Eine Frau mit Pony und Pelzkragen schaut ernst in die Kamera. © picture alliance / ZUMAPRESS.com | Agenzia Pitre
Eine Frau mit Pony und Pelzkragen schaut ernst in die Kamera. © picture alliance / ZUMAPRESS.com | Agenzia Pitre
Eine Frau mit Pony und Pelzkragen schaut ernst in die Kamera. © picture alliance / ZUMAPRESS.com | Agenzia Pitre
AUDIO: Zum Tod von Francoise Hardy: "Sie erzählte unaufgeregt, aber berührend Geschichten" (5 Min)

Zum Tod von Françoise Hardy: "Sie war schüchtern, aber berührend"

Stand: 12.06.2024 13:19 Uhr

Kaum eine französische Sängerin hat den französischen Chanson so sehr geprägt wie Françoise Hardy. Das Lied "Tous les garçons et les filles" machte sie 1962 weltberühmt. Nun ist sie im Alter von 80 Jahren gestorben. Beate Stender ordnet ein, was die Chanson-Legende so besonders machte.

Eine große Chanson-Legende ist von uns gegangen. Kann man das so sagen?

Beate Stender: Das kann man auf jeden Fall so sagen. Françoise Hardy hat nicht nur große Hits wie "Le Temps De L'amour", "Mon Amie La Rose" und "Comment Te Dire Adieu" gesungen, sondern sie ist auch mit über 30 Studioalben bekannt geworden. Die waren sogar fast alle erfolgreich. Das Interessante an ihr ist, dass sie streng genommen gar nicht als klassische Chansonsängerin gestartet ist: Ihr großer Hit "Tous les garçons et les filles", den sie 1962 mit gerade mal 18 Jahren selbst geschrieben hatte, der ging eigentlich Richtung Yéyé-Genre. Yéyé war in den 60er-Jahren die französische Antwort auf die englischsprachige Rock'n'Roll- und Beat-Musik, abgeleitet von "yeah, yeah" in den Texten. Ein gutes Beispiel ist hier "She Loves You" von den Beatles. Also sehr Beat-lastig. Und tatsächlich wurde Françoise Hardy in den folgenden Jahren dann ein bisschen die Ikone dieses Yéyé-Stils, zusammen mit Johnny Hallyday und Serge Gainsbourg. Parallel dazu ist sie aber 1963 auch als Chansonsängerin beim Grand Prix Eurovision de la Chanson mit "L'amour s'en va" gestartet, einem Chanson, das sie selbst geschrieben hatte. Damit hat sie damals den fünften Platz gewonnen und sich mit ihrer ganz eigenen Stimme als junge französische Chansonnier einen Namen gemacht.

Was war das für eine Stimme?

Stender: Das war eine sehr klare und gleichzeitig auch irgendwie zurückgenommene Stimme. Sie war keine Edith Piaf, die die große Bühne und das Drama gesucht hat. Sie war ein junges Mädchen, groß, etwas schlaksig, das uns als Hörer*innen fast unaufgeregt, aber sehr berührend, intim eine Geschichte erzählt hat. Françoise Hardy galt als sehr schüchtern, soll eine stark ausgeprägte Bühnenangst gehabt haben. Die war so groß, dass sie Anfang der 70er-Jahre sogar beschlossen hat, nicht mehr aufzutreten. Sie hat dann weiter Studioalben produziert, fast jedes Jahr eins, und diese auch veröffentlicht. 1973 ist dann ihr Sohn Thomas zur Welt gekommen. Vater war der Sänger Jacques Dutronc, von dem sie sich später getrennt hat. Die beiden haben auch zusammengearbeitet. 1988 haben sie das Album "Décalages" veröffentlicht. Françoise Hardy hat damals verkündet, dass das sogar ihr letztes Album sein wird. Da war sie 44, und sie hat gesagt, sie möchte auf keinen Fall über 50 noch auf der Bühne stehen.

Das haben viele schon gesagt. Hat sie sich dran gehalten?

