Lüchow-Dannenberg: Keine Chöre, kein Verband
Chöre in Niedersachsen haben große Nachwuchssorgen. In Lüchow-Dannenberg könnte es nächstes Jahr keinen Kreis-Chorverband mehr geben. Sechs Chöre wären dann ohne Kreisverband, einer davon ist der Männergesangsverein Concordia aus Lanze.
Seit fast 50 Jahren ist Wilfried Subke leidenschaftlicher Chorsänger. Nächstes Jahr wird er wohl den Kreis-Chorverband Lüchow-Dannenberg auflösen müssen: "Das ist ein ganz dummes Gefühl für mich persönlich, da ich mit siebzehn Jahren angefangen habe zu singen und seit 30 Jahren schon Vorsitzender in unserem Chor bin. Da geht etwas kaputt, das mit mir gewachsen ist und das mich mein Leben lang mitgeprägt hat."
Es ist ein Symbol für die Nachwuchssorgen und das Aussterben der Chöre im ländlichen Raum. Niemand möchte mehr mitarbeiten - Vorstandsposten bleiben unbesetzt. Wenn sich nicht noch einige neue Chöre und Freiwillige finden, werde im Frühjahr offiziell beschlossen, den Verband aufzulösen, sagt Subke: "Eine reale Chance sehe ich nicht, weil wir seit zwei Jahren über dieses Thema gesprochen haben."
Chor-Tradition geht verloren
"Es geht ja auch ein Stück Tradition verloren, wenn sich so etwas auflöst," meint Friedhelm Brockmann, und Torsten Melzian ergänzt: "Es hat sich so ein bisschen abgezeichnet und trotzdem ist es überraschend gekommen, dass es jetzt auf einmal hieß: Der hört auf. Der ist weg." Im kommenden Jahr wird der Kreis-Chorverband 100 Jahre alt. 100 Jahre voller Erinnerungen an gemeinsames Singen oder auch zahlreiche große Feiern.
Der Verband führt Mitgliederlisten für die Chöre, hat Rahmenverträge mit der GEMA oder organisiert Versicherungen. "Für die einzelnen Chöre heißt das: Der Verband ist nicht mehr da, ich hab keinen direkten Ansprechpartner mehr vor Ort. Ich muss alle meine Aufgaben selber erledigen als Chor, und als Vorstand," sagt Hans-Jürgen Zettlitz vom Kreis-Chorverband Lüchow-Dannenberg. "Dieses Bindeglied zwischen den Chören und dem Chorverband Niedersachsen/Bremen fehlt."
Deutsche Lieder bei Nachwuchs nicht angesagt
Die Situation in Lüchow-Dannenberg ist nicht neu. Chöre in ganz Niedersachsen werden immer älter, junge Menschen fühlen sich oft nicht angesprochen. In Lanze, vermuten sie, liegt das zum einen daran, dass ihr Kulturgut - die deutschen Lieder - nicht mehr angesagt ist. Und zum anderen daran, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr genug an die Musik und Chöre herangeführt werden. Das Ende des Chorgesangs ist das aber nicht. Im Landesverband Niedersachsen Bremen sind noch rund 36.000 Sängerinnen und Sänger organisiert. Auch neue Ensembles gründen sich.
In Lüchow-Dannenberg ist noch nicht der letzte Ton gesungen. Wilfried Subke und seine Vorstandskollegen haben schon Kontakt zu den Nachbarverbänden Uelzen und Lüneburg aufgenommen, damit die verbliebenen Chöre aus Lüchow-Danneneberg dort eintreten können. Denn so ein Chor sei eben mehr, als nur die richtigen Töne zu treffen: "Der Gesang baut auch die Menschen auf, gibt Zuversicht," findet Hans-Jürgen Zettlitz. Wilfrid Subke hat nicht vor, mit dem Singen aufzuhören. Auch sein Chor soll weitersingen, nur in einem anderen Kreisverband.