Bürgerschaftswahl: Was die Parteien zum Thema Verkehr fordern
Die Verkehrssituation ist eines der größten Alltagsprobleme und wird im NDR Hamburg-Trend von den Befragten als wichtigstes Thema bei der Bürgerschaftswahl genannt.
Alle Hamburger Parteien greifen das Thema in ihren Wahlprogrammen auf und sprechen sich für eine angemessene und faire Berücksichtigung der verschiedenen Verkehrsteilnehmenden aus. Was das konkret bedeuten soll, unterscheidet sich aber deutlich.
Tempolimits und Parkplätze
Sehr verschieden ist zum Beispiel die Bewertung des Autoverkehrs. Der steht bei der CDU für individuelle und wirtschaftliche Freiheit. Im CDU-Wahlprogramm fordert die Union Tempo 60 auf großen Hauptstraßen. Im SPD-Wahlprogramm ist die Regelgeschwindigkeit 50 und Tempo 30 in Seitenstraßen genannt. Und im Grünen-Wahlprogramm werden mehr Tempo-30-Zonen versprochen. Im Wahlprogramm der Linken wird sogar gefordert, Tempo 30 zur Regelgeschwindigkeit zu machen. Im AfD-Wahlprogramm, FDP-Wahlprogramm, und im Programm von Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wird hingegen ein flächendeckendes Tempolimit bei 30 km/h abgelehnt. Das BSW fordert aber mehr Tempo-30-Zonen in Wohngebieten.
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Breiten Raum nimmt auch das Thema Parken ein. Die SPD will einen "Masterplan Parken" erstellen. Wo der Parkdruck besonders hoch ist, soll der Abbau von Parkplätzen gestoppt werden, bis es Alternativen gibt, etwa Quartiersgaragen. Auch CDU, FDP und AfD wünschen sich solche Garagen oder generell mehr Parkplätze. Das bisherige Anwohnerparken lehnen diese drei Parteien ab, ebenso wie Linke. Die Grünen wollen das Quartiersparken ausbauen und die Preise nach Fahrzeuggröße staffeln. Das BSW fordert eine kostenlose Parkraumnutzung für Firmen wie Handwerksbetriebe und Pflegedienste während der Auftragsabwicklung.
Straßenausbau und Baustellen in Hamburg
Die SPD setzt auf die Verlängerung der Autobahn 26 in Richtung Osten. Damit sollen die A1 und die A7 verbunden, der Hafen besser erschlossen und Harburg entlastet werden. CDU und AfD wollen auch die A26-Ost und zwar schneller, als bisher geplant, sowie eine neue Köhlbrand-Querung. Ebenso die FDP, die sogar einen Autobahnring rund um Hamburg schaffen will.
Die Linke lehnt den Weiterbau der A26 nach Osten ab und fordert auf bestehenden Autobahnen die Einrichtung von Busspuren. Die Grünen geben der Sanierung bestehender Straßen den Vorzug vor Neubauten und wollen generell eine Abkehr von der autogerechten Stadt. Die Linke plädiert für mehr Einbahnstraßen in Wohnquartieren und autofreie Sonntage bei kostenloser HVV-Nutzung.
CDU, AfD, FDP und BSW fordern intelligente Ampeln und Verkehrsleitsysteme, sowie eine bessere Baustellenkoordination. Die SPD will das Baustellen-Management professionalisieren und digitalisieren.
Busse, Bahnen und Fähren
Die umfangreichsten Ausbaupläne für den öffentlichen Nahverkehr finden sich bei Grünen und SPD. Beide setzen auf neue U- und S-Bahnlinien: Die U4, die die Grünen nach Jenfeld und Wilhelmsburg verlängern wollen, die komplett neue U5, die S4 nach Rahlstedt, und die S5 nach Schnelsen und Kaltenkirchen. Beide Parteien wollen die Bahnstrecke zwischen Bergedorf und Geesthacht reaktivieren und die Grünen wollen zusätzlich Personenverkehr auf der Güterumgehungsbahn prüfen. Das BSW fordert einen S-Bahn-Ring, der eine schnelle Verbindung zwischen Neugraben und Altona schafft. Außerdem will die Partei, dass S-Bahnen nicht nur am Wochenende, sondern auch in der Woche nachts durchfahren. Und sie fordert einen Ausbau des Fährverkehrs auf der Elbe, dabei sollen auch Autofähren geprüft werden.
