"Lemons, Limes And Orchids": Starke Songs als Gegenpol zum Chaos
Joan as Police Woman, die Grande Dame des amerikanischen Indie-Rocks, hat nun ihr zehntes Solo-Album vorgelegt: "Lemons, Limes And Orchids” - eine Kampfansage an die moderne Pop-Musik.
Joan as Police Woman, im bürgerlichen Leben Joan Wasser, ist eine studierte Pianistin und Violinistin, die schon mit Lou Reed, Antony & The Johnsons, Rufus Wainwright und Iggy Pop getourt ist und am Clive Davis Institute Of Recorded Music unterrichtet. "Es ist übel, was heute als 'Musik' erachtet wird, nämlich Sachen, die schnell zusammengehauen werden, weil die Leute nicht mehr bereit sind, dafür zu bezahlen. Deshalb hören wir überall Müll, der von Robotern stammt. Ich selbst trage meist Ohrenstöpsel - weil ich das nicht anders ertrage", beschwert sich die Musikerin.
Moderne Welt - eine Zumutung
Für Joan Wasser ist die moderne Welt eine Zumutung: politisch, sozial, kulturell. "Lemons, Limes And Orchids", das zehnte Album der 54-jährigen New Yorkerin, versteht sie als Gegenpol zum Hier und Jetzt: Ein Werk, das auf handgemachte Töne setzt.
Ein bewährter Mix aus Soul, Jazz, Funk und Synthi-Pop - aber so ruhig, ja fast meditativ, klang die Multiinstrumentalistin, die seit den frühen 90er-Jahren aktiv ist, noch nie. Die meisten der zwölf Stücke haben etwas von Sam Cooke und Marvin Gaye - mit mehr Groove als Dynamik und mit tiefenentspannter Gelassenheit. Kein Wunder, so gesteht sie lächelnd: Sie sei verliebt und fühle sich beschwingt und sexy. "Du musst im Reinen mit dir sein, sonst hast du keinen Spaß. Und älter zu werden, ist eine schmerzhafte Erfahrung. Viele Menschen werden engstirnig und verkalken. Sie haben Angst, nach Hilfe zu fragen, weil sie das für ein Zeichen von Schwäche halten. Dabei braucht jeder Hilfe. Und ich tue mein Bestes, um flexibel zu bleiben."
Von Beziehungsglück und Klimaprotest
Liebe, Lust und Offenheit - statt Starrsinn, Angst und Frust. Diese Maxime schlägt sich auch in den Texten von "Lemons, Limes And Orchids" nieder: Zwar liegt der Schwerpunkt auf Joans Beziehungsglück, doch in "Long For Ruin" und "Help Is On It's Way" gibt sie sich als Klimaaktivistin, die ein entschlosseneres Handeln gegen die Erderwärmung fordert. In "Full-Time Heist" nennt sie Trump einen notorischen Lügner und Volksverhetzer.
"Es ist verrückt und sagt viel darüber, wie leicht die Menschen zu manipulieren sind. Sie wollen glauben, was ihren Vorstellungen entspricht - weil sie Angst vor dem Unbekannten haben. Darin ist Trump ein Meister. Aber: Es liegt an uns, entsprechend zu reagieren. Wenn wir das tun, kann das für gravierende Veränderungen sorgen", erklärt sie.
Gegenentwurf ohne Verbitterung
Trumps erneute Kandidatur sei wie ein versuchter Raubüberfall. Joan Wasser unterstützt Kamala Harris und hofft auf die erste Präsidentin der USA. Ihr zehntes Album reflektiert ihre Gedanken und Gefühle in einer schnelllebigen, chaotischen Welt - und den Versuch eines Gegenentwurfs: Ohne Verbitterung, ohne Wut - aber mit Charme, Sexappeal und starken Songs.
Lemons, Limes and Orchids
- Genre:
- Indie
- Label:
- PIAS Rough Trade
- Veröffentlichungsdatum:
- 20. September 2024
Schlagwörter zu diesem Artikel
Rock und Pop
