"Yeah, Yeah, Yeah": Die Beatlemania gab es auch in der DDR
Der Musikjournalist Wolfgang Martin hat das Buch "Schluss mit dem Yeah, Yeah, Yeah? Die Beatles und die DDR" geschrieben. Bei einem Treffen erinnert er sich an seine Begeisterung als "Hardcore"-Beatles-Fan und die Abwehrversuche der DDR-Führung.
Mitte der 1960er-Jahre bricht die Beatlemania aus: Die Beatles belegen Platz 1 bis 5 der Hitparaden und kommen 1966 für Konzerte auch nach Westdeutschland. In der DDR waren sie nie, doch auch hier liegen ihnen die Fans zu Füßen.
Beatles-Fantum in der DDR: "Eine Etage höher als bei Elvis"
"Diese Explosion, die die Beatles losgetreten haben, hat damals alle musikbegeisterten jungen Menschen ergriffen, über Länder und Grenzen hinweg", erinnert sich der Musikjournalist Wolfgang Martin, der 1952 im brandenburgischen Luckenwalde geboren wurde. "Man hat sich ausgetauscht, gegenseitig Musikkassetten überspielt. Dieses Fantum, das noch einmal eine Etage höher als beim Elvis-Kult lag, hat uns alle zusammengeschweißt."
Ein Besuch in Martins Zuhause zeigt: In jedem Zimmer findet sich ein kleiner Schrein mit Beatles-Devotionalien. Auch die Regale stehen voll: Schallplatten, Bücher, Poster - sogar Action-Figuren der berühmten Liverpooler hat der Journalist in seiner Sammlung.
Rar und begehrt: Schallplatten wie Goldstaub
Martin wird in der DDR als Teeanager zum Beatles-Fan. Bis heute prägt ihn die Musik der Pilzköpfe. "Ich gehörte schon wirklich zu den Hardcore-Fans und habe alles aufgesogen, was ich von den Beatles bekommen konnte. Es war unter den Bedingungen in der DDR allerdings gar nicht so einfach, an diesen Goldstaub ranzukommen - auch an die landeseigenen Platten. Ich war natürlich super stolz, wenn ich die in die Hände kriegte."
1965 spielen die Rolling Stones in West-Berlin auf der Waldbühne vor über 20.000 Fans. Die Menge ist entfesselt. Die Bilder der jungen Fans im Beat-Fieber sorgen für totales Unverständnis bei der Elterngeneration. Das Konzert muss nach 30 Minuten abgebrochen werden, als Fans die Bühne stürmen.
Walter Ulbricht schimpft über "Dreck aus dem Westen"
Die Bilder der Verwüstung erreichen auch die Führung der DDR. Walter Ulbricht zürnt in einer Rede: "Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie, mit dem Yeah, Yeah, Yeah und wie das alles heißt, sollte man doch Schluss machen."
Martin erläutert: "Das war die große Angst vor allem ‘Dekadenten’, was da aus dem Westen rüber geschwappt kam. Man hatte eine Moralvorstellung davon, wie die sozialistische Jugend zu ticken hat. Sie sollte halt nicht versaut werden."
Der Sound für eine ganze Musiker-Generation
Doch der Beat-Boykott bewirkte genau das Gegenteil: Eine ganze Musiker-Generation orientierte sich jetzt am Beatles-Sound. So schildert es Wolfgang Martin in seinem Buch "Schluss mit dem Yeah, Yeah, Yeah? Die Beatles und die DDR". Zur Popularität der Band unter Ost-Musikern sagt der Autor: "Der meist gesprochene oder geschriebene Satz ist der: ‘Ohne den Einfluss der Beatles wäre meine musikalische Karriere vermutlich anders verlaufen.’ Die hatten natürlich auch Einflüsse anderer Gruppen wie den Rolling Stones. Aber die Beatles waren nun mal die Ersten und blieben immer das Wichtigste für die meisten."