Zwei Hände halten eine Schallplatte von The Beatles in die Kamera. © Screenshot

"Yeah, Yeah, Yeah": Die Beatlemania gab es auch in der DDR

Stand: 20.01.2024 14:52 Uhr

Der Musikjournalist Wolfgang Martin hat das Buch "Schluss mit dem Yeah, Yeah, Yeah? Die Beatles und die DDR" geschrieben. Bei einem Treffen erinnert er sich an seine Begeisterung als "Hardcore"-Beatles-Fan und die Abwehrversuche der DDR-Führung. 

von Max Burk

Mitte der 1960er-Jahre bricht die Beatlemania aus: Die Beatles belegen Platz 1 bis 5 der Hitparaden und kommen 1966 für Konzerte auch nach Westdeutschland. In der DDR waren sie nie, doch auch hier liegen ihnen die Fans zu Füßen. 

Beatles-Fantum in der DDR: "Eine Etage höher als bei Elvis" 

Ein Mann in einem "Abbey Road"-T-Shirt lächelt in die Kamera. © Screenshot
Bis heute großer Fan der Pilzköpfe: Beatles-Kenner und Autor Wolfgang Martin

"Diese Explosion, die die Beatles losgetreten haben, hat damals alle musikbegeisterten jungen Menschen ergriffen, über Länder und Grenzen hinweg", erinnert sich der Musikjournalist Wolfgang Martin, der 1952 im brandenburgischen Luckenwalde geboren wurde. "Man hat sich ausgetauscht, gegenseitig Musikkassetten überspielt. Dieses Fantum, das noch einmal eine Etage höher als beim Elvis-Kult lag, hat uns alle zusammengeschweißt."  

Ein Besuch in Martins Zuhause zeigt: In jedem Zimmer findet sich ein kleiner Schrein mit Beatles-Devotionalien. Auch die Regale stehen voll: Schallplatten, Bücher, Poster - sogar Action-Figuren der berühmten Liverpooler hat der Journalist in seiner Sammlung. 

Rar und begehrt: Schallplatten wie Goldstaub

Auf einem Tisch liegen Schallplatten von The Beatles, darüber liegen zwei Hände. © Screenshot
Einige von Wolfgang Martins Beatles-Platten aus DDR-Produktion

Martin wird in der DDR als Teeanager zum Beatles-Fan. Bis heute prägt ihn die Musik der Pilzköpfe. "Ich gehörte schon wirklich zu den Hardcore-Fans und habe alles aufgesogen, was ich von den Beatles bekommen konnte. Es war unter den Bedingungen in der DDR allerdings gar nicht so einfach, an diesen Goldstaub ranzukommen - auch an die landeseigenen Platten. Ich war natürlich super stolz, wenn ich die in die Hände kriegte."

1965 spielen die Rolling Stones in West-Berlin auf der Waldbühne vor über 20.000 Fans. Die Menge ist entfesselt. Die Bilder der jungen Fans im Beat-Fieber sorgen für totales Unverständnis bei der Elterngeneration. Das Konzert muss nach 30 Minuten abgebrochen werden, als Fans die Bühne stürmen.  

Walter Ulbricht schimpft über "Dreck aus dem Westen"

Die Bilder der Verwüstung erreichen auch die Führung der DDR. Walter Ulbricht zürnt in einer Rede: "Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie, mit dem Yeah, Yeah, Yeah und wie das alles heißt, sollte man doch Schluss machen." 

Weitere Informationen
Jugendliche beim Tanz auf der Berliner Wuhlheide im Mai 1964. © picture-alliance / dpa | ZB

Erst gefördert, dann bekämpft: Die Beatbewegung in der DDR

Auch in der DDR entstehen Anfang der 60er Beatgruppen. Doch als sich jugendliche Opposition bildet, wird sie niedergeschlagen. mehr

Martin erläutert: "Das war die große Angst vor allem ‘Dekadenten’, was da aus dem Westen rüber geschwappt kam. Man hatte eine Moralvorstellung davon, wie die sozialistische Jugend zu ticken hat. Sie sollte halt nicht versaut werden."

