Elvis zum 90.: "Er hatte alles, was ein Popstar haben sollte"
Vor 90 Jahren wurde Elvis Presley geboren - gestorben ist er 1977 mit 42 Jahren. Aber Elvis lebt weiter: in seiner Musik und in Form von vielen Elvis-Imitatoren. Einer der bekanntesten ist "Shelvis", Shazad Eikmeier aus Hamburg.
Was macht die Faszination Elvis bis heute aus?
Shelvis: Auf jeden Fall war Elvis eine Figur, die einfach alles hatte, was ein Popstar haben sollte: Er sah toll aus, hatte ein außergewöhnliches Outfit und eine sagenhafte Stimme, die so flexibel war wie von keinem anderen. Es gibt keinen zweiten Künstler, der sich auch über die Jahrzehnte so stark äußerlich und musikalisch verändert hat. Das ist das Faszinierende: Es waren praktisch drei Personen - der Fünfziger-, der Sechziger- und der Siebziger-Elvis - in einer.
Er ist sehr früh gestorben. Was hätte er in den Achtzigern, in den Neunzigern gemacht. Was würde er wohl heute noch machen?
Shelvis: Das ist das große Rätsel, was er getan hätte. Da er ein sehr großer Anhänger von Gospelmusik war - mit dieser Musik ist er groß geworden - kann ich mir sehr gut vorstellen, dass er eine große Kirchentournee gemacht hätte und in den weltgrößten Kirchen Gospelkonzerte gegeben hätte. Ich habe auch mal die Vorstellung gehabt, wie es wäre, wenn Elvis vor historischen Monumenten, wie vor den Pyramiden in Kairo oder in Japan auftreten würde.
Hat er den Rock 'n' Roll erfunden oder hat er nur eine besonders charismatische Ausstrahlung gehabt, dass ihn die Leute noch immer als King of Rock 'n' Roll in Erinnerung haben?
Shelvis: Er hat ihn natürlich nicht erfunden. Ohne die farbigen Musiker wie Chuck Barry, Little Richard, Fats Domino, die diesen Weg dafür geebnet haben, wäre Elvis nie zum King of Rock 'n' Roll geworden. Er hatte Glück, sah toll aus, hatte den Hüftschwung, eine tolle Stimme - das ließ sich beim weißen Publikum sehr gut vermarkten. Er hatte einfach Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Sein Produzent und Studioboss Sam Phillips hat immer einen weißen Jungen mit dem Feeling und der Stimme eines Schwarzen gesucht. Dann kam Elvis ins Studio und hat nachträglich ein Lied zum Geburtstag seiner Mama gesungen, "My Happiness". Ein halbes Jahr später, Anfang 1954, hat sich dieser Studioboss an Elvis erinnert. Die Balladen, die er da gesungen hat, waren nicht toll, aber er hat dann zwei Musiker an die Seite gestellt bekommen. Auf einmal kam das alte Bluesstück "That’s All Right" von Arthur Crudup - und da hat er gesagt: "Das klingt ja unglaublich, spiel's noch mal!". Dann haben sie es aufgenommen, und dann hat das seinen Lauf genommen.
Er hat also zur richtigen Zeit am richtigen Ort viel Glück gehabt - zumindest zu Beginn.
Shelvis: Ja, auf jeden Fall. Seine großen Idole waren Mario Lanza, Dean Martin oder auch Tony Curtis, und Elvis wollte so aussehen und hat sich die Haare gefärbt. Dann wurde aus dem kleinen, dunkelblonden Jungen auf einmal so eine Art Kunstfigur. Er hat auch die Lieder in der Regel nicht selbst geschrieben - er hat nur ganz wenige geschrieben. Er hat sie auf seine Art und Weise interpretiert und hat damit Glück gehabt.
Die meisten Elvis-Imitatoren machen diesen 70er-Jahre-Elvis in dem Glitzer-Kostüm - warum ist das so markant?
Shelvis: In den 70er-Jahren war auch die Glam Rock-Zeit. Je älter er wurde, umso spektakulärer wurden auch seine Kostüme - um vielleicht auch seine Leibesfülle etwas zu kaschieren. Ich trete selbst auch in dem 70er-Look auf, und ich finde das einfach sehr kultig. Was wäre Elvis ohne diesen 70er-Jahre-Look? So kann man ihn auch perfekt einsortieren: in den Fünfzigern war eher der mit Jackett, 1968 im schwarzen Lederanzug, und dann dieser prunkvolle, Pailetten-bestückte Anzug 1973 - das war ja sein letzter richtig großer Auftritt, wo ihn die Welt noch einmal bewundern konnte. Wer hätte da gedacht, dass er vier Jahre später nicht mehr da sein sollte.
Als Elvis aufzutreten, ist keine Parodie, sondern es ist eine Hommage, oder?
Shelvis: Ich sage es immer folgendermaßen: Jeder Elvis-Imitator, Impersonator oder Tribute Artist ist für sich ein Original, weil keiner wie Elvis ist. Jeder hat irgendwelche Eigenarten, eine persönliche Note. Somit vergleiche ich das auch mit Priestern: Jeder predigt das Wort des Herrn, aber auf seine Art und Weise. Und die Gemeinde wählt dann aus, zu wem sie hingeht.
Das Gespräch führte Philipp Schmid.