Rolf Zuckowski und Gendern: "Sprachlich möglich, aber musisch nicht"
Lässt sich die noch recht junge Gendersprache auch auf Kinderlieder von Rolf Zuckowski übertragen? Funktioniert das? Ist Gendern überall zielführend?
Generationen von Kindern sind mit Rolf Zuckowskis Liedern aufgewachsen, Hanna und Sid vom Gymnasium Corveystraße in Hamburg haben sich die Musik des Hamburger Liedermachers mit dem Gender-Blick angeschaut. Gendern steht für sie zwar nicht im Lehrplan, doch trotzdem ist das Thema allgegenwärtig.
Kann Gendersprache auf Zuckowski-Lieder übertragen werden?
Vor über 40 Jahren hat Rolf Zuckowski dieses Lied veröffentlicht "Heute kann es regnen, stürmen oder schneien". Seitdem ist viel passiert, auch in der Sprache. Die Frage ist nur: Kann man die noch recht junge Gendersprache auf solche Lieder übertragen? "Ich hoffe sehr, dass man nicht irgendwann sagt, dieses Lied wird nur noch auf Jungs-Geburtstagen gesungen."
Rolf Zuckowski blickt auf seine Schulzeit
In Hamburg-Winterhude ist einer der bekanntesten Liedermacher zur Schule gegangen. 1954 wurde Rolf Zuckowski eingeschult. "Die Zeit ist vorangegangen und wir sehen viele Dinge anders. Ich glaube, wir sehen viele Dinge jetzt auch richtiger. Wenn man ein Fest der Vielfalt feiert und meint, man möchte Schüler*innen mit Sternchen schreiben, kann ich es verstehen. Das macht ja einen Sinn."
Schulklasse beschäftigt sich mit Gendern
Doch ist Gendern überall zielführend? Damit beschäftigt sich auch eine Klasse des Gymnasiums Corveystraße. Gendern steht für sie nicht im Lehrplan. Doch trotzdem ist das Thema allgegenwärtig, sagt Schüler Sid. "Mir ist es wichtig, dass gegendert wird, damit alle sich angesprochen fühlen." Schülerin Hanna meint: "Ich finde das Gendern schon sehr wichtig. Wenn man beispielsweise E-Mails schreibt oder sich auf die Texte länger vorbereiten kann, dann sollte man das auf jeden Fall einbauen."
Zuckowski-Liederbuch von 1985: Nur Frauen angesprochen
Texte zu schreiben hat Rolf Zuckowski in seiner ehemaligen Grundschule angefangen zu lernen. "Da werden Erinnerungen wach." Im Musikraum entdeckt der Sänger schon damals seine Leidenschaft für die Musik. Doch da war Gendern noch weit weg. Das kam erst später. "Die ersten Gedanken hatte ich 1985. Da habe ich ein Liederbuch gemacht für den Schulgebrauch 'Singen macht Spaß' und habe nur die Frauen angesprochen. Dann war lange Zeit Ruhe. Dann kam eigentlich immer mehr der Wunsch, die Frauen sichtbarer zu machen, in den letzten fünf Jahren auch die Diversität der geschlechtlichen Identitäten sichtbarer zu machen. Und das alles in der Sprache unterzubringen, hat mich dann natürlich auch sehr beschäftigt."
"Es ist sprachlich möglich, aber musisch nicht"
Generationen von Kindern sind mit seinen Liedern aufgewachsen. Auch Hannah und Sid, die sich Rolf Zuckowskis Musik unter dem Gender-Blick anschauen. "Die Gruppen durchzugendern und musikalisch zu machen, halte ich für unmöglich und glaube, dass darüber sehr wenig nachgedacht wird", sagt Zuckowski.
Hanna findet es gar nicht so einfach, Lieder von Rolf Zuckowski zu gendern. "Ich weiß jetzt nicht, ob man da direkt gendern könnte. Also 'Schüler*innen' oder 'Lehrer*innen' ist ja schon ein bisschen länger, und das passt dann wahrscheinlich nicht mehr ganz mit dem Reim oder von den Silben her."
"Es ist sprachlich möglich, aber musisch nicht. Dann ist der gesamte Fluss weg und damit auch das Herzblut", sagt der Liedermacher. Und das hat er über die Jahre in all seine Lieder gesteckt. Gendern war bisher dabei kein Thema. "Wenn das Wort für sich steht, ist für mich jeder alle: männlich und weiblich."
Texte in Gendersprache umzuwandeln ist schwierig
Selbst bei allen Versuchen, die auch die Kinder unternehmen, ist es schwierig alte Texte mit der Gendersprache in einen Fluss zu bringen. "Es gibt natürlich immer die Möglichkeit, neue Lieder zu machen, ohne Wörter zu verwenden, die gegendert werden müssten. Aber das ist dann schon etwas Ähnliches wie ein kleiner Maulkorb." Eine empfindliche Einschränkung und damit nichts für Rolf Zuckowski. "Mit Kindern kann ich mir Gendern beim Singen nicht vorstellen. Und eine Sprache, in der man nicht singen kann, kann nicht meine Sprache sein."