Roland Greutter und das NDR Elbphilharmonie Orchester
Seit über 40 Jahren ist Roland Greutter eine feste Instanz in der Hamburger Musikwelt: Als NDR Konzertmeister hat er seit 1982 einschlägige musikalische Höhepunkte mitgestaltet. Was ihn als Musiker ausmache, habe er dem Orchester zu verdanken.
Roland Greutter hat viele Konzertmeistersoli interpretiert, Violinkonzerte und immer wieder auch Kammermusikprogramme. Der 1957 im österreichischen Linz geborene Greutter, bekannt für seine feine, differenzierte Tongebung, wurde mit internationalen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten Mozartpreis des Mozarteums.
Zum Abschluss seiner letzten Spielzeit im aktiven Dienst des NDR spielt er am 19. Juni ein Kammerkonzert mit neun Solistinnen und Solisten des NDR Elbphilharmonie Orchesters, das sich Arnold Schönberg und Franz Schubert widmet. Vorher ist er zu Gast in "NDR Kultur à la carte", resümiert seine musikalische Laufbahn, erzählt von prägenden Erinnerungen und Impulsen.
Roland, du bist 1957 in Linz geboren und bist 1982 nach Hamburg gezogen und hier Konzertmeister geworden. Ist das denn deine Heimat oder zieht es dich jetzt schon wieder nach Österreich?
Roland Greutter: Heimat hat nichts mit Geografie zu tun. Da, wo meine Familie ist, und da, wo meine Musik ist, das ist Heimat für mich. Insofern ist das kein Problem, dass es so weit im Norden ist - also von Österreich aus gesehen. Ich sage immer, Hamburg ist der nördlichste Hafen von Österreich.
Über 40 Jahre als Konzertmeister, erst des NDR Sinfonieorchesters, dann des NDR Elbphilharmonie Orchesters nach der Umbenennung. Was hast du denn besonders an dem Orchester geschätzt?
Greutter: Das ist sehr schwer zu sagen, in so kurzer Zeit. Aber ich denke, alles, was mich als Musiker ausmacht, habe ich diesem Orchester zu verdanken. Am Anfang hatte einen großen Anteil natürlich Günter Wand. Aber den allergrößten Anteil, denke ich mal, hat meine Frau. Sie ist meine beste Lehrerin, sie ist meine Gefährtin in allen Lebenslagen und ich denke, sie hat den größten Anteil meines musikalischen Werdens und überhaupt meines Werdens als Person.
Insgesamt hast du sieben Chefdirigenten erlebt. Ich glaube auch, dass sich der Typus des Chefdirigenten, überhaupt der Typus des Maestros in dieser Zeit, in der du als Konzertmeister dabei warst, gewandelt hat. Stimmst du da zu?
Greutter: Natürlich, ich meine, das ist auch gut so. Beim Musikmachen ist das Heute das Gestern von morgen. Es wird anders und das passt schon.
Das heißt auch, dass sich das Orchester immer wieder neu auf den Weg macht. Wie hat sich das Orchester in diesen 40 Jahren verändert?
Greutter: Als ich hier anfing, war unser Blech, glaube ich, unser allererstes Aushängeschild: Im positivsten Sinne blechlastig. Aber bei den Streichern vollzog sich ein Generationswechsel und das hat vielleicht auch mit meiner Person zu tun gehabt, weil ich so jung einstieg. Es musste ein bisschen anders werden. Da brauchte man vielleicht ein paar Jahre, bis man sich findet. Ich sage immer, der Ton macht die Musik und auch dieser spezielle Klang, dieser Streichersound. Ich hoffe auch, all die Jahre dazu beigetragen zu haben, dass sich das festigt und das man sagt, man hört zwei Töne von uns und dann sagt man im Autoradio, oder wo auch immer, ah, das sind die. Das sollte schon irgendwo ein Erkennungsmerkmal sein, dieser sämige, dunkle, wunderbare, sonore Klang. Aber natürlich hängt es davon ab, welche Musikstücke man spielt. Wenn man jetzt einen Strawinsky hat, ist das ein ganz anderer Sound, als wenn man Tschaikowsky spielt, obwohl beide aus Russland kommen. Wenn man heutzutage Mozart oder Bach spielt, muss man sich damit beschäftigen. So muss man wissen, wie funktioniert ein Barockbogen, um der Phrasierung gerecht zu werden. Aber trotzdem sind wir noch das NDR Elbphilharmonie Orchester, und ich denke, unser Grundklang ist unser Erkennungsmerkmal.
Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.