Possehl-Preisverleihung: Kreative Aufführungskonzepte in Lübeck
Studierende der Musikhochschule Lübeck zeigen selbst komponierte Stücke mit einer inszenierten Bühnenpräsentation und dabei ist ALLES möglich. Möglich macht das der Possehl-Musikpreis in der Kategorie Neue musikalische Aufführungskonzepte.
Der Große Saal der Musikhochschule Lübeck ist in ein dunkles Blau getaucht. Aus der Ferne hört man das Meeresrauschen und Wind. Ein großer Fahnenmast steht mitten auf der Bühne, dahinter läuft ein Video auf einer großen Leinwand. Es zeigt den Ausblick von einem Schiffsbug hinaus aufs weite Meer.
Fünf Studierende sind als Piratinnen und Piraten verkleidet - mit Augenklappe, Hut, gestreifter Hose und Dreck im Gesicht. Der komplette Raum ist in ein Schiff verwandelt. Das Publikum muss sich zu allen Seiten drehen, denn die Piraten sind im ganzen Saal verteilt. Musikstudent Kiloh Lee hat das Stück geschrieben und wollte etwas Neues ausprobieren: "Erstmal ist es ein anderes Bühnenkonzept. Ich habe nicht oft gesehen, dass auf der großen Bühne eine Stufe ist. Man hat oft ein Publikum, was vor einer hohen Bühne sitzt. Wir verwenden den ganzen Raum, so dass wir nicht nur frontal Musik haben, sondern überall."
Possehl-Preis fördert kreative Aufführungskonzepte
Genau dafür sei der Musikwettbewerb Neue musikalische Aufführungskonzepte der Musikhochschule Lübeck gedacht, erklärt Projektleiter Sascha Lemke: "Es ist so, dass wir eine sehr diverse Kultur haben, was Aufführungsangebote angeht. Da gibt es nicht nur das Große Konzerthaus, sondern ganz viele Plätze, die ein Konzertort werden können. Die bringen besondere Eigenschaften mit sich, die man als etwas sehr Positives sehen kann, das man auf eine spezielle Art ausnutzen kann."
"An Bord!": Musikalische Hommage an Störtebekers Zeit
Im Großen Saal der Musikhochschule tut sich etwas: Es wird unruhiger und das Licht wird heller. Dabei bewegen sich die fünf Studierenden durch den ganzen Saal und erzeugen Geräusche - ob auf einer Querflöte, einer Geige oder einer Gitarre. Das Schiff schaukelt. "Wir haben zusammen ein Konzept erstellt, in dem die Naturgeräusche vorkommen", erklärt Kiloh Lee. "Natürlich können wir aus dem Lautsprecher die Wind-, Wasser- und Wellengeräusche gegen das Schiff abspielen. Und auch die Alltagsgeräusche, was Piraten auf dem Schiff machen - als Zimmermann, als Koch - selbst nachahmen. Deshalb kamen die Geräusche zustande."
Das Kunstwerk von den fünf Musikerinnen und Musikern um Kiloh Lee nennt sich "An Bord!". "Wir leben ja in Lübeck, wo früher der berühmte Störtebeker gearbeitet hat", sagt Kiloh Lee, "und da wir einen Saal haben, der aussieht wie ein Deck, dachte ich mir, dass wir in Verbindung daran ein Schiff bauen. Deshalb haben wir die zwei Masten gebaut. Und dass wir eine Geschichte erzählen, die in der heutigen Zeit nicht mehr existiert." Niemand weiß, was als nächstes kommt. Publikum und Jury müssen sich überraschen lassen.
Klänge bewusst verknüpfen
So ist es auch bei dem Beitrag von Student Philipp Wallis Nicolai. Er macht eine Art Klanginstallation. Auf der Bühne stehen zwölf Lautsprecher im Kreis und ein Subwoofer in der Mitte. Das Publikum hört verschiedene Tiergeräusche, mal hoch mal tief, um "für das Publikum das Bekannte unbekannt zu machen - das ist jetzt mit den Fischen so. Gehört haben sie wahrscheinlich die wenigsten. Das ist so ein Aspekt", sagt Philipp Wallis Nicolai. "Oder zum Beispiel die Vögel oder Möwen, die man auf dem Weg zur Arbeit - weil man jeden Tag den gleichen Weg geht - schon ausgeblendet hat. Wenn man bewusst die Verknüpfung von den Klängen zu den Lebewesen hat, dann nimmt man noch mal anders wahr und hört anders."
Wer am Ende von den insgesamt fünf Darbietungen das Rennen macht, entscheidet die zwölfköpfige Jury heute Abend. Der Gewinnerbeitrag ist heute ab 18 Uhr im Großen Saal der Musikhochschule Lübeck zu erleben. Tickets gibt es an der Abendkasse und kosten sechs Euro.