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Die SPD nennt als Ziel einen dichten "Hamburg-Takt", der in Randgebieten durch selbstfahrende Kleinbusse und Shuttle-Dienste hergestellt wird. Neben solchen Fahrdiensten wollen die Grünen auch die HADAG-Fähren ausbauen. Das unterstützt auch die Linke, die aber das Großprojekt U5 ablehnt und stattdessen lieber eine Straßenbahn sähe. Straßenbahn oder U-Bahn? Für die AfD sind beides konzeptlose, teure Leuchtturmprojekte, die sie ablehnt. Die CDU unterstützt dagegen die Pläne für neue U- und S-Bahnstrecken. Sie bringt zusätzliche eine Verlängerung der U1 nach Ulzburg ins Gespräch und möchte neue Park+Ride-Anlagen am Hamburger Stadtrand bauen, um die Zahl der Autopendler zu senken. Die FDP will technologieoffen den Bau neuer Strecken in die Außenbezirke prüfen und schlägt dafür Light Rail-Systeme vor. Das sind leichte Fahrzeuge, die zum Beispiel auf Ständern oberhalb des Erdbodens fahren könnten.
Tarife im HVV vereinfachen
Das Deutschlandticket erwähnen alle Parteien (bis auf die AfD) als Grundlage für die Gestaltung der Nahverkehrspreise. SPD und Grüne wollen es beibehalten mit Rabatten für Azubis, Studierende und Senioren und dem kostenlosen Schülerticket. Die CDU will sogar ein kostenloses Azubi-Ticket und Gratis-Parken auf Park+Ride-Parkplätzen. Die Linke strebt bis 2030 einen kompletten Nulltarif in allen Nahverkehrsmitteln an.

SPD, FDP und AfD wollen das HVV-Tarifsystem auch für gelegentliche Nutzerinnen und Nutzer ohne Monatskarte vereinfachen. Die CDU will dabei auch die Möglichkeit zur Barzahlung erhalten.
Streitpunkt Radwege
Die Grünen wollen dem Beispiel von Kopenhagen folgen und Hamburg nach und nach zur Fahrradstadt umbauen. Sie wollen dafür jedes Jahr 100 Kilometer neuer Radwege bauen, möglichst 2,5 Meter breit und getrennt von Auto- und Fußverkehr. In sogenannten "Superblocks" sollen nach dem Vorbild von Barcelona kleine Quartiersstraßen für den Autoverkehr gesperrt und für Grünflächen, Fuß- und Radverkehr genutzt werden. Auch die SPD will Radwege modernisieren und das Veloroutennetz sowie die Radschnellwege ins Umland weiterbauen.
Für weitere Planungen setzt sie aber auf Alltagsstrecken zu Ortszentren oder Bahnstationen. Die FDP sieht im Fahrrad vor allem ein Verkehrsmittel für die letzte Meile - also von oder zu Umsteigepunkten. Die CDU betont die Sicherheit von Radwegen. Sie sollten baulich abgegrenzt sein und könnten auch abseits der Hauptverkehrsachsen in Seitenstraßen angelegt werden. Die AfD will die geplanten Velorouten zwar zu Ende bauen, lehnt ein größeres Radschnellnetz aber ab. Die Linke wünscht sich dagegen sogar mehr und breitere Radwege und will die Nutzung von Lastenrädern in Betrieben fördern.
SPD, Grüne, CDU, Linke, AfD, BSW und FDP sind sich in einem Punkt einig: Sie wollen das wilde Abstellen von E-Scootern besser organisieren oder sogar unter Strafe stellen.
Sicher zu Fuß
Wer in Hamburg zu Fuß unterwegs ist, soll besser geschützt werden, das schreiben sich alle Parteien auf die Fahnen. Die SPD setzt auf eine Fußverkehrsstrategie, bei der die verschiedenen Wege der Verkehrsteilnehmerinnen und - teilnehmer besser verknüpft oder voneinander getrennt werden.

Die Grünen wollen Fußgängerinnen und Fußgänger bei Ampelschaltungen priorisieren. Die CDU setzt auf eine Beleuchtungsoffensive gegen zu dunkle Straßen und Plätze. Das will auch die FDP. Die Linke will Gehwege schneller reparieren und an Kreuzungen und Einmündungen die Bordsteine absenken. Die AfD will, dass Bürgersteige ausschließlich den Fußgängerinnen und Fußgängern gehören.
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