Musik zum Durchatmen mit dem Pianisten Tim Allhoff
Tim Allhoff gehört zur wachsenden Zahl jener Künstlerinnen und Künstler der jüngeren Generation, die sich stilistisch nur schwer verorten lassen. Und das ist in Allhoffs Fall besonders reizvoll.
Auf Tim Allhoffs achten Album "Morla" kann man die ganze Bandbreite seiner musikalischen Prägung und Inspirationsquellen heraushören: Bach und Schumann, Jazz und Neue Klassik, Filmmusik und Pop. Heraus gekommen ist eine sehr entspannte Mischung, die ein wenig Hoffnung und Zuversicht in unsere unruhigen Zeiten bringen kann. Musik zum Durchatmen. Die Süddeutsche Zeitung zählt Tim Allhoff zur "Königsklasse der Solo-Pianisten".
Was würdest du selber in einem Werbetext über dich schreiben? Warum sollten die Leute dir zuhören?
Tim Allhoff: Ich würde mir wünschen, dass meine Musik berührt, das ist das, worum es mir als Künstler geht. Vor ein paar Wochen gab es ein kleines Missverständnis, weil ich in einem Interview gesagt habe: Es gibt nur schlechte und gute Musik. In Social Media gab es dann einen riesigen Aufschrei, so nach dem Motto: Wie man sich anmaßen kann, zu entscheiden, was schlechte und gute Musik ist. Erstens ist es ein Bernstein-Zitat und nicht von mir und zweitens ist damit gemeint, dass jede und jeder für sich entscheidet, was gute Musik ist. Jeden berührt etwas ganz anderes. Natürlich kann man sagen, dass eine Beethoven-Sonate vielleicht künstlerisch hochwertiger ist, als ein Popsong. Aber im Endeffekt geht es darum, was die Musik mit demjenigen macht, der das hört.
Bist du denn auch ein emotionaler Mensch?
Allhoff: Ich bin ein oft zu emotionaler Mensch, oftmals eher in die melancholische Richtung. Ich weiß gar nicht, ob man den Job machen kann, wenn man nicht emotional ist.
Was berührt dich denn?
Allhoff: Musik berührt mich schon sehr stark, aber es können auch schon ganz kleine Dinge sein. Was mich total berührt, sind kleine zwischenmenschliche Momente. Wenn irgendjemand einer alten Frau über die Straße hilft, wenn Menschen im Alltag zueinander lieb sind, das berührt mich. Ich glaube, das haben wir heutzutage auch leider nicht mehr ganz so oft.
Sind das auch Momente, die du dann zu Songs machen könntest?
Allhoff: Nein. Ich glaube, das ist eine romantische Vorstellung. Man hat etwas ganz Schönes erlebt, zum Beispiel war man am Sonntag im Park, die Sonne scheint und dann fährt man heim und schreibt einen Song über Sonne am Sonntag im Park. So funktioniert es bei mir nie, sondern es ist wesentlich pragmatischer. Die Stücke entstehen am Klavier und dann ergibt es sich oftmals, es kommt von irgendwoher. Ich glaube, was man lernen kann, ist, auf sein inneres Ohr zu hören und dem zu folgen, was in einem harmonisch irgendwohin will. Oder man fühlt die Melodie - muss die jetzt da oder dahingehen. Es ist so, das erst das Stück fertig ist und ich mir dann überlege, was hat das für eine Stimmung oder zu wem könnte das passen. Lustigerweise ist das wirklich komplett unabhängig davon, ob ich gut oder schlecht geschlafen habe, oder ob ich gut oder schlecht drauf bin. Manchmal kann ich in der besten Verfassung sein, setze mich hin und will was schreiben - und es kommt einfach nichts. Manchmal sitzt man mit einem Kater am Klavier und will seine zehn Minuten üben und abrocken und dann passiert auf einmal eine Komposition. Ich kann es für mich überhaupt nicht beschreiben, woher das kommt oder was ich tun muss, damit gute Stücke entstehen. Wenn das so wäre, dann hätte ich wahrscheinlich noch mehr Platten gemacht.
Das Gespräch führte Anna Novák.