Antisemitische Hasspostings: Wohnungen im Norden durchsucht
Ermittler sind am Dienstag gegen antisemitische Hassbotschaften im Internet vorgegangen. Die Fallzahlen steigen laut Bundeskriminalamt (BKA) stark. Auch in Norddeutschland wurden Wohnungen durchsucht.
In Niedersachsen hat die Polizei vier Wohnungen in Hannover, Stade und dem Emsland durchsucht, wie die zuständige Staatsanwaltschaft Göttingen mitteilte. Einsatzkräfte stellten Smartphones, Tablets und Computer sicher. Bei den Verdächtigen handele es sich um einen 33-Jährigen und eine 42-Jährige aus Hannover, einen 21-Jährigen aus dem Emsland und einen 69-Jährigen aus Stade. Ermittelt wird wegen Volksverhetzung und Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Zudem soll die 42-Jährige aus Hannover einen Onlinehandel betrieben haben - unter anderem mit Stickern. Gegen sie wird zusätzlich wegen des Verstoßes des Vereinsgesetzes ermittelt.
In Hamburg wurden Wohnungen durchsucht
Deutschlandweit habe es am Dienstag 127 polizeiliche Maßnahmen gegeben, teilte das Bundeskriminalamt (BKA) mit. Die Polizei durchsuchte mehr als 50 Wohnungen. Auch in Schleswig-Holstein und Hamburg schlug die Polizei zu: In der Hansestadt wurden fünf Wohnungen in Bahrenfeld, Eißendorf, Lohbrügge, Rothenburgsort und Tonndorf durchsucht. Dabei stellten Einsatzkräfte mehrere Handys und Laptops sicher. Bei den Verdächtigen handelt es sich unter anderem um eine 18- und eine 45-jährige Frau, die online Israelflaggen zur Schau gestellt haben, welche anstatt des Davidsterns ein Hakenkreuz zeigten. Gegen einen 54-Jährigen wird ebenfalls ermittelt, der sich beim Kurznachrichtendienst "X" volksverhetzend und holocaustverherrlichend geäußert haben soll. Laut den Ermittlern gibt es keinen Zusammenhang zwischen den Taten. Knapp zwei Drittel der bundesweiten Durchsuchungen basierten laut BKA auf Ermittlungen im Bereich der politisch motivierten Kriminalität von rechts. Dazu kämen Fälle wegen ausländischer oder religiöser Ideologie. Die häufigsten Straftaten seien Volksverhetzung, Beleidigung von Personen des politischen Lebens und das Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
BKA: Zahl der antisemitischen Straftaten deutlich gestiegen
"Die polizeilich registrierten Fallzahlen von Hasspostings mit antisemitischer Gesinnung sind in den letzten Jahren erheblich angestiegen", teilte das BKA weiter mit. Die Zahlen hätten sich von 2020 (368) bis 2023 (1.671) mehr als vervierfacht. Das liege auch daran, dass eine zentrale Meldestelle "das Dunkelfeld im Netz immer weiter aufhellt". Dennoch müsse weiterhin von einem großen Dunkelfeld ausgegangen werden. Auch die insgesamt erfassten antisemitischen Straftaten seien deutlich gestiegen - vor allem nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Der überwiegende Teil wurde dem rechten Spektrum zugeordnet. Die größte Steigerung sei aber in den Bereichen ausländische oder religiöse Ideologie zu verzeichnen.
"Hasskriminalität hat Konsequenzen"
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete Hasskriminalität im Netz als "Nährboden für Radikalisierung und Gewalt." Der Aktionstag sei deshalb "genau das harte Vorgehen, das wir brauchen: Wenn die Polizei vor der Tür steht, wird jedem Täter klar, dass Hasskriminalität Konsequenzen hat." Für die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sind der Kampf und das Aufstehen gegen Antisemitismus noch immer keine Selbstverständlichkeit. "Umso wichtiger ist es, dass unsere Sicherheitsbehörden konsequent und entschlossen gegen jegliche Form des Antisemitismus vorgehen."