Album der Woche: Barockmusik mal anders mit Jakub Józef Orliński
Der polnische Countertenor Jakub Józef Orliński ist der Shootingstar der Barockmusik. Auf seinem neuen Album hat er gemeinsam mit dem Kollegen Aleksander Dębicz Musik von Händel, Monteverdi und Vivaldi neu arrangiert.
Klavier und Schlagzeug grooven sich in einen pulsierenden Rhythmus, in eine hallige "Klangwolke" stimmt Jakub Józef Orliński ein zärtliches Lied an. Wie ein Filmsoundtrack beginnt dieser Song: Mystisch, spannungsreich, aber man kann auch Skepsis und Trauer wahrnehmen.
1643 hat Claudio Monteverdi diese Musik geschrieben, für seine Oper "Die Krönung der Poppea". Kaiser Nero singt seine Geliebte Poppea in den Schlaf und wundert sich darüber, dass selbst ihre geschlossenen Augen gefährlich verführerisch sind. Nero wird Poppea heiraten, aber später auch töten.
Viel Freiheit für Improvisation
Jakub Józef Orlińskis Stimme hat einen betörenden Zauber. Sie kann sich optimal entfalten, weil Aleksander Dębicz bei seinen Arrangements sensibel vorgeht.
Es ist nicht neu, dass Musiker "groovige" Rhythmen in Barockmusik einbringen. Schon in den 1960er-Jahren verjazzte Jacques Loussier zum Beispiel Bach. Das geht deshalb gut, weil Barockmusik sowieso viel Freiheit lässt und zur Improvisation einlädt, das machte man schon im 17. Jahrhundert. Und die alte Musik hält eigentlich jede Bearbeitung aus, weil sie in ihrer Substanz stark ist. Sie bleibt immer erkennbar, egal in welches Sound-"Kleid", sprich Arrangement, sie gesteckt wird.
Faszinierend ist einmal mehr auf diesem Album, wie wunderbar rund und schlicht Jakub Józef Orliński seinen Countertenor führt, und wie wandlungsfähig er dabei ist.
Barockarien mit Elektrosounds
Pianist Aleksander Dębicz, Bassist Wojciech Gumiński und Drummer Marcin Ułanowski fühlen sich bei den Arrangements mit Elektrosounds und mehr immer gekonnt in die Original-Musik ein. Sie sagen, sie hätten "Cover der Barockarien" kreiert, so wie Pop-Künstler Songs covern, die sie mögen.
Und dann interpretieren sie mit den Arrangements auch den emotionalen Gehalt der Stücke. Wenn in einer Händel-Arie von nie endendem Liebesschmerz die Rede ist, drücken sie zum Beispiel in einer Improvisation die Verzweiflung darüber aus.
Intelligent gemachtes Album
Jakub Józef Orlińskis Album #LetsBaRock ist intelligent gemacht. Vielleicht ist das nicht jedermanns Geschmack, aber das Album lässt Barockmusik einmal anders hören, es zeigt ihre Qualität, und möglicherweise inspiriert es auch, sich einmal die Originale anzuhören.
#LetsBaRock
- Zusatzinfo:
- Jakub Józef Orliński & Aleksander Dębicz
- Label:
- Erato/Warner