Philharmonischer Chor Kiel erhält höchste Ehrung für Amateurchöre
Wegen seiner besonderen Verdienste für die Chormusik zeichnet der Bundespräsident den Philharmonischen Chor Kiel mit der Zelter-Plakette aus. Kiels Oberbürgermeister überreicht sie bei einem Konzert am Sonntag in der Wunderino Arena.
Sein erstes Konzert mit dem Philharmonischen Chor war gleich das Jubiläumskonzert zum 100. Geburtstag 2019, erzählt Generalmusikdirektor Benjamin Reiners. Beim "Elias", dem anderen großen Oratorium von Felix Mendelssohn-Bartholdy neben "Paulus", hat damals der Profichor der Kieler Oper mitgesungen. Diesmal nicht: "Jetzt sind wir alleine beim ‘Paulus’, aber das stemmt der Philharmonische Chor wirklich ganz fantastisch", erzählt Reiners. "Es ist einfach wahnsinnig toll, wenn Sie so einen starken, semiprofessionellen Chor haben oder ja auch eigentlich Amateurchor, der aber auf so einem Niveau singt, dass man das mit Stolz auch im philharmonischen Konzert präsentieren kann."
Laien mit Lust an der Sache
Gerald Krammer, Chordirektor der Kieler Oper, studiert die Werke mit dem Chor ein - und macht das gern. "Ein großer Vorteil der Laien ist, dass sie immer mit Lust bei der Sache sind", so Krammer. "Denn wenn sie den Spaß verlieren würden, würden sie ja einfach das Hobby wechseln." Auf diese Idee käme Beate König nicht. Die Journalistin erzählt strahlend: "Ich singe schon über 30 Jahre in diesem Chor. Was mich so begeistert, ist, dass wir mit den professionellen Musikern auftreten und auch so toll singen, dass wir das machen dürfen."
Bistra Gruvé ist erst seit fünf Jahren dabei. Am Anfang sei es schwierig gewesen, in eine feste Gruppe hineinzukommen, sagt die aus Bulgarien stammende Pianistin und Klavierlehrerin. Inzwischen ist der Chor wie eine Familie für sie. "Diese Mischung aus Menschen, die aus unterschiedlichen Berufen kommen, das macht diesen Chor einfach lebendig", findet Gruvé. "Man kann voneinander lernen. Wir singen die Stücke, atmen zusammen, empfinden die gleichen Gefühle, haben die gleichen Ziele."
"Nicht jeder falsche Ton ist sofort eine Tragödie"
Man kennt sich und hat Vertrauen zueinander - generationsübergreifend, sagt Chorleiter Krammer. "Es darf jeder so sein, wie er ist, mit allen Stärken und Schwächen. Da ist auch nicht jeder falsche Ton sofort eine Tragödie."
Eine Gesangsausbildung haben die meisten nicht. Regelmäßige Stimmbildung wird den Chormitgliedern angeboten. Das muss schon sein, erklärt Generalmusikdirektor Reiners. "Gerade bei so einem Stück wie dem ‘Paulus’ ist unfassbar viel zu singen. Man braucht einfach die Kondition und eben auch die technischen Möglichkeiten, mit der Stimme so umzugehen, dass man so ein Zwei-Stunden-Konzert von vorne bis hinten durchhält."
"Paulus-Oratorium" am 17. März in der Wunderino Arena
Beim 5. Philharmonischen Konzert am Sonntag in der Wunderino Arena (Beginn: 11 Uhr) ist es soweit: Dann überreicht Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer dem Philharmonischen Chor die Zelter-Plakette zum über 100-jährigen Bestehen. Aber sein Alter sieht man dem Chor nicht an, im Gegenteil, sagt Chormitglied Gruvé: "Die Stimmung ist sehr gut und es kommen immer mehr junge und jüngere Leute. Die werden durch die Konzerte, aber auch Facebook und Instagram auf uns aufmerksam."
"Wir haben sogar bei den Männerstimmen Zuwachs - jungen Zuwachs", freut sich der erste Vorsitzende Henrik Welp. "Wir haben einen ganz tollen, jungen, engagierten Chordirektor, einen ganz tollen, jungen, engagierten Generalmusikdirektor und einen unglaublich tollen und dynamischen Vorstand - das noch mal zu toppen, wird ganz schwierig."
Große Oratorien sind "DNA des Chores"
1919 wurde der Philharmonische Chor als Oratorienverein gegründet. Und auch wenn das Repertoire heute breit ist, seien die großen Oratorien wie "Paulus" die DNA des Chores, sagt Chordirektor Krammer: "Da merkt man, dass die Leute dafür brennen - und das nochmal in der Wunderino Arena mit den Solisten zu singen, spornt an." Das merkt Krammer schon bei der Probe mit dem Orchester.
Für Sängerin Bistra Gruvé ist klar: "Es ist ein wunderschönes Konzert mit inspirierender Musik. Wir freuen uns riesig drauf, es ist eine große Herausforderung." Und Eckhard Möwes, der zweite Vereinsvorsitzende, ergänzt: "Das Schönste ist immer, wenn man fertig ist: Dieser Applaus! Das ist wirklich der Lohn." Den verdient sich Möwes auch schon seit 18 Jahren - und die Freude am Singen bleibt.