Konstantin Wecker mit "Lieder meines Lebens" in der Elbphilharmonie
Seit mehr als 50 Jahren steht Konstantin Wecker auf der Bühne und bezieht immer wieder Position gegen Krieg und Fremdenfeindlichkeit. Und auch mit dem eigenen Scheitern hält er nicht hinterm Berg.
Sie waren alle gekommen, die Fans von Konstantin Wecker, in die Elbphilharmonie. Er nimmt sich Zeit für eine Begrüßungsrunde auf der Bühne, auf der zwei Flügel und ein Tisch mit Büchern stehen. Der bekennende Träumer und unermüdliche Kämpfer beginnt mit einem seiner großen Hits "Willy".
Allzu oft sitzt der 76-Jährige an diesem Abend nicht am Klavier. Das überlässt er überwiegend seinem langjährigen musikalischen Partner, Jo Barnikel. Der klassische ausgebildete Pianist und Filmmusikkomponist begleitet Wecker, spielt dessen Lieder oder legt den passenden Teppich unter die Gedichtrezitationen und Monologe.
Eine Reise durch Kindheit und Jugend
Die erste Konzertstunde ist eine Reise durch Weckers Kindheit und Jugend. Sein Vater, der Opernsänger, hat ihn und die Liebe zur Musik geprägt, die Gedichte von Rilke und Goethe retten die Pubertät. Wecker singt von Liebe und Leidenschaft. Es ist eine musikalische Biografie, die sicher manche Erwartung im Publikum enttäuscht, denn nach der Pause waren die Reihen deutlich lichter.
Sein Leben besteht aus Liebe und Scheitern
Das Programm hält sein Versprechen: "Lieder meines Lebens". Und das besteht eben auch aus Liebe und viel Scheitern. Seine früheren Drogenabstürze sind kein Geheimnis. Er thematisiert das fast wie in eine Beichte. Der Abend glich stellenweise tatsächlich einer heiligen Zeremonie, in der die alten Kampflieder nicht fehlten. Gegen Faschismus und Antisemitismus. Gegen Krieg, gegen Fremdenfeindlichkeit. "Steh auf und misch dich ein, sage nein!"
Wecker weiß, was seine Fans hören wollen. Viele seiner Lieder gelten auch und gerade heute noch. Dennoch hält Wecker sich mit aktuellen Bezügen zurück. Er appelliert an Zivilcourage, die Macht der Fantasie, warnt vor Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit. Lediglich ein kleiner Seitenhieb auf Aiwanger. Deutlich wird er bei der AfD. Aus seiner Textesammlung zieht er das Anti-Höcke Gedicht: "Der den Islam, der aus Deutschland raus löcke. Wer soll das schon sein? Natürlich Björn Höcke."
Konstantin Wecker redet und liest viel an diesem Abend, es ist seine Poesie für eine bessere Welt. Dafür bekommt er den meisten Applaus. Es sind Texte, die es in der Pause zu kaufen gibt. Am Ende des Abends widmet er sich noch seinen Vorbildern, Hanns Dieter Hüsch oder dem italienischen Sänger Lucio Dalla, dessen Stück „Caruso“.
Auch das berühmte "Gracias a la vida" von Mercedes Sosa gehört zu den Liedern seines Lebens. Ebenso wie das Antikriegslied von Hannes Wader. Die Zusammenarbeit mit ihm und Reinhard Mey war eine der großen Stationen des Wecker-Lebens und zelebrieren den wie immer langen Abschied. "Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg", singt er und erntet dafür tosenden Applaus.
Seine Lieder sind Lebensbeichte und Vermächtnis
Weckers Stimme ist immer noch stark. Nur seine Gesten wirken manchmal müde. Den Marathon am Klavier, den unternimmt er selbst nicht mehr. Konstantin Wecker singt Lieder seines Lebens und die sind Lebensbeichte und Vermächtnis zugleich.
Nächstes Konstantin Wecker-Konzert im Dezember
Im Dezember (19.12. Laeiszhalle) spielt Konstantin Wecker wieder in Hamburg, dann in großer Bandbesetzung, mit seinem neuen Programm "UTOPIA 2.0".