Weltpremiere: Die Brüder Wasserfuhr spielen unveröffentlichte Songs
Nach vier Jahren bringen der Trompeter Julian und der Pianist Roman Wasserfuhr endlich wieder ein neues Album heraus - "Mosaic" heißt es.
Wie so viele andere Musiker haben die Brüder aus der Not eine Tugend gemacht und die Corona-Zwangspause genutzt, um neues Material zu schreiben. Herausgekommen sind 42 Kompositionen, von denen es ungefähr ein Viertel auf das neue Album "Mosaic" geschafft hat. Eingespielt haben die Brüder Wasserfuhr es in einer fantastischen Besetzung: Insgesamt waren an den Aufnahmen 12 weitere Musiker beteiligt, darunter einige Stars aus den USA, die schon mit David Bowie, Sting und Toto zusammengearbeitet haben. Unglaublich, wenn man bedenkt, dass die Jazzmusiker Roman und Julian Wasserfuhr beide immer noch in ihrem Heimatort Hückeswagen bei Wuppertal wohnen. Diesem sind sie immer noch eng verbunden und haben dort jetzt sogar eine kleine Brauerei für Craftbeer gegründet. Das alles trotz internationaler Kontakte und Anerkennung.
Was ist denn an eurem Heimatort so schön? Er ist ja nicht besonders groß.
Julian Wasserfuhr: Es ist auf jeden Fall so, dass jeder jeden kennt, was positiv oder negativ sein kann. Es ist auf jeden Fall immer wieder schön, wenn man viel unterwegs ist und dann dahin zurückzukommen kann. Natürlich ist es auch so, dass mich die Kleinstadt auch irgendwann nervt, aber ich finde es immer schön, dass man die Leute wirklich kennt. Außerdem bin ich da geboren und habe keine Angst, irgendetwas zu verpassen. Ich glaube, für mich wäre es schlimm in einer Großstadt zu leben, wo ich Angst hätte, irgendetwas zu verpassen und überall sein zu müssen, wo was los ist. Deswegen ist es relativ cool, in so einem Ort zu sein, wo eben Nichts ist.
Trotzdem muss in eurem Heimatort ziemlich viel passiert sein, weil ihr beide sehr früh zum Instrument gekommen seid. Das hat natürlich auch mit der Familie zu tun, euer Vater ist schließlich Musiklehrer. Wann habt ihr denn eure eigenen Instrumente gefunden? Oder wie haben die Instrumente euch gefunden?
Roman Wasserfuhr: Ich kann mich an eine Geschichte erinnern, da war ich drei Jahre alt. Mein Papa hatte mit mir den Deal gemacht: Wenn ich nicht mehr in die Windel mache, dann bekomme ich ein Schlagzeug. Da fing ich an, die ersten Instrumenten-Erfahrungen zu sammeln. Mit sieben Jahren haben wir dann eine klassische Ausbildung auf den beiden Instrumenten Klavier und Trompete begonnen. In der Schul-Big Band, da war ich ungefähr zwölf Jahre alt, ging es in die Jazz-Richtung, da haben wir die ersten Jazz-Songs gespielt. Immer wieder haben wir zusammen versucht, auch mal im Duo zu adaptieren und den Jazz zu Hause auszuprobieren. Und eigentlich war relativ schnell klar: Das ist unser Ding.
Welchen Stand hat der deutsche Jazz eigentlich momentan in euren Augen? Wie erlebt Ihr die Szene? Ihr kennt ja auch die amerikanische Szene.
Roman Wasserfuhr: Wir haben uns nie einer Szene angeschlossen. In Köln haben wir das sehr stark zu spüren bekommen. Wenn man in Köln Musik studiert, dann ist man entweder dabei, oder man ist nicht präsent. Wir wollten immer unsere eigene Musik machen, deswegen ist es auch schwierig darüber zu berichten. Ich glaube, grundsätzlich ist es so, dass die Leute den Fokus mehr auf ihre eigene Stimme legen sollten und versuchen sollten, ihre Individualität zu präsentieren und zu entwickeln. Eine Szene ist immer gut, um Leute kennenzulernen. Netzwerken bedeutet sehr viel, vor allen Dingen auch in der Musik und im ganzen Leben. Man sollte aber nicht den Fokus auf sich selbst verlieren, und das ist glaube ich, gefährlich - in einer Szene mitzuschwimmen, wo man immer das Gleiche macht. Wenn du das nicht machst, dann bist du nicht en vogue.
Das Interview führte Petra Rieß.