Sir Bradley: Bei dieser Jazzband geben die Frauen den Ton an
Auch wenn sich das Hamburger Kollektiv nach einem Tour de France Gewinner benannt hat: Sir Bradley ist eine Jazzband, in der nur Frauen spielen. Kürzlich haben sie ihr Debutalbum veröffentlicht.
Ohne diese Band wäre Hamburgs Musikszene auf alle Fälle ärmer. Sir Bradley nennt sich das Kollektiv um Bandleaderin und Bassistin Maria Rothfuchs. Einige der Musikerinnen kennen sich schon seit den 80ern. Andere sind erst vor kurzem dazu gekommen. "During my lunchbreak" heißt das Debutalbum von Sir Bradley, das vor kurzem erschienen ist.
Mit diesem Album schöpft die Band aus dem Vollen. "During my lunchbraeak" ist ein Gesamtkunstwerk. 2018 hat die Komponistin und Bassistin Maria Rothfuchs Sir Bradley gegründet – zusammen mit der Saxophonistin Doro Offermann. Mittlerweile sind sie zu siebt. Als Komponistin, sagt Offermann, gebe sie lediglich mal ein Thema vor: "Und dann sind die anderen dran. Und dann wird da improvisiert und gemacht. Da gibt’s Wege, die kann ich mir überhaupt gar nicht ausdenken."
Alle in der Band sind am künstlerischen Prozess beteiligt
Ihre Kompositionen, sagt Maria Rothfuchs, sind die Grundlage. Dann aber sind alle in der Band am künstlerischen Prozess beteiligt. Final Straight Jazz machen sie. Zielgeradenjazz: „Und wenn ich auf 'ner Zielgeraden bin, dann geht’s richtig ans Eingemachte, dann gibt es kein Vertun mehr.“
Bei Sir Bradley geht es ums Miteinander. Zwischenmenschlich und musikalisch. Keine spielt sich in den Vordergrund. Trotzdem bekommen alle ihren Raum, meint Rothfuchs: "Die Band ist dazu da, damit die Solistin gut aussieht und richtig nach vorne kommt. Und dazu müssen alle anderen was tun."
Das Rennrad als Inspirationshilfe fürs Komponieren
Häufig sind es eigene Erlebnisse, die Maria Rothfuchs zu einer neuen Komposition inspirieren. Etwa, wenn sie mal wieder mit ihrem Rennrad an der Elbe entlangfährt. "Und dann werd' ich überholt. Okay, war ein Motorrad. Und dann guck ich so nach oben und denke: Wow, was ist denn das für ein Rücken? Ohne Ende Nieten.“
Mittlerweile erzählen sie dem Publikum bei Konzerten, wie die Songs entstanden sind. "So können sich die Leute noch besser reindenken in die Musik", sagt Schlagzeugerin Annette Kayser. "Ich kenne das auch als Zuhörerin. Wenn ich eine Geschichte angeboten kriege, das macht dann ganz andere Bilder in mir".
Ein Tour de France-Gewinner als Namensgeber der Band
Auch der Name der Band hat mit Maria Rothfuchs´ Hobby, dem Rennradfahren zu tun: Bei einer Tour auf Mallorca begegnet sie kurz vor einem Pass dem Tour de France-Gewinner und Radrenn-Weltmeister Sir Bradley Wiggins - und ist so beeindruckt, dass sie ihr nächstes Projekt nach ihm benennt.
Die Hamburger Sängerin und Labelgründerin Catharina Boutari hat zunächst als Gast bei Sir Bradley mitgemacht. Mittlerweile gehört sie mit zur Band: "Ich habe überhaupt keine Bedienungsanleitung bekommen sondern einfach 'mach mal'. Und bin dann auch mit so Bruchstücken gekommen: Okay, das fällt mir hier ein.“
Kämpferinnen für die Gleichstellung in der Musikbranche
Dass in der Band auch mal ein Mann mitspielt, ist nicht ausgeschlossen. "Aber", so Saxophonistin Doro Offermann: "ich gucke zuerst, wo sind die Frauen. Ich möchte erstmal, dass die Instrumentalistinnen an den Start kommen.“ Solange bei vielen Festivals immer noch viel weniger Frauen als Männer auftreten, seien sie eben immer auch Kämpferinnen für die Gleichstellung in der Musikbranche, sagt Offermann: "Im Jazz, in der gesamten Gesellschaft, sind wir nicht auf Augenhöhe bis jetzt. Und solange das noch nicht der Fall ist, ist es nötig, da Extra Arbeit zu leisten. Wenn das mal nicht mehr nötig ist, dann ist das wirklich groß, das wünsche ich mir eigentlich.“