Stender: Nein, natürlich hat sie das nicht. 1996 hat sie ein großes Comeback gefeiert mit ihrem Album "Le Danger", auf dem sie sich sogar fast ein bisschen rockig gibt. Aber ihre Art zu singen und ihre Art, die Harmonien zu arrangieren, das ist nach wie vor Chanson. Da zeigt sie eben, dass sie einen ganz eigenen Stil hatte. Die Fans waren damals begeistert und auch die Musikwelt hat sich beeindruckt gezeigt. Damon Albarn von Blur hat sie eingeladen, gemeinsam einen Song mit ihr aufzunehmen. 2004 hat sie dann für ihr nächstes Album unter anderem mit Benjamin Biolay zusammengearbeitet. Die Texte hatte sie auch wieder alle selbst geschrieben, wie zu Beginn ihrer Karriere.

Eine lange, schwere Krankheit ist ihrem Tod vorausgegangen. Was weiß man über diese Krankheit?

Stender: Françoise Hardy hat schon vor vielen Jahren eine Krebsdiagnose bekommen, 2004 zum ersten Mal, und sie hat diesen Krebs immer wieder besiegt. 2015 hat sie dann sogar ein Album veröffentlicht, "Personne D'Autre", das war ihr zurückgenommenstes und intimstes Album, mit dem sie dann damals sogar ihre Karriere offiziell beendet hat. "Ich bin leer geschrieben", das hat sie dem ZEIT-Magazin 2018 gesagt. Damit hat sie einen Schlusspunkt unter ihrer Karriere gesetzt. Und den Schlusspunkt für ihr Leben wollte sie übrigens immer selbstbestimmt setzen. Françoise Hardy hat sich zuletzt immer wieder für Sterbehilfe stark gemacht. Sie ist damit sogar an Präsident Macron herangetreten. Letztes Jahr hat sie der Zeitschrift "Paris Match" gesagt, sie wolle bald und schnell gehen, ohne zu große Prüfungen, wie etwa nicht atmen zu können. Jetzt ist sie gegangen. Wir wissen nicht, wie, aber dass mit ihr eine große Stimme gegangen ist, das wissen wir auf jeden Fall. Vom Rolling Stone ist sie erst letztes Jahr in die Liste der 200 größten Sängerinnen und Sänger aller Zeiten mit aufgenommen worden. Als einzige Vertreterin Frankreichs wohlgemerkt.

Das Gespräch führte Philipp Schmid.

Weitere Informationen
Die französische Chanson-Sängerin Francoise Hardy 2007 © Benoit Peverelli Foto: Benoit Peverelli
3 Min

Françoise Hardy ist tot: Meisterin des Chansons

Ihr Hit "Tous les garçons et les filles" machte sie 1962 berühmt. Nun ist die französische Sängerin mit 80 Jahren gestorben. 3 Min

Francoise Hardy bei einem Auftritt im Jahre 1964. Sie belegte 1963 für Monaco den 5. Platz beim Grand Prix © Picture Alliance

Französische Sängerin Françoise Hardy gestorben

Die 1944 in Paris geborene Hardy war 1962 mit ihrem Hit "Tous les garçons et les filles" bekannt geworden. extern

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 12.06.2024 | 09:40 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Klassik

Musicals

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Porträt von Philipp Schmid © NDR Foto: Sinje Hasheider

Philipps Playlist

Philipp Schmid kennt für jede Lebenslage die richtige Musik. Egal ob Pop, Klassik oder Jazz. Träumt Euch zusammen mit ihm aus dem Alltag! mehr

Peter Urban © NDR Foto: Andreas Rehmann

Urban Pop - Musiktalk mit Peter Urban

Spannende Stories, legendäre Konzerte, bewegende Begegnungen: Peter Urban hat viel erlebt und noch mehr zu erzählen. mehr

Mehr Kultur

Ein Sänger steht auf einer Bühne, hält in einer Hand das Mikrofon und die andere ist nach oben gestreckt. © picture alliance / Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm Foto: Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm

Hurricane Festival: The Prodigy, Apache 207 und Sam Fender 2025 dabei

Die englische Elektro-Punk-Band The Prodigy und ein Who-is-Who der deutschen Pop- und HipHop-Szene haben sich für kommendes Jahr angekündigt. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?