Andre Schoch spielt virtuose Trompetenmusik

Sendedatum: 23.10.2024 13:00 Uhr

Bis vor kurzem war Andre Schoch Trompeter der Berliner Philharmoniker. Jetzt widmet er sich ganz seiner Musik-Professur und seinen Soloprojekten.

Von links: Andre Schoch, Friederike Westerhaus, Nikita Volov © NDR
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von Friederike Westerhaus

Andre Schoch stammt aus Süddeutschland. Da war es naheliegend, sich auf ein Trompetenstudium in Karlsruhe zu bewerben, bei dem berühmten Reinhold Friedrich. Später wechselte Schoch in den Norden, an die Hochschule für Musik und Theater Hamburg, wo Matthias Höfs sein Lehrer wurde. 2017 wurde Andre Schoch Mitglied der Berliner Philharmoniker. Zuletzt hat er mit dem Stuttgarter Kammerorchester barocke und frühklassische Trompetenkonzerte von Hertel, Molter, Michael Haydn und Leopold Mozart aufgenommen. Eine Auswahl dieser anspruchsvollen Werke von seinem Debütalbum präsentierte Schoch in der Sendung NDR Kultur EXTRA, gemeinsam mit dem Pianisten Nikita Volov.

Andre, Du hast eine sehr wichtige Weichenstellung hinter Dir: Du warst von 2017 bis 2024 Trompeter bei den Berliner Philharmonikern, vorher schon Solotrompeter beim Philharmonischen Staatsorchester in Hamburg, und hast Dich jetzt entschieden, den Orchesterposten an den Nagel zu hängen und Dich auf Deine Professur in Mannheim und auf deine Solokarriere zu konzentrieren. Was hat Dich dazu bewogen?

Andre Schoch: Das ist tatsächlich ein wichtiger Schritt, den ich mir auch sehr gut überlegt habe und der sich über einen langen Zeitraum angebahnt hat. Ich habe die letzten drei Jahre schon als Vertretungsprofessor in Mannheim unterrichtet und habe da festgestellt, was für eine große Leidenschaft ich zum Unterrichten habe, wie viel Freude und Spaß mir das mit den jungen Studierenden macht, wie ich mit denen etwas aufbauen kann und wie ich die motivieren kann. Dann kam das Angebot, das voll zu machen. Außerdem kamen noch ein paar andere Beweggründe dazu. Es ist ein bisschen familienfreundlicher. Ich habe jetzt eine kleine Tochter, und so haben wir ein bisschen mehr Zeit zusammen, weil wir ansonsten viel auf Reisen waren, mit dem Orchester und mit meinen eigenen kreativen Projekten.

Trotzdem hat das einen besonderen Reiz, im Orchester zu spielen. Was hat das für Dich ausgemacht?

Schoch: Es ist gar nicht so, dass ich mich gegen das Orchester entschieden habe, sondern eher für das Unterrichten. Ich spiele nach wie vor sehr gerne Orchester, wenn ich die Möglichkeit habe. Es ist einfach fantastisch, wenn man in diesem Klangkörper sitzt, diesen Streicherklang genießen kann und sich dann zusammen mit den Holzbläsern und den Blechbläsern in diesen Klang mischen kann. Es geht eine unglaubliche Energie davon aus, und das gibt einem sehr viel.

Gerade, wenn man an die großen Werke denkt, von Bruckner oder Strauss: Da geht es dann für die Trompeten richtig ab, oder?

Schoch: Das ist richtig. Ich versuche, das so ein bisschen beizubehalten, dass ich das mit meinen Studierenden - meistens nur im Trompetensatz oder im Blechbläsersatz, manchmal auch im Hochschulorchester - ein bisschen coachen kann. Das macht mir sehr viel Freude, dass ich da meine Erfahrungen weitergeben kann.

Du stellst uns unter anderem ein Stück vor, was in der Weise so gut wie nie gespielt wird, denn die Noten waren unter Verschluss. Es geht um Hans Winterberg und seine erste Suite für Trompete und Klavier. Wie bist Du darauf gekommen, diese Musik auszusuchen?

Schoch: Drauf gestoßen bin ich durch Frank Harders vom Verlag Boosey & Hawkes, der mir gesagt hat, dass es da Kammermusik von Hans Winterberg gibt, auch zwei Suiten für Trompete und Klavier und auch noch weitere Musik nur für Blechbläser und Pauken. Er hat mir die handschriftlichen Noten gegeben, wir haben das ausprobiert, und das war wirklich eine Entdeckung, die es lohnt aufzuführen. Es ist tragisch, dass dieses Werk von Winterberg so lange unter Verschluss war. Sein Adoptivsohn hat das nach Winterbergs Tod 1991 an das Sudetendeutsche Musikinstitut verkauft mit der Klausel, dass das bis 2030 nicht geöffnet werden darf. Dann ist sein Enkel, der ihn nicht kannte, darauf aufmerksam geworden und hat es irgendwie doch geschafft, dass es schon 2015 geöffnet werden durfte.

Jetzt werden nach und nach die ganzen Werke bei Boosey & Hawkes verlegt. Wir haben die beiden Suiten auch schon aufgenommen und es ist spannende Musik. Es ist wahrscheinlich heute eine Premiere im Radio. Zu Winterbergs Zeit wurde seine Musik relativ häufig gespielt. Er ist in Prag geboren, er war Jude und war im KZ in Theresienstadt. Als er befreit wurde, hat er ein halbes Jahr später in Prag die erste Suite geschrieben, ist dann aber relativ schnell nach München ausgewandert und hat dort viel gespielt und viel Musik geschrieben. Die Münchner Philharmoniker beispielsweise haben damals sehr viel von ihm aufgeführt. Und auch die beiden Suiten wurden uraufgeführt.

Hans Winterberg ist im Januar 1945 nach Theresienstadt deportiert worden und hat glücklicherweise überlebt. Klingt sein Konzert nach dieser Zeit? Inwieweit kommen einem seine Erlebnisse in dieser Musik entgegen?

Schoch: Ich denke schon, dass man das in der Musik hört. Ich finde die Musik wahnsinnig farbenreich. Das ist eine relativ kurze Suite, aber innerhalb dieser Suite gibt es sehr viele Farben und unterschiedliche Charaktere. Ich vermute, dass er da ganz viele Erlebnisse hatte, die er in diese Suite emotional reingepackt hat.

Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur EXTRA | 23.10.2024 | 13:00 Uhr

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