Michael Jacksons Geniestreich: 40 Jahre "Thriller"
"Thriller" von Michael Jackson ist das erfolgreichste Album aller Zeiten: Über 100 Millionen Mal soll sich die Platte von 1982 laut dem Plattenlabel Smi Epc (Sony Music) verkauft haben. Vor 40 Jahren wurde "Thriller" veröffentlicht.
Schon als Kind war er ein Star: Michael Joseph Jackson - geboren 1958 in Gary, Indiana. Sein herrischer Vater schimpfte und prügelte ihn zu Höchstleistungen - eine richtige Kindheit sollte er nie haben. Bereits mit sieben Jahren war er mit The Jackson Five sehr erfolgreich. Der kleine Michael, das achte von zehn Kindern, avancierte bei seiner Band zum Leadsänger. Diese Stimme! Schon damals waren die Leute von ihm begeistert. Doch auch wenn er dem Motown-Soul der Jackson Five noch Jahre lang treu bleiben sollte, arbeitete Michael Jackson bereits mit 13 Jahren an seiner Solokarriere.
Beginnende Solo-Karriere von Michael Jackson
Eben jene lief auch gut, mündete 1979 mit "Off The Wall" in dem bis dahin erfolgreichsten Album eines schwarzen Künstlers. Und trotzdem war der Künstler unzufrieden: Seiner Meinung nach sei es "total ungerecht", nicht den Grammy für das Album des Jahres bekommen zu haben.
Große Cover-Stories mit ihm gebe es auch nicht, er fühlte sich allgemein von der Musikindustrie nicht genügend wertgeschätzt. Seinem Manager John Branca soll er damals gesagt haben: Er wolle der größte und wohlhabendste Star des Showgeschäfts werden.
1982: Albumaufnahmen zu "Thriller"
Ein ordentlicher Druck, mit dem man am 14. April 1982 die Aufnahmen zu Michael Jacksons sechstem Solo-Album begann. Im Alter von nicht ganz 24 Jahren war es bereits das 19. seiner Karriere. Wie bereits zuvor bei "Off The Wall", kam als Produzent Quincy Jones zum Einsatz. Als Vorbild soll interessanterweise Tschaikowskys Nussknacker-Suite gedient haben: Laut Jacko sei jedes Lied des Balletts ein Hit, folglich sollten auch auf seiner Platte nur "Killer" zu finden sein.
Von Paul McCartney bis Eddie Van Halen
Innerhalb eines knappen halben Jahres wird das Album aufgenommen. Im Studio war nur die oberste Riege an Premiummusikern zugelassen, zum Beispiel Miles Davis-Schlagzeuger Leon Ndugu Chancler. Als Vorab-Single wurde das Duett "The Girl Is Mine" mit Ober-Beatle Paul McCartneyveröffentlicht; schon hier ein Anzeichen auf ein interkulturelles Pop-Album zwischen Schwarz und Weiß. Bei "Beat It" spielte Steve Lukather von Toto Rhythmusgitarre, das Solo im Song spielte niemand geringeres als Hard-Rock-Legende Eddie Van Halen - übrigens ohne Geld dafür zu verlangen.
Thriller steht am 8. November 1982 in den Läden
Etwa 30 Songs waren entstanden, von denen es am Ende der hastigen Aufnahmen neun Songs auf das Album schafften. Grund dafür: Weniger Songs, gleich mehr Platz auf einer Schallplatte, dadurch ein besserer Sound - die Musik durfte auf gar keinen Fall blechern klingen. Ende Oktober wurde Tag und Nacht durchgearbeitet, einmal sollen sogar die Studiolautsprecher gebrannt haben. Am 8. November 1982 waren die Aufnahmen abgeschlossen, nur 22 Tage später stand "Thriller" in den Läden. Eine absurd kurze Zeit, noch absurder waren die kommenden Monate.
Musik-Videos kurbelten die Verkäufe an
Die Verkäufe von "Thriller" verliefen zunächst gemächlich. Richtig angekurbelt wurden die Absätze durch MTV: "Billie Jean" machte den Anfang bei dem Musikvideosender, der zu dieser Zeit für weiße Rockmusik steht. Nach viel Überzeugungsarbeit eines Plattenfirmenbosses - und der Androhung, alle anderen Videos des Labels nicht mehr spielen zu dürfen - entwickelte sich der Song dann zum Quotenhit.
Auch das Video zu "Beat It" wurde ein Erfolg, und ab Februar 1983 stand das Album "Thriller" endlich auf Platz 1 der Charts. Dort sollte es 17 Wochen in Folge stehen, insgesamt 37 Wochen, mehr als 80 Wochen war es in den Top 10. Das erste Album, das dort länger als ein Jahr war.
Das Gruselvideo zu "Thriller"
Etwa eine Million Exemplare von "Thriller" gingen zeitweise über den Ladentisch. Die Erfolge der Singles "Billie Jean" und "Beat It", aber auch der Premiere des "Moonwalk" während eines TV-Auftritts, ließen die Albumzahlen ins astronomische steigen.
Im Dezember 1983, ein Jahr nach der Albumveröffentlichung, kam der endgültige Geniestreich, und noch mehr Superlative: Das Video zu "Thriller" war das bis dahin teuerste mit 500.000 Dollar Produktionskosten. Mit 14 Minuten Spielzeit war es doppelt so lang wie das eigentliche Lied, ein eigenständiger Film. Zeitweise lief das heute berühmteste Musikvideo aller Zeiten zweimal stündlich bei MTV - wegen der hohen Nachfrage. Auf den Schulhöfen weltweit wurde das Gruselvideo zu "Thriller" das Thema schlechthin.
