele Jahre lang vernachlässigt. Die Bahn will die Bauarbeiten künftig neu organisieren. Größere Bauarbeiten sollen in einem feststehenden Zeitfenster erfolgen. Auch sollen sich die einzelnen Gewerke besser abstimmen und ihre Maßnahmen bündeln, heißt es. Die sogenannte Generalsanierung gehört zu einer neuen Strategie der Deutschen Bahn: Anstatt einzelne Schäden nach und nach zu reparieren, sollen die nötigen Bauarbeiten am Schienennetz auf bestimmten Abschnitten nun gebündelt erfolgen.
Bis zum Jahr 2030 sollen insgesamt 4.000 Kilometer Gleise auf rund 40 Strecken in Deutschland für insgesamt 87 Milliarden Euro kernsaniert werden. Ebenso viele Kilometer sollen durch "kleinere und mittlere Maßnahmen" verbessert werden. Allein im Jahr 2024 sind es 14 Strecken, 2.000 Kilometer Gleise, 2.000 Weichen, 1.000 Bahnhöfe und 150 Brücken, die für insgesamt 16 Milliarden Euro saniert werden sollen. Der erste Teil der Arbeiten begann Mitte Juli 2024 auf der Hauptstrecke zwischen Frankfurt am Main und Mannheim. Bis Mitte Dezember ist die 70 Kilometer lange Riedbahn voll gesperrt. Modernisiert werden sollen dort unter anderem Gleise, Oberleitungen, Brücken und Bahnhöfe.
Der erste Teil der Bauarbeiten im Jahr 2024 gehört noch nicht zur Generalsanierung. Die Strecke ist anscheinend so überaltert, dass einige Arbeiten nicht mehr warten konnten: "Die Bauarbeiten im Jahr 2024 sind notwendig, damit Züge auch weiterhin mit voller Geschwindigkeit fahren können und es weniger Störungen an der Infrastruktur gibt", hieß es von der Deutschen Bahn. Der Konzern habe intensiv geprüft, ob die Baumaßnahmen dort nicht mit der Generalsanierung der Strecke im Jahr 2025 gebündelt werden könnten. Es müssten aber auch gesetzliche Fristen zur Instandhaltung eingehalten werden, was eine Verschiebung nach hinten unmöglich gemacht habe. Dafür soll die Strecke danach dann über Jahre hinweg baufrei bleiben und die Züge dort zuverlässiger fahren können als bisher.
Nach knapp vier Wochen Sperrung wegen Bauarbeiten ist die ICE-Strecke von Köln nach Frankfurt/Main am 13. August wieder freigegeben worden. Die Sanierungen seien pünktlich beendet worden, alle ICE könnten "wieder uneingeschränkt" rollen - auf "einer der wichtigsten Highspeed-Strecken Deutschlands", teilte die Deutsche Bahn mit. Zuvor mussten Reisende Umleitungen mit längeren Fahrtzeiten in Kauf nehmen.
Die Bauwirtschaft vermisst langfristige finanzielle Zusagen aus der Politik und kritisiert, dass der Zeitplan zu kurz ist. Die Unternehmen könnten bis heute keine realistische Zeitplanung machen, so Tim-Oliver Möller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie. Auch wenn die jetzt gesperrte Strecke Frankfurt-Mannheim gut geplant sei: Anderen Projekten fehle die Finanzsicherheit, sagt Christian Böttger von der HTW Berlin. Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt die Initiative. Die Sanierung gehe "am schnellsten, wenn an allen Gleisen der Strecke gearbeitet wird und die Arbeiten nicht durch am parallelen Gleis vorbeifahrende Züge eingeschränkt werden müssen", sagte Karl-Peter Naumann von Pro Bahn gegenüber tagesschau.de.