Jakub Józef Orliński: Der breakende Countertenor
Er steht mit beiden Beinen auf den großen Opernbühnen oder kopfüber auf einer Hand beim Breakdance-Wettbewerb: Der polnische Countertenor Jakub Józef Orliński schafft den Spagat zwischen Barock und Breakdance.
Seine Stimme scheint fast schwerelos zu schweben: eine Leichtigkeit, die sofort in den Bann zieht. Das Besondere: Jakub Józef Orliński verbindet Altes und Modernes. Er singt als Countertenor mit Fokus auf seine Kopfstimme barockes Repertoire und tritt gleichzeitig als moderner Breakdancer auf - auch wenn dieses Image nicht mehr ganz modern, sondern eher 80er-Jahre ist.
Jakub Józef Orlińskis Stimme: Eine Kraft aus der Mitte heraus
Seine Art zu musizieren, "rockt": energiegeladen, mit rhythmischer Kraft, zielgerichtet. Genauso überzeugend gelingt ihm auch das Sanftere "mit der Stimme eines Engels" wie die "Sunday Times" schreibt. Kaum zu glauben, dass diese wandelbare, facettenreiche Stimme nicht immer gut ankam. Wiederholt hatte Jakub Józef Orliński damit zu kämpfen, dass er erstmal nicht zum Studium oder für ein Stipendium zugelassen wurde.
"Das ist eigentlich noch gar nicht so lange her. Ich habe danach sehr intensiv gearbeitet und hatte das Glück, tollen Menschen zu begegnen wie meiner Pädagogin Anna Radziejewska, meinem Sängerkollegen Matthias Rexroth und noch vielen anderen Menschen, die mich in meiner künstlerischen Entwicklung unterstützt haben", erzählt Orliński. "Das ging bei mir ziemlich schnell voran, auch weil ich total motiviert war. So bin ich: Wenn ich etwas anpacke, dann richtig. So ist es mir gelungen, dort zu landen, wo ich jetzt bin."
Er sei stolz auf seine kräftige Mittellage, die es ihm ermögliche, die Töne kontrolliert zu formen. Die hohen Töne kommen dann wie von selbst. So schwingt in seiner Countertenorstimme, die gerne mit etwas kindlich-femininem assoziiert wird, auch etwas Männliches mit. Man spürt - wie bei einem Sportler - eine Kraft aus der Mitte heraus und eine starke Körperlichkeit.
Breakdance als künstlerische Freiheit
Jakub Józef Orliński wird 1990 in Warschau geboren. Seine Mutter ist Malerin, sein Vater Grafikdesigner. Er war ein bewegungsintensives Kind, sagt er. Durch einen Freund kam er zum Breakdance, hat Saltos geübtes, ist Ski gefahren, auf Bäume geklettert und hat Capoeira gemacht. Er ist wahrscheinlich der einzige breakdancende Countertenor der Welt.
"Breakdance bedeutet für mich künstlerische Freiheit", sagt er. "Es ist mein Lifestyle. Ich trainiere regelmäßig und habe in Warschau meine eigene Breakdance-Truppe. In jeder Stadt, in der ich mich wegen einer Opernproduktion etwas länger aufhalte - sei es in Frankfurt oder Zürich -, suche ich sofort den Kontakt zu der lokalen Breakdance-Szene und trainiere mit ihnen gemeinsam." Mehrere große Preise hat er als Breakdancer eingeheimst.
Musik und Bewegung im Breakdance vereint
Jungen Menschen zeigt er die Opernwelt auf Instagram mit Videos, die er hinter den Kulissen macht. Orliński glaubt, dass sie genau das spannend finden und es dafür sorgt, dass sie die echte Bühne miterleben wollen und in seine Konzerte kommen. Als Countertenor singt er nicht nur barockes, sondern macht auch mal Ausflüge in den Pop.
Um einen neuen, frischen Zugang geht es den RegisseurInnen oft bei Barockopern. Orliński ist also in Händels "Xerxes" schon Skateboard gefahren und hatte in Händels "Semele" einen Breakdance-Auftritt. "Breakdance vereint meine größten Leidenschaften - Musik und Bewegung - und gibt mir die Möglichkeit, die Musik, die ich höre, körperlich umzusetzen und sie zu visualisieren."