Ein paar kuriose Randdaten: Ursprünglich sollte der Song "Starlight Love" oder "Starlight Sun" heißen. Um bei den Zeugen Jehovas nicht rauszufliegen, ließ Jacko zu Beginn des Musikvideos einblenden, dass er mit Okkultismus nichts am Hut habe. Während er wenig später als Werwolf, dann als Zombie den Pop in andere Sphären katapultierte: Beeinflusst von 50er-Jahre Horrorstreifen zählt die Tanz-Choreografie als bahnbrechend, inspirierte dazu Generationen von Künstler*innen wie Justin Timberlake oder Britney Spears.
Ein Meilenstein der Popgeschichte
Erfolg kann nicht geplant, Hits nicht einkalkuliert werden, zumindest nicht in diesen Dimensionen. Doch "Thriller" hatte alles, was ein Hit-Album haben musste: Abwechslungsreich und massentauglich für alle. Jackson war der einzigartige Megastar geworden, mit seinem Gesang, seinem Sound, seinem Tanz, seinem Aussehen. Mehr als je zuvor besaß er nun diese enorme schillernde Anziehungskraft. 2001 sagte Produzent Quincy Jones: "Damit eine Platte so einschlagen kann, muss sie in mindestens fünf oder sechs verschiedenen Disziplinen angreifen: Soul, Beat, Balladen, was zum Tanzen, Rock 'n' Roll."
Das Album wurde zum Höhepunkt der Popgeschichte: Es räumte nicht nur bei den Grammys ab, es überholte auch die Verkäufe des bisherigen Platzhirschs "Dark Side Of The Moon" von Pink Floyd. Die Platte wurde eine für alle Hörerschichten und Statistikfans, verbündete Pop, Rock, Funk, Soul, R&B und ein bisschen Disco. Das Album setzte Standards für die Musikindustrie, allein schon aus Marketingperspektive: Von den neun Songs auf "Thriller" wurden sieben zu Top-10-Hits. Ein Rekord, der erst in den 2020er-Jahren durch Taylor Swift und Drake gebrochen wurde. Die Albumverkäufe sind bis heute nicht eingeholt worden: Etliche Male wurde es mit Platin- und sogar Diamant-Schallplatten ausgezeichnet.
Mit Neuauflagen des Albums wird weiterhin Geld verdient
Dieser Ausnahmeerfolg ist ein Garant für weiteren Erfolg: mit Wiederveröffentlichungen wird noch mehr Kasse gemacht. So bereits geschehen zum 25. Jubiläum mit zusätzlichen Remixes, die niemand so recht gebraucht hat. Auch zum 40. Geburtstag gibt es eine Neuauflage mit "neuen" Songs: Das sind eigentlich Demo-Versionen, dazu ein gewisses "Starlight" (also der Song "Thriller" in einer Rohfassung und mit anderem Text) und die beiden Songs "Carousel" und "Can't Get Outta The Rain". Ulkig anzuhören, aber mal ehrlich: Wäre auch nur einer dieser Titel ein wirklicher "Killer" gewesen, dann hätte man den bereits 1982 mit aufs Album gequetscht.
Es kommt wirklich sehr selten vor, dass ein Künstler Hits auf dem Speicher vergisst - oder nicht zumindest zeitnah veröffentlicht. So ist das Zusatzmaterial 2022 eher etwas für die Alles-Haben-Müsser*innen unter den Fans, und landet bei den meisten dann doch eher als Staubfänger im Regal.
Michael Jackson als Ikone: Der King of Pop
Mit "Thriller" wurde Michael Jackson vom Menschen zur Erscheinung: Jetzt war er der größte Entertainer seit den Beatles, das größte Einzelphänomen seit Elvis Presley. Ehrfürchtig hieß es nun: "Michael Jackson - King Of Pop". Ein extrem erfolgreicher Exzentriker samt überdimensionalem Ego; ein Kunstwesen, das mit Pomp, Größenwahn, Fantasieuniformen, Glitzerhandschuhen und weißen Tennissocken die 80er prägte wie niemand anders. Seine enorme Bekanntheit machte ihn noch mysteriöser, der Erfolg rund um "Thriller" ließ ihn zum abgedreht-sonderbaren Überirdischen mutieren. Wie er es sich gewünscht hatte: der größte Künstler der Welt.
Manche sehen in "Thriller" aber auch gleichzeitig den Start des Verfalls von Michael Jackson: Seine körperlichen Veränderungen ab dem Album "Bad", seine seltsamen Wesenszüge, die Paranoia und der nie enden wollende Gossip rund um seine kontroverse Person und die "Neverland Ranch" sollten Jackson bis an sein Lebensende begleiten.
Als Michael Jackson 2009 im Alter von nur 50 Jahren an Herzversagen verstarb, war er immer noch dieses kaum greifbare Wesen, samt diversen Anschuldigungen des Kindesmissbrauchs, Prozessen und Bankrottgerüchten. Trotz der umstrittenen Person: Was bleibt ist eines der größten Werke der Popmusik, ob nun schwarz oder weiß. Denn "Thriller" ebnete den Weg vor allem für viele schwarze Künstler*innen, die Platte beeinflusst bis heute.