Chilly Gonzales in der Laeiszhalle: Gefühle leben
Konzerte von Chilly Gonzales sind immer etwas Besonderes. In der Hamburger Laeiszhalle bot der Kanadier mit seiner Band Musik, Unterhaltung und gesellschaftliches Engagement.
Er ist ein Mann, der weiß, was er kann und was er will. Chilly Gonzales will nicht einfach ein Konzert geben, auswendig Gelerntes abspulen oder Perfektion erreichen. Perfektion interessiert ihn nicht. Chilly Gonzales will Gefühle leben. Die Gefühle des Publikums und die eigenen. Dafür ist die Laeiszhalle in Hamburg genau der richtige Ort. Der perfekte Ort, um die Premiere für seine neue Bühnenshow zu starten, sagt er.
"Gonzo" schaukelt sich in einen Konzertrausch
Er hat sein Konzert mit Bongos eröffnet, darauf trommelt er und deklamiert seine Texte. Seine vierköpfige Band setzt irgendwann ein und dann bekommt das ganze einen Touch von einem Konzert im herkömmlichen Sinne. "Gonzo", so nennen ihn Fans und Freunde, wird warm und fühlt sich ein in die Atmosphäre. Das Publikum jubelt ihm zu. So schaukelt sich Gonzales langsam in einen Konzertrausch.
Die Leute wissen, was kommt, zumindest ungefähr, und sind bereit sich darauf einzulassen. Er spielt den Flügel wie ein Jazzer und lässt an diesem Instrument seine ganze Klasse aufblitzen. Aber er kann eben auch anders: Wenn Gonzales rappt, zum Beispiel. Er sei ein lausiger Rapper, sagt er. Aber Perfektion interessiere ihn nicht. Als ein Musiker einen Fehler macht, bricht er kurz ab, fordert das Publikum auf, den Fauxpas einfach zu löschen und beginnt von vorn. Nobody is perfect.
Protest gegen Richard Wagner
Er hat einen neuen Song, der kommt im April als Single raus. "Fuck Wagner", heißt der. Er begleitet sich selbst auf der Pauke. Wagners Lieblingsinstrument, scherzt er. Wagner sei ein schlimmer Antisemit gewesen. Und ein begnadeter Komponist. Das müsse man trennen. Genie und Monster. Chilly Gonzales unterstützt eine Initiative in Köln, seiner Wahlheimat, die die Richard-Wagner-Straße umbenennen will.
Er sei durchaus gegen Cancel Culture, aber man dürfe einen Mann, der ein Arschloch gewesen sei, nicht auch noch ehren. Die Straße hieße ja nicht etwa Nibelungenweg oder Parsifal-Straße. Das wäre ja in Ordnung, aber eben nicht die Person Wagner auch noch posthum zu ehren. Seine Fans in der Halle hat er aufgefordert, die Wagnerstraße in Deichkind-Allee umzubenennen. Chilly Gonzales hat jüdische Wurzeln, aber damit will er sein Anliegen nicht begründen oder erklären. Man müsse aber Kunstwerk und Künstler trennen. Darauf kommt es ihm an.
Bademantel und Bad in der Menge
Natürlich hatte er irgendwann auch wieder seinen Bademantel an. Auf der Bühne, versteht sich. Der habe aber nichts mit dem legendären Bademantel von Udo Jürgens zu tun sondern sei ein Gentleman-Bademantel aus Seide. Dann rappt er, spielt ganz allein auf seinem Flügel oder rezitiert eigene Gedichte. Das ganze entwickelt einen Charme, dem sich niemand im Saal entziehen kann.
Als Zugabe sucht Gonzales das Bad in der Menge, Crowdsurfen nennt man das, wenn ein Musiker von seinen Fans auf Händen durch die Halle getragen wird. In diesem Fall sei es natürlich Kraut-Surfen, ist ja in Deutschland. Die ganze Halle tobt, 1.500 Menschen sind begeistert und die Fans tragen den singenden "Gonzo" durch den Saal. Das schöne sei ja, sagt Chilly Gonzales, dass die Laeiszhalle am Mittwoch wieder ausverkauft sei. Dann gibt der Kanadier sein zweites Konzert in Hamburg. Das wird sicher wieder eine große "Gonzo"-Party.