Sergio Sánchez ist neuer Oboen-Professor in Lübeck
Die Oboe gilt als eines der schwierigsten Instrumente. Für Sergio Sánchez ist sie wohl das schönste Instrument der Welt. Der gebürtige Venezolaner ist der neue Professor für Oboe an der Musikhochschule Lübeck.
Als neuer Professor kennt Sergio Sánchez die Musikhochschule Lübeck schon ganz gut - denn er hat hier seinen Master gemacht. Nun übernimmt er die Professur als Nachfolger seines Lehrers Diethelm Jonas, der zum Ende des Sommersemesters in den Ruhestand gegangen ist.
Geboren wurde der 34-Jährige in Venezuela. Schon mit elf Jahren hat er angefangen, Oboe zu spielen - eher ungewöhnlich in dem Alter. Doch es war gar nicht seine eigene Idee: "Meine Schwester hat gemeint, die Oboe sei besonderer und einzigartiger als Flöte. Ich wollte nämlich eigentlich Flöte spielen, weil ich einen super Flötisten gehört hatte. Der hat venezolanische Musik gespielt, Volksmusik aus Venezuela auf der Flöte und das hat mich sehr beeindruckt. Also wollte ich Flöte spielen und dann hat meine Schwester zu mir gesagt, dass sie einen Oboisten gehört hat. Und da hat sie zu mir gesagt, du sollst Oboe spielen", erklärt Sergio Sánchez, wie er zu seinem Instrument gekommen ist.
Sergio Sánchez: Oboe ist ein ehrliches Instrument
Das Instrument hat ihm sofort gefallen. Doch als er seinem Lehrer vorgespielt hat, wollte der ihn nicht in seiner Combo haben. Zwei Wochen später dann der Wandel: Er durfte doch spielen. "Es ist lustig, denn in dem Moment, als er gesagt hat, nein, war das für mich total traumatisch, obwohl ich das Instrument nicht wirklich kannte. Aber meine Schwester hat mich so krass konditioniert, dass ich unbedingt das Instrument spielen wollte. Ich glaube, danach hat mich einfach begeistert, dass die Oboe sehr ehrlich ist. Man kann diesem Instrument sehr wenig vormachen. Es ist so wie Horn. Ich glaube, Horn und Oboe sind Instrumente, bei denen man auf dem Boden bleibt", meint Sánchez.
Für Sergio Sánchez ist die Oboe zudem ein sehr bodenständiges Instrument. "Egal, wie viel du übst und egal, auf welchem Niveau du bist, das Instrument erinnert dich immer wieder, dass du einfach ein Mensch bist und es so bleiben wird. Ich glaube, das ist das, was mich wirklich an diesem Instrument begeistert hat", sagt er.
Soziales Projekt ermöglichte Sánchez gemeinsames Musizieren
Sergio Sánchez war als Kind Mitglied in dem Projekt "El Sistema". Das ermöglicht Kindern aus allen sozialen Schichten in Venezuela eine musikalische Ausbildung - gemeinsam. Das krisengebeutelte Land blickt stolz auf das erfolgreiche, soziale Projekt. Auch der 34-Jährige ist froh, dass er als Kind die Möglichkeit bekam, mit anderen Musik zu machen. "Ich glaube, was ich davon behalte, ist dieses Zusammenspielen und sich wirklich vermischen können, sich mit anderen Spielern und in Momenten sich selber verlieren, dass man wirklich eins ist und wie eine Masse funktioniert. Das ist etwas, das ich von dieser Erfahrung irgendwie immer beibehalten werde, weil das ist etwas ganz Besonderes."
Master in Lübeck - jetzt Professur
Für seinen Master-Abschluss in Lübeck ist er seinem Oboenprofessor gefolgt, den er bei einem Konzert in Caracas getroffen hatte. Nach vielen Auftritten mit verschiedenen Orchestern in Deutschland zieht es ihn nun zurück in die Hansestadt. Heute, 14 Jahre später, ist das ein ganz anderes Gefühl als noch während des Studiums - denn jetzt lernt er die Stadt und die Hochschule ganz neu kennen. "Das ist erst mal natürlich eine Ehre. Bis vor kurzem habe ich immer gesagt, ich kann es nicht glauben - mittlerweile kann ich es schon glauben. Ich unterrichte jetzt auch und das macht mir sehr viel Spaß. Ich bin sehr froh, dass ich das machen kann und machen darf. Es ist eine Freude, den Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, damit sie das machen können, wie sie es sich wünschen", schwärmt Sánchez über seinen Job.
Venezolanische Musik ist Heimat
Die Studierenden sollen sich bei ihm im Unterricht verwirklichen und öffnen können. Außerdem sollen sie sehen, wie viel sie mit der Musik machen können. Denn für Sergio Sánchez hat sie Türen geöffnet - das fing in Venezuela an. "Das ist die Heimat, Musik ist die Heimat, die Sprache ist die Heimat, wenn man schon so lange von dem Ort, wo man geboren ist, weg ist. Ich glaube, die Sprache bedeutet einem sehr viel, die Art sich auszudrücken, das ist Heimat", beschreibt der Oboist die Bedeutung der Musik für ihn und führt weiter aus: "Die Musik aus Venezuela bedeutet mir sehr viel und ich glaube, ohne die Musik aus Venezuela wäre ich kein Musiker gewesen. Ich könnte nicht ohne diese Musik leben."