Der Sound für eine ganze Musiker-Generation  

Doch der Beat-Boykott bewirkte genau das Gegenteil: Eine ganze Musiker-Generation orientierte sich jetzt am Beatles-Sound. So schildert es Wolfgang Martin in seinem Buch "Schluss mit dem Yeah, Yeah, Yeah? Die Beatles und die DDR". Zur Popularität der Band unter Ost-Musikern sagt der Autor: "Der meist gesprochene oder geschriebene Satz ist der: ‘Ohne den Einfluss der Beatles wäre meine musikalische Karriere vermutlich anders verlaufen.’ Die hatten natürlich auch Einflüsse anderer Gruppen wie den Rolling Stones. Aber die Beatles waren nun mal die Ersten und blieben immer das Wichtigste für die meisten." 

Weitere Informationen
Ein Schwarz-Wei?-Foto einer Band auf der Bühne © picture alliance/dpa Foto: picture alliance/dpa

"Now and Then": Letzter Beatles-Song mit Video von Peter Jackson

Mehr als 50 Jahre nach der Trennung der Beatles ist ein letzter Song der Band erschienen - KI macht es möglich. Das Musikvideo stammt von Peter Jackson. mehr

Stefanie Hempel singt bei ihrer Beatles-Show im St. Pauli Theater auf der Bühne. © Screenshot
3 Min

Stefanie Hempel feiert die Beatles im St. Pauli Theater

Die Hamburgerin startet ihre eigene regelmäßige Show mit vielen Geschichten, Gästen und natürlich Musik der "Fab Four". 3 Min

Eine Puppe schaut aus einem runden Bullauge heraus. © NDR/Sesame Workshop
2 Min

In dem grün-gelben U-Boot

Im grün-gelben U-Boot wird gesungen und musiziert. 2 Min

Zwei Männer lachen herzlich und stehen nebeneinander. © Franziska Dieckmann / NDR Foto: Franziska Dieckmann / NDR

Brahms meets Beatles: Guy Braunstein & Julien Quentin

Guy Braunstein ist ein gefragter Klassik-Violinist. Gelegentlich unternimmt er Ausflüge in die Popmusik. mehr

Blick auf eine Bühne. Vier junge Männer stellen die Beatles in ihren Anfängen nach. © Screenshot
3 Min

Musical “Backbeat - Die Beatles in Hamburg” feiert Premiere

Im Altonaer Theater werden die Anfänge der Beatles mit allen Höhen und Tiefen erzählt. Ihre Musik darf dabei nicht fehlen. 3 Min

Beatles-Expertin Stefanie Hempel spielt Ukulele vor dem Indra in St. Pauli. © NDR Foto: Heiko Block
5 Min

Auf Beatles-Spuren in Hamburg mit Stefanie Hempel

Stefanie Hempel bietet Beatles-Touren an, zeigt die für die Band wichtigsten Orte Hamburgs und erzählt vom Start der Karriere. 5 Min

Der Schriftsteller Hermann Kant. © Bundesarchiv Foto: Peter Koard

Die SED und ihre kontroverse Kulturpolitik

Die Kulturpolitik der SED war jeher ein Balanceakt - für Schriftsteller und für Parteifunktionäre gleichermaßen. mehr

Petra Zieger und Band bei der Veranstaltung "Rock für den Frieden" im Jahr 1987 in Ostberlin. © picture-alliance/ ZB Foto: Günter Gueffroy

Musik in der DDR: Wie lenkbar ist Musikkultur?

Die DDR-Regierung kontrollierte die Musik der DDR. Jugendliche sollten nach sozialistischen Idealen erzogen werden. West-Stars dienten als Propaganda-Mittel. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur - Das Journal | 22.01.2024 | 22:45 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

DDR

Rock und Pop

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Porträt von Philipp Schmid © NDR Foto: Sinje Hasheider

Philipps Playlist

Philipp Schmid kennt für jede Lebenslage die richtige Musik. Egal ob Pop, Klassik oder Jazz. Träumt Euch zusammen mit ihm aus dem Alltag! mehr

Peter Urban © NDR Foto: Andreas Rehmann

Urban Pop - Musiktalk mit Peter Urban

Spannende Stories, legendäre Konzerte, bewegende Begegnungen: Peter Urban hat viel erlebt und noch mehr zu erzählen. mehr

Mehr Kultur

Die Schauspielerin Katharina Thalbach sitzt auf einem Sofa. © Screenshot

Katharina Thalbach mit "Ein Wintermärchen" wieder in der Elphi

"Ein Wintermärchen" mit Katharina Thalbach in der Elbphilharmonie ist fast ein Klassiker. Heute ist die erste von neun Aufführungen. mehr